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review 2019-09-17 10:52
Der zauberhafte Abschluss eines modernen Märchens
Winter - Marissa Meyer

„Winter“ ist der finale Band der „Lunar Chronicles“ und eine Adaption von „Schneewittchen“. Dabei war Prinzessin Winter, Marissa Meyers dunkelhäutige Version des Schneewittchens, ursprünglich nur als Nebenrolle gedacht. Meyer wollte sich eigentlich auf Levana als böse Königin und Jacin als Jäger konzentrieren. Doch je weiter die Reihe voranschritt, desto nachdrücklicher verlangte Winters außergewöhnlicher Charakter die Aufmerksamkeit der Autorin. Sie wuchs mit der Geschichte, bis sie zu faszinierend war, um sie zu ignorieren. So ergatterte die junge, bildschöne Prinzessin noch im letzten Band eine Hauptrolle – neben Cinder, Scarlet und Cress.

 

Königin Levana muss fallen. Niemals wird sie ihre Pläne, die Herrschaft über die Erde an sich zu reißen, aufgeben. Niemals wird sie Lunas Volk aus ihrem eisernen Griff entlassen. Cinder und ihre Freunde müssen sie aufhalten, bevor sie ihre skrupellosen Absichten in die Tat umsetzen kann. Ihnen bleibt nur eine Option: sie müssen nach Luna gelangen, um dort Cinders wahre Identität als rechtmäßige Thronerbin zu offenbaren. Doch schon kurz nach ihrer Ankunft in der Hauptstadt Artemisia werden sie von den Thaumaturgen der Königin entdeckt. Im anschließenden Chaos wird die Crew der Rampion getrennt. Während Cinder, Thorne, Wolf und Iko in die Außenbezirke fliehen können, muss sich Cress im Palast mitten unter Feinden verstecken. Gerade, als sie glaubt, alles sei verloren, erhält sie unerwartet Hilfe. Levanas ungeliebte Stieftochter Prinzessin Winter und ihr Leibwächter Jacin verbergen sie vor den Augen der Königin und ihrer Schergen. Winters Schönheit, ihre Großzügigkeit und Freundlichkeit sind legendär. Aber man erzählt sich auch, dass Winter verrückt ist. Kann sie Cinder und ihre Freunde dennoch dabei unterstützen, eine Revolution auszulösen, die Levana endgültig zu stürzen vermag?

 

Ich glühe. Aus meinem Herzen strahlen Wärme und aufrichtige Liebe. Ich wusste ja, dass Marissa Meyer Talent besitzt, aber mit der emotionalen Wirkung, die „Winter“ auf mich hatte, hätte ich trotz dessen niemals gerechnet. Sie hat sich selbst übertroffen. Das Buch ist wundervoll und enthält alles, das ich mir unbewusst für das Finale der „Lunar Chronicles“ wünschte: eine aufregende, spannende Handlung, die alle Elemente plausibel vollendet und eine ansteckende Revolution fokussiert; Herausforderungen für die Charaktere, die diese überzeugend und mitreißend bewältigen und die respektvolle Adaption eines alten Märchens, die den Spagat zwischen Moderne und Klassik meistert, ohne die Originalität der Geschichte zu behindern. Es ist garantiert nicht einfach, im letzten Band einer Reihe eine neue Protagonistin vorzustellen und sie als gleichwertig zu etablieren, wenn alle anderen Figuren längst einen Vorsprung haben. Es sollte mich eigentlich nicht überraschen, dass es Meyer in „Winter“ dennoch gelang, Prinzessin Winter homogen in die Handlung der „Lunar Chronicles“ einzuarbeiten, schließlich lobe ich die Autorin seit drei Bänden dafür, dass sie ihr Universum ständig erweitert und ausbaut, aber meine uneingeschränkte Bereitschaft, Winter in meine Arme zu schließen, erstaunte mich. Natürlich half es, dass mir der Zwischenband „Fairest“, den ich nun umso mehr als wertvolle Ergänzung betrachte, bereits eine Ahnung von der komplexen, belasteten Beziehung zwischen Winter und Königin Levana vermittelte, doch ich war überwältigt davon, wie leicht es ist, die bildschöne Prinzessin trotz ihrer mentalen Instabilität und ihren daraus resultierenden Verrücktheiten zu mögen. Winter verkörpert den Geist von „Schneewittchen“ hervorragend, die Unschuld, Naivität und Liebeswürdigkeit des Märchens, wirkt durch ihre persönliche, tragische Biografie allerdings nicht austauschbar oder stereotyp. Sie ist lebendig und ich liebte es, ihre unkonventionellen Gedankengänge zu beobachten. Meyers Idee, sie im Verlauf von „Winter“ außerdem mit Scarlet zusammenzustecken, die zu Beginn des Buches noch immer in Artemisia gefangen ist, verdient Applaus. Ich kann mir kein passenderes Duo vorstellen, weil sie einander bemerkenswert ergänzen. Grundsätzlich ist die Dynamik der Figuren dieser Reihe eine Sensation, die in diesem Finale ihren Höhepunkt erreicht. In Märchen ist die Liebesgeschichte zwischen Prinz und Prinzessin oft zentral – ich schätze es unheimlich, dass dieser Aspekt in den „Lunar Chronicles“ zwar ebenfalls wichtig ist und sogar die verkümmerte kleine Romantikerin in mir ansprach, aber die Handlung selten essenziell beeinflusst. Unsere Heldinnen treffen stets vernünftige Entscheidungen, die auf der vorliegenden Sachlage basieren. Sie sind nicht verblendet oder schwächer aufgrund ihrer Gefühle, sie schöpfen Stärke aus ihnen. Ich empfinde das als empowering und freue mich über das emanzipierte, realistische Frauenbild, das Meyer ihren Leser_innen bietet. Könnte nur jeder Young Adult – Roman so sein.

