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review 2019-06-11 08:09
Niemand wird böse geboren
Fairest - Marissa Meyer

Als Marissa Meyer begann, die „Lunar Chronicles“ zu schreiben, wusste sie, dass die zentrale Antagonistin ihrer Geschichte auf der bösen Königin aus „Schneewittchen“ basieren würde. Ihre Figur faszinierte sie. Welche Frau würde so großen Wert auf Schönheit legen, dass sie bereit wäre, all diese furchtbaren Dinge zu tun? Was müsste dieser Frau zugestoßen sein, um diese Skrupellosigkeit zu entwickeln? Meyer gab ihrer bösen Königin den Namen Levana. Sie konzipierte ihre Biografie mental parallel zu den Heldinnen ihrer Reihe, stieß mit dieser Taktik jedoch an eine Grenze, als sie den letzten Band „Winter“ schrieb. Einige Szenen bereiteten ihr Schwierigkeiten. All diese Szenen hatten eines gemeinsam: sie drehten sich um Levana. Um ihre Blockade aufzulösen, entschied die Autorin, Levanas Hintergrundgeschichte auszuformulieren. Das Ergebnis ist der Zwischenband „Fairest“, den man laut Meyer nicht zwangsläufig zwischen „Cress“ und „Winter“ lesen muss, der allerdings gewisse Entwicklungen in „Winter“ verständlicher gestaltet. Ich hielt mich an Meyers Empfehlung und las „Fairest“ nach „Cress“.

 

Cinder und ihre Verbündeten kennen Königin Levana als skrupellose, kaltherzige Herrscherin des Reiches Luna. Doch einst war sie ein junges Mädchen voller Hoffnungen und Träume. Am Hofe Lunas war sie unsichtbar. Sie wollte geliebt werden, sehnte sich nach Aufmerksamkeit und Respekt. Sie wurden ihr verwehrt. Ihre Einsamkeit vergiftete ihre Seele, bis sie vor nichts mehr zurückschreckte, um ihre ehrgeizigen Ziele zu erreichen. Dies ist ihre Geschichte, eine Geschichte voller Tragik und Leid. Denn niemand wird als böse Königin geboren.

 

Ich bin sehr froh, dass Marissa Meyer „Fairest“ schrieb und veröffentlichte. Meiner Meinung nach ist es der bisher beste Band der „Lunar Chronicles“ und eine wertvolle Ergänzung der Reihe, die mein Verständnis der Ereignisse vertiefte und Königin Levana in ein anderes Licht rückte, weg von der einseitigen Darstellung als ultrafiese Antagonistin. Levanas Biografie ist eine Tragödie voll enttäuschter Liebe und traumatischer Erfahrungen, die mein Mitgefühl weckte und ihre Motivationen nachvollziehbar und einfühlsam enthüllte. Sie ist garantiert kein Unschuldslamm und trifft egoistische und oft schlicht grausame Entscheidungen, aber nicht, weil sie von Geburt an eine schlechte Person wäre, sondern weil sie einsam, zornig und bedauernswert unglücklich ist. Sie wurde emotional verkrüppelt und rutschte langsam in ihren ganz persönlichen Wahnsinn hinab, der sie jede abscheuliche Tat vor sich selbst rechtfertigen lässt. Ich fand es erstaunlich, dass sie angesichts der Schwere der psychischen Verletzungen, die ihr seit frühester Kindheit zugefügt wurden, überhaupt zu einer einigermaßen verträglichen Persönlichkeit heranwuchs. Es hätte noch viel schlimmer kommen können, denn Levana hatte niemals ein positives Vorbild, keinerlei Orientierung, die sie den Unterschied zwischen Richtig und Falsch lehrte. Das ist einerseits ein Versäumnis ihrer dysfunktionalen Familie, andererseits eine Folge der gesellschaftlichen Umstände auf Luna. Meyer bietet mit „Fairest“ nicht nur ein überzeugendes Porträt von Levana, sie gewährt ihren Leser_innen darüber hinaus intime Einblicke in Lunas soziale, politische und wirtschaftliche Strukturen. Das Königreich des Mondes ist eine klassische, totalitäre Monarchie, die sich klar in eine Elite und das gemeine Volk teilt. Lunas Hof vermittelt eine entschieden barocke Atmosphäre; Protz und Prunk beherrschen das Bild und der Adel vertreibt sich die Zeit mit komplizierten Intrigen. Echtes politisches Interesse ist rar gesät, weshalb ich geschockt war, dass sich Levana tatsächlich als gute Königin entpuppt, die sich aufrichtig um das Wohl Lunas sorgt. Es wäre allerdings ein Fehler, anzunehmen, dass ihre Bemühungen die Nöte ihrer Untergebenen berücksichtigen würden. Levana begreift ihr Reich nicht als Gesamtheit ihres Volkes, sondern als abstrakte Idee und Verlängerung ihres Ichs. Deshalb ist es für sie keineswegs problematisch, Erlasse zu realisieren, die herzlos wirken. Ihre oberste Priorität besteht darin, Luna als Nation voranzubringen und aus der wirtschaftlichen Abhängigkeit von der Erde zu führen. Aus dieser Perspektive betrachtet und unter Einbeziehung ihrer kulturellen Prägung sind die meisten ihrer politischen Entscheidungen vollkommen logisch und naheliegend. Dennoch hat ihr Plan, die Erde zu kontrollieren, überraschend wenig mit politischem Kalkül zu tun. Nein, darin zeigt sich das verzweifelte kleine Mädchen, das Levana in ihrem Inneren noch immer ist und ihre zunehmende Distanz zur Realität. Ach, was hätte aus ihr werden können, wäre all ihr Potential nicht in Negativität gelenkt worden?

