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review 2017-08-08 10:33
Eindringlich, psychologisch vielschichtig, unverzichtbar
Beloved - Toni Morrison

Interessiert man sich für weibliche, afroamerikanische Literatur, kommt man an Toni Morrison nicht vorbei. 1993 erhielt sie als erste schwarze Frau den Literaturnobelpreis. Bereits fünf Jahre zuvor wurde ihr Roman „Beloved“, in dem sie sich mit der Geschichte der Sklaverei in den USA auseinandersetzt, mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet. Das Buch basiert lose auf der Biografie von Margaret Garner, die 1856 ihre zweijährige Tochter tötete, um sie vor einem Leben in Sklaverei zu bewahren. Ich habe lange gebraucht, bis ich bereit für „Beloved“ war. Tatsächlich begann ich das Buch schon einmal, bemerkte aber, dass ich mit dem Schreibstil noch nicht zurechtkam und stellte es zurück ins Regal. Drei Jahre wartete es geduldig auf mich.

 

18 Jahre ist es her, dass Sethe eine Sklavin in Sweet Home war. Unaussprechliches wurde ihr angetan, bis sie, hochschwanger und allein, floh. Zu Fuß schlug sie sich nach Ohio durch, wo sie im Haus ihrer Schwiegermutter Baby Suggs unterkam. Heute ist die 124 ihr Heim, in dem sie mit ihrer Tochter Denver lebt. Freiheit ist jedoch mehr als ein physischer Zustand. Noch immer wird Sethe von ihren Erinnerungen heimgesucht. In ihrem Haus spukt der Geist ihres Babys, auf dessen Grabstein ein einziges Wort eingraviert ist: Beloved. Als ein Besucher aus ihrer Vergangenheit eines Tages auf der Schwelle der 124 auf Sethe wartet, scheint es, als erhielte sie erstmals eine Chance auf wahres Glück. Doch diese Hoffnung währt nur einige Herzschläge, denn kurz darauf tritt eine junge Frau in ihr Leben, die Sethes Glauben, ihre Mutterliebe und ihr Verständnis von Freiheit hart auf die Probe stellt. Sie sagt, sie heißt Beloved…

 