 

„Winter“ ist ein Finale, das diese Bezeichnung wirklich verdient. Es ist nicht einfach eine weitere Geschichte im Universum der „Lunar Chronicles“, sondern die Summe aller vorangegangenen Bände, ihre Fortsetzung und logische Konsequenz. Ich bin sehr glücklich, dass Marissa Meyer das moderne Märchen, das in „Cinder“ begann, mit diesem Abschluss ordentlich ausklingen lässt. Ein abrupter Abbruch hätte alles, was sie bis dahin leistete und ihren Figuren abverlangte, geschmälert. Sie behandelt ihre Held_innen anständig und fair und gesteht ihnen die Chance zu, wahrhaft über sich hinauszuwachsen. Deshalb fand ich „Winter“ fabelhaft und rührend. Es ist ein zauberhaftes Ende, das mir den Abschied ungemein erleichterte, weil es mich sowohl emotional als auch intellektuell befriedigte. Ich bin sonst sehr geizig mit 5-Sterne-Bewertungen, aber in diesem Fall musste ich die Höchstwertung auspacken. Marissa Meyer verdient diese Ehrung und darüber hinaus einen festen, dauerhaften Platz in meinem Bücherregal.

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review 2017-08-23 11:09
Feiern wir weibliche Stärke und den Feminismus
Tehanu - Ursula K. Le Guin

In meiner Rezension zu „Erdsee“ bemängelte ich, dass Ursula K. Le Guins Universum erschreckend sexistisch ist. Mit dieser Kritik bin ich nicht allein. Soweit ich es aus den bestehenden Rezensionen anderer Leser_innen herauslesen konnte, wurde Le Guin für den grassierenden Sexismus in Erdsee generell stark kritisiert. Vielleicht entschied sie sich deshalb, 18 Jahre nach dem Erscheinen von „Das ferne Ufer“, nach Erdsee zurückzukehren. „Tehanu“ ist der vierte Band der „Erdsee“-Saga und fokussiert erstmals die weibliche Perspektive: im Mittelpunkt steht die ehemalige Priesterin Tenar, die mittlerweile in Gont lebt.

