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review 2020-01-30 16:02
Holly Golightlys Partyfreunde
Letzte Rettung: Paris - Patrick deWitt

Patrick deWitt ist eine leichte, nicht unbedingt sehr anspruchsvolle, aber extrem unterhaltsame, gute Geschichte gelungen, die mich in ihrer überspannten Darstellung der Protagonisten der Upperclass, die nur einen Wimpernschlag vom totalen Bankrott entfernt stehen, und in der intensiv zelebrierten fatalistisch betont sorglosen Stimmung frappant an Truman Capotes Frühstück bei Tiffany erinnert.

 

Obwohl das Ambiente an die überspannte Holly Golightly und ihre Partygesellschaft erinnert, gibt es dennoch genügend amüsante Innovationen in diesem Werk, die es trotz der angesprochenen Parallelen einzigartig und sehr witzig machen.

 

Da wäre zuerst eine etwas toxische, aber liebevolle Mutter-Sohn-Beziehung, in der sich die nur mehr dem Anschein nach reiche Lebemutti Frances sehr massiv in das Leben ihres bereits recht erwachsenen Nesthockersohnes Malcolm einmischt. Da in den USA nahezu das ganze Erbe des steinreichen, korrupten und nicht unbedingt sympathisch dargestellten Exmannes verprasst wurde, geht es nach der Geldverwertung der letzten Reste des ehmals enormen Immobilienvermögens nun mit dem Schiff ganz stilecht nach Frankreich, respektive Paris, um in der Wohnung einer guten und reichen Freundin mietfrei Unterschlupf zu suchen. <!--more-->Begleitet werden Frances und Malcolm von einer großen Tasche mit dem Rest des zu Bargeld verwerteten Vermögens in Form von Bündeln von Dollarnoten und von ihrem Kater, Kleiner Frank, den sie sehr kreativ und höchst vergnüglich ohne Papiere, Tierarztuntersuchung und Quarantäne ins fremde Land schmuggeln. Das Katzenviech soll bei der illegalen Einreise mit der richtigen Dosis Valium betäubt werden, ohne es zu töten und in der Tasche unter dem Haufen Bargeld an den Behörden vorbeigeschmuggelt werden. Leider konterkariert die Katz fast die gesamte Aktion, weil sie im Drogenrausch so laut schnarcht.

 

Wie sollte es auch anders sein mit Capote als Vorbild: Das Katzenvieh spielt in dem Setting und in der gesamten Geschichte die Rolle eines wichtigen Protagonisten. Als Kleiner Frank in Paris nach einem Konflikt mit Frances wegläuft, entpuppt er sich plötzlich als Reinkarnation von Frances totem Ehemann. Nach der Flucht produziert er fortan als selbständige Figur mit Bewusstsein - gleich einem Menschen - eigene Gedanken. Aus Verzweiflung über die Lage und die frustrierende Situation auf der Straße will sich der Kater in einer Anwandlung von tiefer Depression umbringen und springt vom Eifelturm. Der Suizid funktioniert aber natürlich nicht, da seine Katzenreflexe das nicht zulassen.

 

So geht es vergnüglich weiter. Malcolm und Frances sind verzweifelt auf der Suche nach Kleiner Frank und bevölkern die Wohnung der Freundin mit unzähligen weiteren Personen, die ihnen dabei helfen sollen, den Ausreißer zu finden, wobei sie das restliche Bargeld wie mit dem Schaufelbagger unter die Leute bringen, als gäbe es kein Morgen. Da wird ein Privatdetektiv engagiert, der die Hellseherin vom Schiff finden soll, die dann anschließend spirituell Kontakt mit dem Kater aufnehmen soll. Da wird eine neue französische Bekannte eingeladen, bei der Suche zu helfen. Auch die Exfreundin von Malcolm taucht irgendwann mit ihrer neuen Beziehung auf, um ihre Gefühle für und ihre Trennung von Malcolm nochmals zu überprüfen. Sie schließt sich der Gesellschaft an, wie auch die Wohnungseigentümerin, die plötzlich aus Amerika auftaucht. Alle sind guter Dinge, schnattern und parlieren, pflegen ein paar sehr kuriose Spleens, sind mit dem Projekt Katersuche und mit der Planung einer großen Party beschäftigt.