Wie könnte ich für dieses preisgekrönte Buch weniger als fünf Sterne vergeben? „Beloved“ ist ein moderner Klassiker, der das vor allem in den USA ungeliebte Thema der Sklaverei psychologisch vielschichtig und glaubwürdig bespricht. Erstaunlicherweise halte ich den Roman trotz dessen nicht für eine Abhandlung über Sklaverei. Meiner Meinung nach ist es eine Geschichte darüber, was Freiheit bedeutet, speziell für farbige Frauen. Laut Vorwort entspricht dieser Eindruck auch Toni Morrisons Intention. Die Handlung spielt vermutlich zwischen 1865 und 1890, nach dem amerikanischen Sezessionskrieg und der offiziellen Abschaffung der Sklaverei. Im Mittelpunkt stehen Vergangenheit und Gegenwart der Protagonistin Sethe, die untrennbar miteinander verwoben sind. Sethe lebte viele Jahre als Sklavin auf der Farm Sweet Home in Kentucky, bis sie die Qualen unter ihren weißen Herren nicht mehr aushielt und den gefährlichen Entschluss traf, zu fliehen. Ich war sehr dankbar, dass Sethes Sklavenzeit zur Gegenwart des Buches bereits knapp 20 Jahre zurückliegt. Dadurch erlebte ich ihr Leid mit einem gewissen Abstand und war nicht gezwungen, die furchtbaren Torturen, die ihr angetan wurden, live zu beobachten. Ich will damit nicht ausdrücken, dass ich die Augen vor der Realität verschließe, doch die menschenunwürdigen Methoden der Sklavenhalter in Sweet Home waren selbst als Rückblenden äußerst schwer zu ertragen. Sethes Rücken ist von Narben entstellt, die Zeugnis vom brutalen, rücksichtslosen Einsatz der Peitsche tragen. Morrison vergleicht das Narbengewebe mit einem Baum, aus dem neues Leben entspringt – als ich diesen Absatz las, liefen mir Tränen über die Wangen, weil es mir sehr zu Herzen ging, dass die Autorin für etwas so schreckliches und falsches wundervolle Worte fand. Ihren Schreibstil empfand ich insgesamt als sanftmütig, gefasst und würdevoll; sie wedelt nicht mit dem moralischen Zeigefinger vor den Augen ihrer Leser_innen, sondern lässt die beschämenden Wahrheiten ihrer Geschichte für sich selbst sprechen. Sie deutet vieles erst nur an und führt es später genauer aus, wodurch sich das Gesamtbild der Erlebnisse der Sklaven in Sweet Home und ihrer Strategien, ihre Erinnerungen zu verarbeiten, langsam zusammensetzt. Während Baby Suggs ihr Herz für alle öffnete und sich zu einer spirituellen Leitfigur entwickelte, konzentrierte sich Sethe voll auf ihre Mutterrolle. Es stimmte mich traurig, dass Sethe sich zwar selbst befreite, aber niemals frei wurde. Ihre Vergangenheit bestimmt noch immer jeden ihrer Schritte. Sie verfolgt keine Pläne oder Träume, weil ihre Fähigkeit zur Fantasie irreparabel verkrüppelt wurde. Sie flüchtet sich in Gewohnheiten, die ihr Sicherheit vermitteln. Ihr einziger Wunsch lautet, dass ihre Kinder es besser haben sollen. Ich hatte das Gefühl, dass Sethe unbewusst die ganze Zeit darauf wartet, dass das Leben, das sie sich mühsam aufbaute, erneut von außen demontiert wird. Sie erwartet neuen Schmerz, neues Leiden und konnte deshalb nie lernen, ihr Leben auszufüllen, obwohl ihr Lebenswille unfassbar stark ist. So stark, dass sie als Löwenmutter in Kauf nahm, ihre eigene Familie zu zerstören, um ihre Kinder vor den Erfahrungen zu retten, die ihr aufgezwungen wurden. Bis heute beteuert sie die Rechtmäßigkeit ihrer verzweifelten Entscheidungen, doch auf mich wirkte es, als lechze sie nach Absolution. Sie ist nicht überzeugt, dass ihr Handeln richtig war und geißelt sich jeden Tag. Ich habe versucht, mich in sie hineinzuversetzen, herauszufinden, was ich an ihrer Stelle getan hätte. Ich habe keine Antwort gefunden. Ich kann das Ausmaß der Verzweiflung, das Sethe empfunden haben muss, unmöglich nachempfinden, so sehr ich mich auch anstrenge. Darum urteile ich nicht über sie. Ich bemühe mich lediglich, sie zu verstehen, wie Toni Morrison es meiner Ansicht nach auch beabsichtigte.

 

„Beloved“ ist eine eindringliche Aufarbeitung der psychologischen Folgen der Sklaverei, die unverzichtbar für den amerikanischen und globalen Kanon ist. Toni Morrison sagte einst, dass sie das Buch geschrieben habe, weil es für die Opfer der Sklaverei in den USA keinerlei Denkmäler gäbe. Ich glaube, man muss diesen Roman genau auf diese Weise lesen: als Hommage, als Gedenken, als Anerkennung des millionenfachen Leids, dass die Sklaverei verursachte. Wir müssen uns mit unserer Verantwortung, unserer Schuld auseinandersetzen, nicht nur in den Staaten, sondern weltweit, weil die schiere Dimension der Grausamkeit, mit der Menschen damals wie Vieh behandelt wurden, uns alle angeht. Wir wollen mal nicht vergessen, dass sich auch europäische Länder eine goldene Nase mit dem Sklavenhandel verdienten. Außerdem halte ich eine Aufarbeitung dieses vergangenen Unrechts, wie „Beloved“ sie bietet, für unumgänglich, um gegen dessen Entsprechungen in der Gegenwart kämpfen zu können. Sklaverei wird heute Menschenhandel genannt, aber das Prinzip hat sich nicht verändert. Noch immer gibt es Menschen, die ähnliche Verzweiflung und ähnliches Leid wie Sethe erfahren. Jeden Tag. Überall.