 

Einst verließ Tenar an der Seite von Ged ihr Land, um im Licht der Freiheit zu leben. Obwohl sie bei Ogion in die Lehre hätte gehen können, entschied sich Tenar für ein bodenständiges Leben als fürsorgliche Ehefrau und Mutter. Lange Zeit führte sie eine einfache, aber glückliche Existenz. Eines Tages erreicht Tenar die Kunde von einem kleinen Waisenmädchen, das bei lebendigem Leibe verbrannt wurde. Furchtbare Wunden entstellen das Kind. Entsetzt öffnet Tenar ihr Herz und nimmt die Kleine in dem Wissen bei sich auf, dass sie niemals ganz normal sein wird, ebenso wenig wie sie selbst. Sie gibt ihr den Namen Therru. Jahre später liegt Ogion im Sterben. Sofort reisen Tenar und Therru zum Falkennest, um sich zu verabschieden. Doch Erdsee verändert sich, ist kein sicherer Ort mehr für eine Witwe und ihre junge Tochter. Als die Vergangenheit Tenar und Therru einholt, offenbart sich das hässliche Antlitz der Welt und erweckt in Therru Kräfte, die vom Feuer geschmiedet wurden.

 

Ursula K. Le Guin hat ganze Arbeit geleistet. „Tehanu“ ist ein Buch mit einer starken, weiblichen Stimme, die sich zweifellos für den Feminismus ausspricht und das Machtgefälle der Geschlechter in Erdsee mutig anprangert. Ich bewundere, wie kritisch sich die Autorin mit ihrem eigenen Werk auseinandersetzt, wie furchtlos und ehrlich sie die Aspekte ans Licht zerrt, die sie 20 Jahre zuvor vermutlich nicht einmal hinterfragte. „Tehanu“ ist der Beweis ihrer persönlichen Entwicklung, die ich einfach anerkennen muss. Ich kann nicht nachvollziehen, dass es offenbar Leser_innen gab, die sich am femininen Grundtenor des Romans störten. Wie viele Bücher wurden von Männern geschrieben, die schier bersten vor Testosteron und maskulinen Einflüssen? Wieso sollte es ein Problem sein, dass eine Frau ein ebenso Östrogen-geprägtes Buch schreibt? Ich fand es erfrischend, dass alle Frauen in „Tehanu“ wertvoll und individuell beschrieben sind, sei es nun Tenar, die verrückte Hexe Moss oder die geistig zurückgebliebene Heather. Lange genug waren weibliche Figuren in der High Fantasy lediglich schmückendes Beiwerk; für mich ist ein frauenzentriertes Buch dieses Genres daher ein kleiner Meilenstein. Zugegeben, Männer kommen in „Tehanu“ nicht gut weg, aber ich bin nicht der Meinung, dass Le Guin in ihrer Darstellung übertrieben hätte, weil sie auf diese Weise lediglich betont, wie schwer es eine alleinstehende Frau und ihre kleine Tochter, die niemals wie andere Kinder sein wird, in dieser männerdominierten Welt haben. In Erdsee ist ihr Ruf das höchste Gut, das eine Frau besitzt. Dieser hängt maßgeblich von der Einhaltung gewisser Normen und der subjektiven Wertschätzung Außenstehender ab. Während Männer stets Vorschusslorbeeren erhalten, brauchen Frauen Bestätigung von außen, um zu beweisen, dass sie ehrbar und glaubwürdig sind. Frauen wird erst einmal grundsätzlich mit Misstrauen begegnet, was so unfair ist, dass mir die Haare zu Berge stehen. Ich bin froh, dass Tenar im Laufe der Geschichte erkennt, dass ein ruinierter Ruf nicht zwangsläufig bedeutet, dass auch ihr Leben ruiniert ist. Nichtsdestotrotz war ich von Tenars selbstgewähltem Schicksal etwas enttäuscht. Angesichts ihrer Vergangenheit hatte ich angenommen, dass sie ein außergewöhnliches Leben führen würde, nicht das Leben einer Bauersfrau. Ich verstehe ihre Entscheidung für die Normalität, bin damit aber eher unzufrieden, weil ich glaube, dass Ursula K. Le Guin sie benutzte. Sie konnte Tenar nicht erlauben, mehr aus sich zu machen, da sie sie brauchte, um die feministische Kritik in „Tehanu“ zu transportieren. Man kann Alltagssexismus nicht beklagen, wenn kein Alltagssexismus vorhanden ist. Leider muss ich an dieser Stelle zugeben, dass ich „Tehanu“ deshalb nicht völlig überzeugend fand. So sehr ich Le Guin für ihre Bereitschaft zur Selbstreflexion achte, obwohl die Charaktere glaubhaft und realistisch sind, wirkte der vierte „Erdsee“-Band auf mich erzwungen, künstlich und konstruiert, wie ein Kunstmärchen. Ich hatte das Gefühl, Le Guin glaubte, sie müsste dieses Buch schreiben, um auf die Kritik ihres Publikums zu reagieren. Es erschien mir keine natürliche Geschichte aus Erdsee zu sein.

