Diese kleine Geschichte hinter den Kulissen des Büroalltags der japanischen Firma Yuminoto von Amélie Notohomb ist gar köstlich, wenn sie nicht so menschenverachtend grausam wäre. Also wie in der Einleitung knackig geschildert: Man nehme die Bürosatire Stromberg, verdopple, beziehungsweise verdreifache die Grausamkeiten und menschlichen Abgründe - respektive was man den lieben Kollegen, speziell hierarchisch Untergebenen antun kann - füge noch die japanische Demut von Mitarbeitern, die Angst vor dem Gesichtsverlust und patriachalische gesellschaftliche Verhaltenskodizies, speziell für Frauen hinzu und fertig ist diese Groteske, bei der mir oft das Lachen und Schmunzeln im Halse steckengeblieben ist.
Die Abläufe und Bestrafungssysteme für nicht konformes Verhalten und unerwünschte Mitarbeiter-Eigeninitiative sind sehr kafkaesk in diesem hierarchischen, bürokratischen Unternehmen mit menschenverachtenden, oft komplett sinnentleerten Managementmethoden. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist diese Unternehmenskultur sogar so unbetriebswirtschaftlich und leistungsfeindlich, dass man sich wundert, wie in so einem Umfeld irgendwann überhaupt Innovation (sei es auch nur eine Prozessinnovation oder Marketingidee) stattfinden kann.
Insofern witzig ist das ganze auch auf jeden Fall, da die belgische Protagonistin als ausländische Mitarbeiterin erstens diese Demütigungen nur ein Jahr bis zum Arbeitsvertragsablauf erdulden muss und sie zweitens die ganze Sache insofern sportlich und mit Humor nimmt, dass sie das ganze als Übung zur Assimilation in die japanische Kultur sieht. Man stelle sich vor, als japanische Frau aber auch als Mann kann man diesem System ein Leben lang nicht entkommen, da erklären sich die vielen Selbstmorde wie von selbst, was in dieser Geschichte auch thematisiert wird. So kommt zu dieser Story, die sehr starke autobiografische Züge trägt, eine gehörige Portion japanische Gesellschaftskritik hinzu.
Also, weil es die selbstverständlichste Sache von der Welt war, den Infinitiv eines Verbs als Vornamen zu wählen, hatte Herr Saito seinen Sohn Tsutomeru, "arbeiten" genannt. Den Gedanken, dass man die Identität des Knäbleins mit solch einem Programm ausstaffiert hatte, fand ich erheiternd. Ich stelle mir vor, wie die Mutter in wenigen Jahren den Jungen ermahnen würde, "Arbeiten, geh arbeiten!" Und wenn er nun arbeitslos werden würde?
Zögere daher nicht zwischen Selbsttötung und Schwitzen! Das eigene Blut zu vergießen, verdient Bewunderung, Schweiß zu vergießen Verachtung. Wenn Du Dir den Tod gibst, schwitzt Du nie wieder und deine Beklemmung hat für alle Ewigkeiten ein Ende.
Fazit: Sehr böse, insofern sehr witzig und sehr klug gemacht, wenn man ein bisschen die Unternehmenskultur in multinationalen japanischen Konzernen kennt oder kennenlernen will. Ach ja den halben Punkt Abzug gibt es eigentlich nur für die Kürze dieses Romans. Ich wollte auf jeden Fall mehr.