 

Leider muss ich diesmal spoilern denn das Finale ist wirklich außergewöhnlich, auch Capote-mäßig (Überraschungsfanatiker mögen hier bitte abbrechen und im nächsten Absatz weiterlesen), einerseits ein bisschen herzzerreißend traurig andererseits auch sehr lapidar, konsequent logisch, selbstbestimmt und überhaupt nicht rührselig. Als der letzte Schein des Geldes ausgegeben ist, begeht Frances nach der rauschenden Party Selbstmord. Sie wollte es genau so und hat es schon lange geplant. Das gibt Malcolm auch die Chance, ohne das schmutzige Geld seines Vaters und der Einmischung der Mutter ein komplett neues Leben - eventuell sogar mit der Exfreundin - zu beginnen.

 

Auch sonst gibt es nahezu gar nichts am Roman zu kritisieren, die Figuren sind sehr liebevoll entwickelt, trotz ihrer Überspanntheit konsistent und glaubwürdig konzipiert, der Humor kommt feinsinnig, ein bisschen hinterfotzig und nicht vordergründig schenkelklopfend daher, was mir immer sehr gefällt, und sprachlich haben mich die Schilderungen auch sehr erfreut.

In Paris mit dem Fahrrad zu fahren, war für Malcolm anfangs ein grauenvolles, regelrecht angsteinflößendes Erlebnis. Es war nicht so, dass die Autofahrer absichtlich Radfahrer anfahren wollten, wie er es einmal gelesen hatte, aber er konnte auch nicht sagen, dass die Vermeidung solcher Unfälle für sie von zentraler Bedeutung war.

Malcolm brauchte einige Tage, bis er sich auf den Hauptstraßen einigermaßen sicher fühlte; er wurde in Phasen mutiger. Am Ende umrundete er die Bastille inmitten von dichtem, anarchischen Verkehr, den linken Arm zur Entschuldigung ausgestreckt, während die Autos und Mopeds um ihn herum wimmelten und hupten und die Taxifahrer ihn mit derben Sprüchen verfluchten, aber damit alles erreichten, nur nicht, Malcolm herunterzumachen. Es war der Glaube, der ihn dazu befähigte, der Glaube daran, dass jedes dieser rasenden Fahrzeuge kurz vor dem tödlichen Zusammenstoß mit ihm einfach anhalten würde.

Eine herrliche Beschreibung! Diese Strategie empfehle ich übrigens auch Fußgängern in Vietnam, die Straßen überqueren müssen. Nennt sich notwendige buddhistische Zuversicht bei anarchischem Verkehrsgebaren und funktionierte zumindest bei mir sehr gut, denn ich lebe noch und habe mehrmals Straßenseiten in der Hauptverkehrszeit per pedes gewechselt.

Fazit: Leseempfehlung! Hier zeigt sich wieder einmal, dass auch leichte Lektüre richtig gut und unterhaltsam sein kann, ohne seicht zu werden. Ich habe die Geschichte sehr genossen und möchte hier abschließend die mir unbekannte Lovelybooksleserin Mightynina zitieren, die den Kern und das Wesen dieses Romans für mich in einem Satz auf den Punkt gebracht hat. "Es ist schon eine Kunst, sich so nah an der Grenze zur Farce zu bewegen und dabei eine derart intelligente, wortwitzige Geschichte zu schreiben."