 

Ich glaube, Marissa Meyer und ich haben etwas gemeinsam: wir haben ein Herz für böse Königinnen. Meiner Ansicht nach muss sie Levana trotz ihrer Fehler wahrhaft lieben, sonst hätte sie „Fairest“ nicht schreiben können. In diesem Zwischenband erstellt sie ein glaubhaftes, fundiertes psychologisches Profil, das nachdrücklich Empathie für eine Figur einfordert, die bisher sicherlich keine Sympathieträgerin war. Sie diktiert ihren Leser_innen nicht, wie sie für Levana zu empfinden haben, sie ruft uns lediglich ins Gedächtnis, dass niemand böse geboren wird. Levana ist das Produkt einer Vielzahl verstörender Erlebnisse, die nicht spurlos an ihr vorbeigingen. Ich habe sehr viel über sie gelernt und war fasziniert davon, wie sie sich selbst sieht. Obwohl „Fairest“ streng genommen nicht zur Geschichte der „Lunar Chronicles“ zählt, kann ich euch nur empfehlen, nicht auf die Lektüre zu verzichten. Es ist ein leuchtendes Stück Young Adult – Literatur, ein Buch, das sich nicht nur im Rahmen der Reihe lohnt, sondern auch für sich selbst. Viele Autor_innen können liebenswerte Figuren konzipieren – nur wenige können Figuren erschaffen, die man nicht mögen muss, um sie zu verstehen.

Source: wortmagieblog.wordpress.com/2019/06/11/marissa-meyer-fairest
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review 2017-10-26 10:01
Schuldig oder unschuldig?
Im Traum kannst du nicht lügen: Roman - Malin Persson Giolito,Thorsten Alms

Auf „Im Traum kannst du nicht lügen“ von Malin Persson Giolito wurde ich durch den Newsletter der Lesejury von Bastei Lübbe aufmerksam. Die Mail pries den Thriller, der als bester Kriminalroman Schwedens 2016 ausgezeichnet wurde, für eine Leserunde an. Meine Erfahrungen mit Leserunden waren bisher eher negativ, doch der Klappentext weckte meine Neugier. Ich gab der umfangreichen Leseprobe eine Chance. Die ersten 60 Seiten nahmen mich gefangen. Ich wollte überhaupt nicht mehr aufhören zu lesen und schoss all meine Zweifel spontan in den Wind. Für dieses Buch würde ich die Leserunde in Kauf nehmen. Ich bewarb mich und erhielt etwa 2 Wochen später die Zusage. Was machte ich für Augen, als ich in meinem Briefkasten kein Buch, sondern ein echtes Manuskript vorfand, das extra für mich gedruckt worden war! Mühsam geduldete ich mich bis zum vorgegebenen Termin, um die Lektüre gemeinsam mit allen anderen zu beginnen.