Source: wortmagieblog.wordpress.com/2017/08/08/toni-morrison-beloved
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review 2016-08-24 11:18
Der König der High Fantasy
Im Bann der Wüste - Tim Straetmann,Steven Erikson

Hinweis: Diese Rezension bespricht sowohl „Das Reich der Sieben Städte“ als auch „Im Bann der Wüste“. Im Original erschien der zweite Band unter dem Titel "Deadhouse Gates", für den deutschen Markt wurde dieser geteilt.

 

Im Reich der Sieben Städte existiert eine alte Prophezeiung. Wenn die Zeit reif ist, wird sich die Göttin des Wirbelwinds in der heiligen Wüste Raraku erheben und den Kontinent in einen Aufstand führen, der die Menschen vom Joch ihrer Unterdrücker befreit. Als die Rebellion mit blutdürstiger Wut ausbricht, trifft sie die malazanischen Besatzer jedoch völlig unvorbereitet. Einzig Faust Coltaine schätzte die Situation richtig ein. Nun liegt das Leben tausender malazanischer Flüchtlinge in seinen Händen. Ihre verzweifelte Reise führt sie quer über den Kontinent und wird in die Geschichte eingehen.
Die Säuberungen der Imperatrix ließen den Adel ausbluten. Die neue Mandata setzt den Willen ihrer Herrin erbarmungslos durch. Sie schickte sogar ihre eigene Schwester, Felisin Paran, als Sklavin in die Otataral-Minen. Doch Felisins Schicksal nimmt durch die Rebellion des Wirbelwinds eine unerwartete Wende und so tastet sie sich blind voran in eine Zukunft, die mehr als ungewiss ist.
Währenddessen erreichen zwei abtrünnige Brückenverbrenner unbemerkt von den Augen der Imperatrix ebenfalls das Reich der Sieben Städte. Kalam Mekhar und Fiedler haben geschworen, Apsalar nach Hause zu bringen, ihre Mission verfolgt allerdings noch ein weiteres Ziel. Ein Ziel, das potentiell tödlich ist.
Der Wirbelwind erfasst sie alle. Wenn der Staub sich legt, welche Geheimnisse wird er offenbaren?

 