 

„Tehanu“ feiert weibliche Stärke. Es ist ein Roman, der die alltäglichen Herausforderungen selbstbestimmter, emanzipierter Frauen in einer erdrückend patriarchalischen Welt beschreibt und kühn ernsthafte Kritik daran übt. Die Unterschiede zwischen der Erlebenswelt von Tenar und Ged sind gravierend: während er meist Wohlwollen erfährt, muss sie gegen Vorurteile und Unterstellungen kämpfen. Erdsee ist für Tenar und ihre Tochter Therru ein völlig anderer Ort als für Ged. Aus meiner Sicht hat Ursula K. Le Guin dem Vorwurf des Sexismus erfolgreich die Stirn geboten und bewiesen, dass sie sich der Mängel ihres Universums bewusst ist, obwohl es selbstverständlich schade ist, dass die Glaubwürdigkeit ihrer Geschichte darunter litt. Auch kann ich nicht behaupten, dass „Tehanu“ mitreißend wäre. Nein, dieses Buch ist nicht auf Spannung ausgerichtet, es konzentriert sich voll auf die Darstellung gesellschaftlicher Missstände und Ungerechtigkeiten, die oft zynisch zwischen den Zeilen hervorblitzt. Dadurch qualifiziert es sich vielleicht nicht als Pageturner – wohl aber als das femininste Werk der High Fantasy, das ich je gelesen habe.

Source: wortmagieblog.wordpress.com/2017/08/23/ursula-k-le-guin-tehanu
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review 2015-10-09 11:12
Glas und Eis, Scherben und Spiegel
Dämon, Dämon an der Wand - Jim C. Hines

Den Tod kann man nicht austricksen. Keine Zauberkraft der Welt kann ihn aufhalten. Doch daran möchte Prinzessin Ermillina Curtana von Allessandria, kurz Schnee genannt, nicht glauben. Schließlich ist sie die Spezialistin für Spiegelmagie ihrer Majestät Königin Beatrice von Lorindar. Sie versucht sich an einem wagemutigen Experiment – und überschätzt sich. In einem kolossalen Fehlschlag zerbricht sie den Zauberspiegel ihrer Mutter, das einzige, was sie auf ihrer Flucht aus Allessandria mit sich nahm. All die Jahre konnte Schnee nie herausfinden, woher seine Macht stammte. Jetzt weiß sie es. In dem Spiegel war ein Dämon gefangen, der nun frei ist. Zuerst unbemerkt ergreift er von Schnee Besitz und erweckt das Dunkle in allen, die die Spiegelscherben berühren. Nur einer ist immun gegen die Kräfte des Dämons: Danielles Sohn Jakob. Neugierig geworden entführt Schnee den 2-jährigen Prinzen und verschleppt ihn nach Allessandria, Quelle und Ziel ihres Zorns. Danielle und Talia bleibt nichts anderes übrig, als ihr zu folgen und sich auf eine aberwitzige Jagd einzulassen, die sie eigentlich nicht gewinnen können. Der Dämon in Schnees Körper ist ihnen stets einen Schritt voraus. Können sie Schnee und Jakob gleichermaßen aus seinem Griff befreien und so auch Allessandria vor der Auslöschung bewahren?

 