 

Als die Polizei das Klassenzimmer in Stockholm stürmte, saß die 18-jährige Maja Norberg in der Mitte des Raumes. Überall war Blut. Um sie herum lagen die regungslosen Körper ihrer besten Freundin Amanda, ihres Lehrers Christer und ihrer Mitschüler Samir und Dennis. Auf ihren Schoß hatte sie den Kopf ihres Freundes Sebastian gebettet. Sebastian, der Sohn des reichen Unternehmers Claes Fagermann. Sebastian, der langsam kalt wurde. In der Luft hing der Geruch nach faulen Eiern und Pulverrauch. In ihrer Hand hielt Maja eine Waffe. Sie war unverletzt.
Jetzt, Wochen später, muss sich Maja vor Gericht verteidigen, während ganz Schweden von ihrer Schuld überzeugt ist. Doch was ist wirklich in dem Klassenzimmer geschehen? Wie kam es zu dem Massaker, das mehrere Menschen das Leben kostete? Ist Maja eine Mörderin?

 

Was ist das wichtigste Element eines guten Thrillers? Wenn ihr mich fragt, ist es der Spannungsbogen. Ein Thriller darf weder langweilig, noch zu vorhersehbar sein, er sollte den Leser_innen aber trotz dessen die Möglichkeit bieten, mitzurätseln. „Im Traum kannst du nicht lügen“ stellt meiner Meinung nach die geschickteste Konstruktion eines Spannungsbogens dar, die mir in diesem Genre jemals untergekommen ist. Das Buch ist überwältigend. Es lebt von der Frage, was geschehen ist, ob Maja, die eigentlich Maria heißt, tatsächlich in der Lage war, ein Blutbad anzurichten. Die Spannung wird die ganze Zeit aufrechterhalten, flaut niemals ab und riss mich mit. Ich ahnte bereits nach der Leseprobe, dass dieser Thriller außergewöhnlich sein könnte und ich behielt Recht. Malin Persson Giolito lässt ihre Leser_innen grübeln, mitfiebern, abwägen, zweifeln, mutmaßen und hoffen. Die nichtlineare, bruchstückhafte Erzählweise der Protagonistin Maja, der die Autorin erlaubt, ihre Geschichte selbst in Ich-Perspektive zu schildern, wirkt ungemein realistisch und erzeugt eine enorme Nähe, die sich stetig steigert, bis sie im letzten Viertel des Romans sogar die vierte Wand durchbricht und die Leser_innen direkt anspricht. Wir treffen Maja zu Beginn ihres Prozesses und das erste, was mir an ihr auffiel, war die unbändige Wut ihrer kalten, harschen Worte. Sie erschien distanziert, genervt, nahezu desinteressiert am Verlauf ihrer eigenen Verhandlung. Obwohl sie sich dadurch nicht gerade als Sympathieträgerin qualifizierte, hatte mich Malin Persson Giolito auf diese Weise sofort am Haken. Ich wollte wissen, warum Maja so zornig ist und begriff bald, dass sich unter ihrem Zorn ein Meer der Resignation, Schuld und Verzweiflung verbirgt, das mir beinahe das Herz brach. Ihr Charakter, ebenso wie die Chronologie der Ereignisse, die zu dem Massaker im Klassenzimmer führten, schälen sich absichtlich sehr langsam heraus. Ich lernte sie in ihrem eigenen Tempo kennen und entwickelte Stück für Stück Sympathie und Mitgefühl für sie, wodurch sich der emotionale Sog ihrer Erzählung graduell verstärkte. Maja stammt zwar aus einem gut situierten Elternhaus, wofür sie in der sensationslüsternen schwedischen Presse wiederholt angegriffen wird, doch Geld schützt eben nicht vor Schmerz und Kummer. In den Monaten und Wochen vor der Bluttat war sie verloren, überfordert, einsam. Ich sehe euch jetzt bereits wissend mit dem Kopf nicken. Vermutlich ergeht es euch ähnlich wie mir: ihr neigt dazu, zur naheliegenden Schlussfolgerung zu springen und Maja vorzuverurteilen. Haltet ein. So einfach ist es nicht. Diese Geschichte ist viel komplizierter, als sie anfangs erscheint und ich musste tatsächlich den Schlussakt abwarten, um endlich herauszufinden, ob Maja eine Mörderin ist. Für mich steht fest, dass „Im Traum kannst du nicht lügen“ eine Tragödie ist; nicht nur aufgrund des grauenvollen Massakers, sondern auch, weil sie eigentlich nicht ihre Tragödie ist. Schuldig oder nicht – Maja ist ein Opfer.