Ich möchte Lobeshymnen singen, die das gesamte Universum erreichen. Man weiß nicht, was wirklich gute Fantasy – Literatur ist, bevor man „Das Spiel der Götter“, dieses harmonisch komponierte Epos, gelesen und verstanden hat, was in diesem Genre alles möglich ist. Erikson geht in der Konzipierung seines Meisterwerks einen Schritt weiter als alle anderen Fantasy – Autor_innen, die mir bisher begegnet sind. Er hat keine Angst vor den gigantischen Dimensionen seiner Welt und füllt diese mühelos mit Leben. Im zweiten Band, der für den deutschen Markt in „Das Reich der Sieben Städte“ und „Im Bann der Wüste“ geteilt wurde, geleitet er seine Leser_innen in das Reich der Sieben Städte – ein harter, ungastlicher Wüstenkontinent, von der Sonne gebleicht und ausgetrocknet. Die Menschen, die dort leben, sind nicht minder hart und unnachgiebig. Heiße Wut und Leidenschaft erfüllen ihr Blut, sie sehnen sich nach Freiheit. Es wunderte mich, dass die Imperatrix ihre Unzufriedenheit so lange übersah, denn die spannungsgeladene Atmosphäre der Feindseligkeit war zum Schneiden dick und unmöglich zu ignorieren. Die Prophezeiung des Wirbelwinds ist alt, es hätten zahlreiche Möglichkeiten bestanden, die Rebellion im Keim zu ersticken. Erikson deutet an, dass der alte Imperator genau das getan hätte, was mich zu der Überlegung führte, ob das Imperium mittlerweile Ausmaße erreicht hat, die für die Imperatrix nicht mehr zu kontrollieren sind. Ist sie überhaupt geeignet, das malazanische Imperium zu regieren? Im Reich der Sieben Städte versagt sie auf ganzer Linie und lässt das Land in einen blutigen, extrem brutalen Bürgerkrieg stürzen, dem sich keiner der Charaktere entziehen kann. Mir gefiel die Mischung aus neuen und bereits bekannten Figuren außerordentlich gut, was auch daran liegt, dass Erikson zwar ein völlig neues Setting etabliert und eine neue Geschichte erzählt, aber niemals die bisherigen Ereignisse aus den Augen verliert. Er arbeitet die neue Handlung in den bestehenden Kontext ein, wodurch der inhaltliche Bruch weniger radikal ausfällt, als ich erwartet hatte. Ich hatte keine Schwierigkeiten, Beziehungen zu den neuen Charakteren aufzubauen und war besonders von Duiker angetan, einem Historiker, der Coltaines Flüchtlingszug begleitet. Felisin hingegen ist eine dieser Figuren, die faszinieren, ohne zu sympathisieren. Ihr tragisches Schicksal fesselte mich, obwohl ich sie selbst unerträglich fand. In ihren jungen Jahren ist sie bereits verbittert, hasserfüllt, gemein und niederträchtig, doch Erikson lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass ihre furchtbare Persönlichkeit ausschließlich das Ergebnis dessen ist, was ihr widerfährt. Ich schwankte bei Felisin stets zwischen Mitleid und tiefer Abneigung, wollte sie abwechselnd in den Arm nehmen und erwürgen. Dieses Spiel meiner Gefühle machte mir unheimlich viel Spaß, weil ich es äußerst unterhaltsam fand, mich beim Lesen selbst zu beobachten. Irgendwann im Laufe dieser Selbstreflexion wurde mir auch klar, dass Erikson die Wege seiner Figuren so anlegt, dass sie sich früher oder später begegnen müssen. Er schlüpft in die Rolle des Schicksals und verknüpft ihre Leben durch eine höhere Bedeutung, ohne dabei seinen schrägen Sinn für Humor zu verlieren. Ganz nebenbei bietet er darüber hinaus eine Vielzahl von Informationen über sein komplexes Universum an, sodass ich beiläufig dazu lernte und sich mein Bild dieser Welt verdichtete. Ich liebe ihn dafür.

 

Wie konnte ich nur glauben, ich wüsste irgendetwas über die High Fantasy? Wie konnte ich glauben, ich hätte Erfahrung mit diesem Genre? Gar nichts wusste ich. Es fühlt sich an, als hätte ich das Genre all die Jahre nur in verwaschenen Farbtönen gesehen. Erst Steven Erikson öffnete mir die Augen und ließ für mich strahlende, brillante Farben explodieren, von denen ich nicht wusste, dass es sie gibt. Er ist ein wahrer Meister, der König der High Fantasy, vor dem ich mein Knie voller Ehrfurcht beuge. Er versetzt mich in Erstaunen, lässt mich lachen und weinen und fordert mich mit jedem Satz heraus. Seiner Kreativität sind keine Grenzen gesetzt und ich kann einfach immer noch nicht fassen, dass ein einzelner Mann in der Lage ist, eine Geschichte zu schreiben, die so… so… mir fehlen die Worte. Es gibt wirklich keinen Begriff, der die schiere Perfektion der Reihe „Das Spiel der Götter“ hinreichend beschreibt. Aber eines weiß ich. Im Duden sollte neben dem Ausdruck „schriftstellerische Brillanz“ ein Foto von Steven Erikson abgebildet sein.

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review 2016-08-24 11:09
Der König der High Fantasy
Das Reich der Sieben Städte - Steven Erikson

Hinweis: Diese Rezension bespricht sowohl „Das Reich der Sieben Städte“ als auch „Im Bann der Wüste“. Im Original erschien der zweite Band unter dem Titel "Deadhouse Gates", für den deutschen Markt wurde dieser geteilt.