Im Nachwort zu „Dämon, Dämon an der Wand“ schreibt Jim C. Hines, dass ihm dieser letzte Band seiner Reihe sehr schwer fiel, weil er es als schwierig empfand, eine Reihe zum Abschluss zu bringen, die sich mit den Leben von Märchenfiguren nach dem „glücklich bis ans Ende ihrer Tage“ beschäftigt. Ich finde, er hat diese Herausforderung gut gemeistert. Tatsächlich halte ich „Dämon, Dämon an der Wand“ für den besten Band der gesamten Reihe Die Todesengel. Zum ersten Mal hatte ich das Gefühl, dass Rahmenbedingungen und Handlung im Gleichgewicht sind und sich zu einer tollen Geschichte zusammenfügen. Hines gestaltete den Spannungsbogen straffer und gleichmäßiger, wodurch er meine Aufmerksamkeit dieses Mal auch durch die Entwicklung seiner Geschichte fesseln konnte und nicht nur durch seine grandiosen Charaktere. Obwohl Schnee die Protagonistin dieses Bandes ist, steht nicht ihre Biografie als Schneewittchen im Vordergrund, wie ich erwartet hatte. Stattdessen wagte sich Hines an eine überraschende, spannende und erstaunlich naheliegende Kombination aus „Schneewittchen“ und „Die Schneekönigin“. Mir ist zuvor nie aufgefallen, wie viele Parallelen diese beiden Märchen aufweisen. Glas und Eis, Scherben und Spiegel. Es passt einfach zusammen, als wären „Schneewittchen“ und „Die Schneekönigin“ zwei Teile derselben Geschichte. Mich begeistert diese Idee hemmungslos, weil ich selbst niemals darauf gekommen wäre. Diese dann auch noch glaubhaft und logisch umzusetzen, sodass die Verbindung zweier alter Märchen Sinn ergibt, zeugt durchaus von Talent. Ich war mir in den vorangegangenen Bänden nicht immer sicher, ob Jim C. Hines wirklich ein Händchen für die Konstruktion einer überzeugenden Handlung hat, doch in „Dämon, Dämon an der Wand“ hat er mich definitiv beeindruckt. Er vermittelte mir eine immense Emotionalität, die mir zeigte, wie sehr er seine Figuren liebt. Er hat nicht krampfhaft versucht, einen künstlichen Abschluss für seine Reihe zu erzwingen, sondern ließ die Prinzessinnen einfach dorthin gehen, wo sie hin wollten. Selbst, wenn ihre Reise sie nicht an das Ziel brachte, das er sich für sie wünschte. Dieses Vertrauen erfordert viel Mut; ich denke, es war überhaupt nur durch die besondere Beziehung zwischen Hines und seinen Figuren möglich. Von Anfang an ging es in seiner Reihe darum, sie Verantwortung übernehmen und ihr Leben selbst gestalten zu lassen – es ist nur richtig und konsequent, ihnen auch zuzugestehen, den Abschluss ihrer Geschichte selbst zu wählen. Ich empfand Hines daher als eine Art Sprachrohr für Danielle, Talia und Schnee; es wirkte, als dokumentiere er nur, was diese drei großartigen Frauen zu erzählen haben.

 

Die Todesengel ist eine tolle Reihe und „Dämon, Dämon an der Wand“ ist ein würdiger Abschluss. Trotz dessen hoffe ich, dass dieses Finale nur ein vorläufiges Ende darstellt. Ich wünsche mir wirklich, dass Jim C. Hines noch einmal zu der wahnsinnig tollen Idee seiner Reihe zurückkehrt und weiteren Märchenfiguren seine Stimme leiht. Es gäbe noch so viele, die die Chance verdienen, ihre Geschichten selbst weiterzuschreiben, nachdem der Beginn ihrer Biografien von anderen gestaltet wurde. Ich liebe die alten Märchen, mit denen ich aufgewachsen bin, doch mir ist auch bewusst, dass sie hauptsächlich klischeehafte, stereotype Charaktere abbilden. Speziell die Rolle von Märchenprinzessinnen ist häufig extrem begrenzt und kippt dadurch ins Unrealistische. Wer behauptet denn, dass Prinzessinnen stets nur Fräulein in Not sind und keine emanzipierten, selbstbestimmten Frauen mit individuellen Wünschen, Träumen, Hoffnungen, Sorgen, Ängsten und einer gehörigen Portion Kampfeswillen sein können? Obwohl Jim C. Hines sicher nicht der hellste Stern am Autor_innen-Himmel ist, weiß ich es einfach unheimlich zu schätzen, dass er sich für eine starke weibliche Stimme in der Literatur einsetzt und bin ihm dafür sehr dankbar. Es ist erstaunlich, dass er in diesem Punkt sogar vielen weiblichen Autorinnen weit voraus ist. Ginge es nach mir, gäbe es in der gesamten Literatur nur noch ähnlich realistische, lebendige Protagonistinnen wie Danielle, Talia und Schnee.

Source: wortmagieblog.wordpress.com/2015/10/09/jim-c-hines-daemon-daemon-an-der-wand
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