 

Mein Leseerlebnis mit „Im Traum kannst du nicht lügen“ war fantastisch. Einerseits ist das Buch ein hervorragender Thriller, in dem Malin Persson Giolito munter und unberechenbar mit der Erwartungshaltung der Leser_innen spielt und das brillante, glaubhafte und einfühlsame Bild einer verzweifelten Jugendlichen zeichnet, andererseits gefiel mir auch die Leserunde der Lesejury erstaunlich gut. Ich empfand den Austausch mit anderen Leser_innen als wertvoll, da ich früh einsehen musste, dass ich viele meiner Überlegungen und Theorien in dieser Rezension nicht würde verwenden können, ohne heftig zu spoilern. Die Ungewissheit während des Lesens hält Spannung und Geschichte am Leben; sie ist ein unverzichtbarer Bestandteil des Romans, der Neugier schürt und zu eigenen Hypothesen einlädt. Diese Erfahrung möchte ich niemandem nehmen, weshalb ich versucht habe, so vage wie möglich von „Im Traum kannst du nicht lügen“ zu berichten. Meiner Ansicht nach steht der Autorin eine schillernde Karriere bevor und ich bin froh, dass mir Bastei Lübbe die Möglichkeit einräumte, an ihrem Anfang dabei zu sein. Malin Persson Giolito ist ein Name, den man sich unbedingt merken sollte.

 

Vielen Dank an die Lesejury und Bastei Lübbe für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars im Austausch für eine ehrliche Rezension!

Source: wortmagieblog.wordpress.com/2017/10/26/malin-persson-giolito-im-traum-kannst-du-nicht-luegen
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review 2015-10-16 10:20
Der Auftakt der Lorien Legacies
I Am Number Four (Lorien Legacies) By Pittacus Lore - -Author-

„I am Number Four“ hat es dank des Films in mein Regal geschafft. Die Umsetzung mit Alex Pettyfer in der Hauptrolle fand ich von Anfang an großartig; ich musste den Streifen allerdings mehrmals sehen, bevor mir der kleine Hinweis auffiel, dass er auf dem gleichnamigen Buch von Pittacus Lore beruht. Ich fand heraus, dass das Buch der erste Band der Reihe Lorien Legacies ist. Als deutlich wurde, dass eine Verfilmung der weiteren Bände unwahrscheinlich ist, entschied ich, mir die Reihe zuzulegen, weil ich unbedingt wissen wollte, wie die Geschichte weiter geht.

 

Vor 10 Jahren wurde jegliches Leben auf dem Planeten Lorien ausgelöscht. Die Mogadorians verschonten niemanden. Lediglich neun Kinder konnten entkommen. Neun Kinder, begleitet von ihren Cêpans, ihren Beschützern, flohen zum nächst gelegenen Planeten: die Erde. Hier verstecken sie sich vor den Mogs. Mitten unter uns. Sie sehen aus wie wir. Sie sprechen wie wir. Doch sie sind nicht wie wir. In all ihnen schlummern fantastische Fähigkeiten, die ihnen eines Tages den Sieg über die Mogs ermöglichen sollen. Die Mogadorians sind den neun Kindern gefolgt, um zu Ende zu bringen, was auf Lorien begann. Solange die Neun über den ganzen Erdball verstreut sind, zwingt ein Zauber die Mogs dazu, sie der Reihenfolge nach zu töten. Nummer Eins, Zwei und Drei fielen ihnen bereits zum Opfer. Nummer Vier ist der nächste: John Smith. Nach 10 Jahren auf der Flucht mit seinem Cêpan Henri ist John die Umzüge leid und sehnt sich nach einem Zuhause. In Paradise, Ohio scheint das Glück für ihn zum Greifen nah. Doch die Mogs sind ihm dicht auf den Fersen – wird er ein weiteres Mal fliehen oder entscheidet er sich für sein Glück zu kämpfen?