 

Im Reich der Sieben Städte existiert eine alte Prophezeiung. Wenn die Zeit reif ist, wird sich die Göttin des Wirbelwinds in der heiligen Wüste Raraku erheben und den Kontinent in einen Aufstand führen, der die Menschen vom Joch ihrer Unterdrücker befreit. Als die Rebellion mit blutdürstiger Wut ausbricht, trifft sie die malazanischen Besatzer jedoch völlig unvorbereitet. Einzig Faust Coltaine schätzte die Situation richtig ein. Nun liegt das Leben tausender malazanischer Flüchtlinge in seinen Händen. Ihre verzweifelte Reise führt sie quer über den Kontinent und wird in die Geschichte eingehen.
Die Säuberungen der Imperatrix ließen den Adel ausbluten. Die neue Mandata setzt den Willen ihrer Herrin erbarmungslos durch. Sie schickte sogar ihre eigene Schwester, Felisin Paran, als Sklavin in die Otataral-Minen. Doch Felisins Schicksal nimmt durch die Rebellion des Wirbelwinds eine unerwartete Wende und so tastet sie sich blind voran in eine Zukunft, die mehr als ungewiss ist.
Währenddessen erreichen zwei abtrünnige Brückenverbrenner unbemerkt von den Augen der Imperatrix ebenfalls das Reich der Sieben Städte. Kalam Mekhar und Fiedler haben geschworen, Apsalar nach Hause zu bringen, ihre Mission verfolgt allerdings noch ein weiteres Ziel. Ein Ziel, das potentiell tödlich ist.
Der Wirbelwind erfasst sie alle. Wenn der Staub sich legt, welche Geheimnisse wird er offenbaren?

 

Ich möchte Lobeshymnen singen, die das gesamte Universum erreichen. Man weiß nicht, was wirklich gute Fantasy – Literatur ist, bevor man „Das Spiel der Götter“, dieses harmonisch komponierte Epos, gelesen und verstanden hat, was in diesem Genre alles möglich ist. Erikson geht in der Konzipierung seines Meisterwerks einen Schritt weiter als alle anderen Fantasy – Autor_innen, die mir bisher begegnet sind. Er hat keine Angst vor den gigantischen Dimensionen seiner Welt und füllt diese mühelos mit Leben. Im zweiten Band, der für den deutschen Markt in „Das Reich der Sieben Städte“ und „Im Bann der Wüste“ geteilt wurde, geleitet er seine Leser_innen in das Reich der Sieben Städte – ein harter, ungastlicher Wüstenkontinent, von der Sonne gebleicht und ausgetrocknet. Die Menschen, die dort leben, sind nicht minder hart und unnachgiebig. Heiße Wut und Leidenschaft erfüllen ihr Blut, sie sehnen sich nach Freiheit. Es wunderte mich, dass die Imperatrix ihre Unzufriedenheit so lange übersah, denn die spannungsgeladene Atmosphäre der Feindseligkeit war zum Schneiden dick und unmöglich zu ignorieren. Die Prophezeiung des Wirbelwinds ist alt, es hätten zahlreiche Möglichkeiten bestanden, die Rebellion im Keim zu ersticken. Erikson deutet an, dass der alte Imperator genau das getan hätte, was mich zu der Überlegung führte, ob das Imperium mittlerweile Ausmaße erreicht hat, die für die Imperatrix nicht mehr zu kontrollieren sind. Ist sie überhaupt geeignet, das malazanische Imperium zu regieren? Im Reich der Sieben Städte versagt sie auf ganzer Linie und lässt das Land in einen blutigen, extrem brutalen Bürgerkrieg stürzen, dem sich keiner der Charaktere entziehen kann. Mir gefiel die Mischung aus neuen und bereits bekannten Figuren außerordentlich gut, was auch daran liegt, dass Erikson zwar ein völlig neues Setting etabliert und eine neue Geschichte erzählt, aber niemals die bisherigen Ereignisse aus den Augen verliert. Er arbeitet die neue Handlung in den bestehenden Kontext ein, wodurch der inhaltliche Bruch weniger radikal ausfällt, als ich erwartet hatte. Ich hatte keine Schwierigkeiten, Beziehungen zu den neuen Charakteren aufzubauen und war besonders von Duiker angetan, einem Historiker, der Coltaines Flüchtlingszug begleitet. Felisin hingegen ist eine dieser Figuren, die faszinieren, ohne zu sympathisieren. Ihr tragisches Schicksal fesselte mich, obwohl ich sie selbst unerträglich fand. In ihren jungen Jahren ist sie bereits verbittert, hasserfüllt, gemein und niederträchtig, doch Erikson lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass ihre furchtbare Persönlichkeit ausschließlich das Ergebnis dessen ist, was ihr widerfährt. Ich schwankte bei Felisin stets zwischen Mitleid und tiefer Abneigung, wollte sie abwechselnd in den Arm nehmen und erwürgen. Dieses Spiel meiner Gefühle machte mir unheimlich viel Spaß, weil ich es äußerst unterhaltsam fand, mich beim Lesen selbst zu beobachten. Irgendwann im Laufe dieser Selbstreflexion wurde mir auch klar, dass Erikson die Wege seiner Figuren so anlegt, dass sie sich früher oder später begegnen müssen. Er schlüpft in die Rolle des Schicksals und verknüpft ihre Leben durch eine höhere Bedeutung, ohne dabei seinen schrägen Sinn für Humor zu verlieren. Ganz nebenbei bietet er darüber hinaus eine Vielzahl von Informationen über sein komplexes Universum an, sodass ich beiläufig dazu lernte und sich mein Bild dieser Welt verdichtete. Ich liebe ihn dafür.

 

Wie konnte ich nur glauben, ich wüsste irgendetwas über die High Fantasy? Wie konnte ich glauben, ich hätte Erfahrung mit diesem Genre? Gar nichts wusste ich. Es fühlt sich an, als hätte ich das Genre all die Jahre nur in verwaschenen Farbtönen gesehen. Erst Steven Erikson öffnete mir die Augen und ließ für mich strahlende, brillante Farben explodieren, von denen ich nicht wusste, dass es sie gibt. Er ist ein wahrer Meister, der König der High Fantasy, vor dem ich mein Knie voller Ehrfurcht beuge. Er versetzt mich in Erstaunen, lässt mich lachen und weinen und fordert mich mit jedem Satz heraus. Seiner Kreativität sind keine Grenzen gesetzt und ich kann einfach immer noch nicht fassen, dass ein einzelner Mann in der Lage ist, eine Geschichte zu schreiben, die so… so… mir fehlen die Worte. Es gibt wirklich keinen Begriff, der die schiere Perfektion der Reihe „Das Spiel der Götter“ hinreichend beschreibt. Aber eines weiß ich. Im Duden sollte neben dem Ausdruck „schriftstellerische Brillanz“ ein Foto von Steven Erikson abgebildet sein.

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review 2013-02-19 14:13
Die Domina und der Schrifsteller
Das Geheimnis der Flamingofrau - Laura Lay
Ich bin Christian Konrad, unterrichte Deutsch und Biologie und bin Schriftsteller. Tja, vom Schreiben alleine kann ich leider noch nicht leben und so hoffe ich doch sehr das mein Roman endlich beim Verlag unterkommt, doch auch das ist auch nach längerem nicht von Erfolg gekröhnt. Also ich dachte es geht schon nicht mehr weiter, bekomme ich ein sehr dubioses Angebot... 
 
Ob ich auf dieses einsteigen soll?
 
Sollte es nämlich klappen, hätte ich vorläufig keine Geldsorgen mehr...
 
Erster Satz:
Tania von Rosenfels.



Weder der Titel noch das Cover an sich lässt auf den Inhalt schliessen, naja, im weitesten Sinne schon aber wer das Cover kurz anschaut, den Titel liest der kommt wahrscheinlich nicht gleich auf die Idee das hinter dem Buchdeckel eine erotische Kurzgeschichte zu finden ist. Schade irgendwie.

Was den Schreibstil von Laura Lay angeht, der ist so direckt, kühl und manchmal abweisend wie es die Protagonistin in diesem Roman ist. Und dennoch lässt er sich gut lesen und verführt einen auch, um dann voll ins Lustzentrum zu treffen.