 

Wer die Handlung von „I am Number Four“ wirklich verstehen möchte, sollte definitiv zum Buch greifen. Obwohl mir der Film immer gut gefiel, lässt er doch sehr viele Fragen offen, die im Buch teilweise schon auf den ersten Seiten beantwortet werden. Dadurch hat mir das Lesen von Anfang Spaß gemacht, weil ich endlich die Dinge erfahren durfte, die mich schon lange beschäftigten. Zusätzlich erhielt ich einen viel tieferen, genaueren Einblick in Johns Entwicklung und das Erwachen seiner Kräfte. John fungiert als sympathischer Ich-Erzähler und lässt die Leser_innen hautnah an seinen Gefühlen und Gedanken teilhaben. Ich konnte so viel besser verstehen, wie stark sein Bedürfnis nach einem festen Zuhause tatsächlich ist und wie sehr er sich nach Normalität sehnt. 10 Jahre sind er und Henri auf der Erde und nie hatte er Freunde. Niemals. Er war immer allein mit seinem Cêpan und muss schrecklich einsam gewesen sein, besonders als Kind. Ich begreife jetzt, warum ihm Paradise, Ohio wahrhaftig wie ein Paradies erscheinen musste. Dort findet er zum ersten Mal Freunde und entdeckt die Liebe in Form von Sarah Hart. Sarah ist ein absolutes All-American-Girl, das freundliche Mädchen von nebenan, die Blume der Kleinstadt. Hübsch, nett, beliebt – und langweilig. Ich kann mit Sarah überhaupt nichts anfangen, weil sie keine nennenswerten Eigenschaften besitzt. Ich weiß nicht, was John an ihr findet, denn mir ist sie reichlich egal. Sie hat keine Persönlichkeit und spielt für die Geschichte eigentlich keine Rolle. Ich finde, Pittacus Lore hat in diesem Punkt geschlampt. Da sich Lorianer angeblich nur ein einziges Mal in ihrem Leben verlieben, hätte ich gern besser verstanden, was John an Sarah so sehr fasziniert. Vielleicht findet er gerade ihre Durchschnittlichkeit attraktiv, weil sein Leben alles andere als durchschnittlich ist. Eher anstrengend. Die Flucht vor den Mogs bestimmt seit Jahren jeden seiner Schritte. Leider wurde bisher nicht erklärt, wieso die Mogs die neun Kids aus Lorien überhaupt verfolgen und umbringen wollen. Meiner Ansicht nach besteht dazu kein Anlass, denn welche Bedrohung geht von neun Lorianern schon für ein gesamtes Volk aus? Selbst mit ihren coolen Kräften sind (oder waren) sie eben nur neun. Ich hoffe inbrünstig, dass Pittacus Lore dieses Rätsel in den Folgebänden aufklärt, denn andernfalls wäre das ein ziemlich großes Logikloch. Auch wünsche ich mir, dass er zukünftig genauer auf den Zauber eingeht, der die Neun verbindet. Dieser wurde so gut wie gar nicht in die Geschichte integriert; er hängt lose in der Luft und ist bisher eine recht lieblose Erklärung dafür, dass die Neun über die ganze Welt verstreut sind und die Mogs immer nur eine_n auf einmal töten können. Ihr seht, es besteht noch sehr viel Klärungsbedarf, was mich deutlich spüren ließ, dass „I am Number Four“ lediglich der Auftakt einer längeren Reihe ist. John wird haargenau etabliert und die Handlung entwickelt sich teilweise recht zäh, weil Pittacus Lore mit Hintergrundwissen und actionreichen Szenen geizt. Obwohl es mir gefällt, dass ich auf diese Weise viel Zeit bekam, mich im Leben eines Überlebenden Loriens zurecht zu finden, denke ich, dass Lore definitiv den Spannungsbogen im Auge behalten sollte, damit die Geschichte nicht zu fad wird.