Aber leider ist die Geschichte zu kurz. 50 Seiten geben nicht viel Raum um sich wirklich in die Geschichte fallen zu lassen. Denn der Aufbau ist für die wenigen Seiten zu lang. Zumal die Autorin 2 Geschichtsebenen am laufen hat. Und zwar einmal die, die in der Realität spielt und die andere, die auf dem Papier geschiet. Und für eine erotische Geschichte ist mir die eine Szene, die wirklich zur Sache geht, zu kurz. Und schon ist es dann auch schon vorbei.

Die Idee mit dem Spiel zwischen Tania von Rosenfels, der Domina und dem Schriftsteller Christian, find ich wirklich eine spannende, doch dieses kann sich nicht wirklich entwickeln, denn es ist schneller zu Ende als man sich dann das wünscht, es kommt mir einem Coitus Interuptus gleich.

Dennoch hat es Spass gemacht mich ein wenig verführen zu lassen ;) Das nächste mal aber bitte gerne etwas mehr Seiten!


Erotischer, aber sehr kurzer Lesespass.
 


Für dieses Rezensionsexemplar bedanke ich mich noch bei der Autorin Laura Lay

 

 

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review 2012-11-22 10:14
Semester-Sklavin - Poppy Wet

Inhalt:

Cassy Hugh studiert Sexualwissenschaften in London. Ihrem theoretischen Wissen möchte sie für ihre bevorstehende Hausarbeit „Sexuelle Befreiung und freiwillige Unterwerfung“ noch die notwendige Praxis zufügen.In einem abgelegenen Privat-Club lernt sie an nur einem Wochenende, was es heißt, die Sklavin eines Mannes zu sein, dessen Gesicht durch eine Maske vor ihr verborgen ist. Völlig unerwartet stellt sie jedoch fest, dass die Behandlung durch Master Damian und seine vier Assistenten viel mehr ist, als nur Züchtigung und Unterwerfung.Wird Cassy das bizarre Wochenende unbeschadet überstehen?
(Quelle: Kurzbeschreibung bei Amazon.de)

 
Meine Meinnung:
 
Die Geschichte ist ausschließlich aus der Sicht der Studentin Cassy geschrieben. In einigen Dingen ist sie etwas zu naiv geraten, was gerade im ersten Kapitel stark zum tragen kommt. Doch sie ist auch sehr neugierig und dickköpfig. Das hat mir sehr gut gefallen und sorg auch für guten Humorfaktor ohne gleich ins Alberne abzurutschen.
Die Erotik lässt durchaus ein prickeln zu, welches auch dadurch kommt, das man alles nur aus der Sicht der Hauptprotagonistin kommt und man teilweise auch daher überrascht wird. 
Einige der Spielarten gehören sicher nicht zu meine Lieblingen, aber angenehm zu lesen war es auf jeden Fall. 
In der Geschichte hat die Autorin noch 2 kleine erotische Geschichten versteckt. Einmal als Buch, welches Cassy liest und eines als Traum von Cassy. Bei sind auch wirklich gelungen. Und s´die Idee einer Geschichte in einer Geschichte finde ich ansprechend.

Ein kleines Rätsel hat die Autorin ebenfalls eingebaut: Die Identität von Master Damian. Leider hab ich gleich geahnt wer sich dahinter versteckt. Auch fand ich ihn stellenweise zu zahm für seinen Ruf. 

Ich habe aber auch etwas zu meckern. Zum einen der "Künstlername" der Autorin. Poppy Wet hört sich eher nach einem Möchtegern Porno-Starlet an. Das geht besser und das Cover wirk auch nicht wirklich ansprechen. Vielleicht kann da noch nachbessern. 

Insgesamt hat mich die Geschichte ganz gut unterhalten, wenn auch mit leichten Abstrichen.  ich bin mal gespannt, was als nächsten von der Autorin kommt.
Source: schnuffelchensbuecher.blogspot.de/2012/10/poppy-wet-semester-sklavin.html
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