 

Ich hatte Spaß mit „I am Number Four“, kann allerdings verstehen, dass einige Leser_innen von der Buchvorlage des Films enttäuscht waren. Das Buch pflegt ein langsameres Tempo und ist insgesamt wesentlich weniger aufregend. Hollywood hat beim Film ganze Arbeit mit Spezialeffekten geleistet. Ich freue mich trotzdem darauf, den zweiten Band „The Power of Six“ zu lesen, weil ich mit diesem endlich erfahren werde, wie die Geschichte weitergeht, was ja mein ursprüngliches Anliegen ist.
Ich denke, ihr solltet „I am Number Four“ wirklich nur dann lesen, wenn ihr vorhabt, die Folgebände ebenfalls zu lesen. Versucht ihr, diesen Reihenauftakt losgelöst zu genießen, um vielleicht einfach mal zu schauen, wie gut die filmische Umsetzung gelungen ist, könntet ihr enttäuscht werden. Ihr solltet Geduld haben und diesen Roman als genau das betrachten, was er ist: der Auftakt einer (voraussichtlich) 7-teiligen Reihe.

Source: wortmagieblog.wordpress.com/2015/10/16/pittacus-lore-i-am-number-four
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review 2013-08-09 18:27
Dieser Mensch ist einfach nur sympathisch
Grau ist bunt: Was im Alter möglich ist (HERDER spektrum) - Henning Scherf
Gemeinsam statt einsam: Meine Erfahrung für die Zukunft - Henning Scherf

Henning Scherf, bekannt als ehemaliger Bürgermeister (Ministerpräsident) von Bremen, Schlichter im Bundestag bei schwierigen Entscheidungen und ein beliebter Mensch, lebt schon lange in einer Wohngemeinschaft. Die ist allerdings nicht zu vergleichen mit einer Studenten-WG. Nein, in seiner WG hat jeder seine gekaufte oder gemietete Wohnung, trotzdem ist man dort zusammen. Er schildert es recht anschaulich in seinen Büchern. Ihm geht es hauptsächlich darum, dass man Kontakte hält und sich im Notfall schnell helfen kann.

 

Ebenso bringt er Ideen ein, die ein besseres Zusammenleben der Menschen ermöglichen könnte. Dabei legt er Wert auf Kleinigkeiten, die im Einzelnen Zufriedenheit erzeugen und in der Summe für Geber und Nehmer wirklich etwas bringen. Auch wenn die Wirkung für den Nehmer erst später eintreffen könnte. Er selber hat sich persönlich für viele Projekte im Ausland eingesetzt, ebenso seine Familie. Für die Welt waren es Kleinigkeiten, für die Betroffenen große Dinge.

 

Er plädiert dafür, dass die Summe dieser Kleinigkeiten letztendlich großen Erfolg versprechen. Man muss einfach nur anfangen. Da muss ich ihm vollkommen Recht geben! Denn wer von vornherein meint, es lohne nicht, weil sich zu wenige beteiligen, verkennt das Echo seines Einsatzes. Aus Kleinigkeiten kann Großes entstehen! Man muss nur anfangen. Andere werden schon folgen. Und für sich selber ist es doch ein Glücksgefühl, etwas Gutes getan zu haben.

 

Die WG besteht immer noch, doch machen sich die Bewohner mittlerweile Sorgen, wie es weitergehen soll. Die Bewohner werden älter, einige sind ausgezogen, andere bereits gestorben. Wer kann sich da noch um den Anderen kümmern? Und wer hält einem die Hand wenn es ans Sterben geht? Diese Fragen stellten sich.

 

Auf jeden Fall sind beide Bücher von Henning lesenswert! Er macht Mut in dieser momentan trostlosen Welt. Und er zeigt auf, dass Kleinigkeiten Glück bedeuten. Das ist Henning wie man ihn kennt!

 

Ich hab ihn selber kennenlernen dürfen. Er ist ein Mensch, der Fehler zugibt und auch erklärt, warum er sie gemacht hatte. Ist das nicht toll? Leider gibt es viel zu wenige Menschen seiner Art.

 

 

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