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review 2017-09-13 11:21
Ein Fangirl ward geboren
City of Miracles (The Divine Cities) - Robert Jackson Bennett

Worum geht es in der Trilogie „The Divine Cities“? Laut Autor Robert Jackson Bennett geht es um Veränderung. Schmerzhafte, quälende Veränderungen. In einem kurzen Essay über das Finale „City of Miracles“ schreibt er, der Kern seiner Geschichte sei der Versuch seiner Figuren, ihre traumatischen Erfahrungen zu überleben und zu überwinden. Ich stimme Bennett daher zu, dass es mehr als passend ist, den letzten Band aus Sigruds Perspektive zu bestreiten, da dieser unter zahllosen unaufgearbeiteten Traumata leidet. Ich wusste allerdings auch, dass Sigrud zu folgen bedeutet, einen blutigen Pfad einzuschlagen.

 

Eine Explosion zerreißt den regnerischen Tag in Ahanashtan. In der Detonation, die ein halbes Stockwerk des noblen Golden Hotels zerstört, kommt die ehemalige saypurische Premierministerin Shara Komayd ums Leben. Sechs Tage später erreicht die Nachricht ihrer Ermordung ein Holzfällerlager nahe Bulikov. 13 lange Jahre versteckte sich Sigrud je Harkvaldsson in der Anonymität wechselnder Gelegenheitsjobs. Damit ist jetzt Schluss. Sein Herz schlägt im Takt eines einzigen Wortes: Rache. Ohne zu zögern nutzt er die tödliche Effizienz seiner außergewöhnlichen Talente, um die Mörder seiner Freundin ausfindig zu machen. Leichen pflastern seinen Weg. Je tiefer Sigrud gräbt, desto klarer wird, dass der Anschlag Teil eines größeren Schemas war. Shara war in schockierend schmutzige Geheimnisse verstrickt, verschleiert hinter der wohltätigen Fassade eines Programms für kontinentale Waisenkinder, die systematisch zu verschwinden scheinen. Was ist dran an den Gerüchten einer neuen Gottheit, die aus den Schatten heraus agiert? Welche Rolle spielt Sharas Adoptivtochter Tatyana? Rache ist Sigruds Spezialität. Doch dieser Kampf könnte selbst den hartgesottenen Dreyling an seine Grenzen bringen. Ihn – und die gesamte Welt.

 

Oh. Mein. Gott. „City of Miracles“ ist GROSSARTIG. Es ist eines dieser Bücher, für die bisher keine adäquaten Superlative erfunden wurden, um es zu beschreiben. Es landet ohne Umwege in meiner persönlichen Top 5 der besten Trilogieabschlüsse aller Zeiten. Für diesen Roman verdient Robert Jackson Bennett so viel mehr als fünf Sterne; er verdient das ganze verdammte Firmament. Mich durchläuft jetzt noch ein Schauer, denke ich an die Lektüre zurück. Seit dem Auslesen habe ich sogar eine Illustration von Sigrud der Künstlerin Chanh Quach als Hintergrund auf meinem Smartphone, so begeistert bin ich von „City of Miracles“ und so schwer fällt mir das Abschiednehmen.
Warum ist dieses Finale dermaßen atemberaubend? Es war eine Herausforderung, herauszufinden, welche Elemente „City of Miracles“ aus der Masse herausheben und ich bin nicht sicher, ob ich die Antwort gefunden habe, weil eben schlicht alles fantastisch ist. Natürlich weist es die gleiche inhaltliche, logische Konsistenz auf, die ich bereits aus den Vorgängern kenne – es baut direkt und konsequent auf den vergangenen Ereignissen auf. Selbstverständlich sind die Figuren hyperlebendig und einnehmend, obwohl ich ein winziges Bisschen enttäuscht war, dass Mulagheshs Rolle gering ausfällt. Zweifellos ist das Worldbuilding detailreich und überzeugend, da sich Bennetts Universums stets im Wandel befindet und ich angesichts des technischen, gesellschaftlichen und kulturellen Fortschritts in Saypur und auf dem Kontinent aus dem Staunen nicht mehr herauskam. Doch muss ich den Finger darauflegen, was es ist, das „City of Miracles“ vom durchschnittlichen High Fantasy – Roman unterscheidet, entscheide ich mich für die transformative Reise, die Sigrud erlebt. Robert Jackson Bennett liebt seinen furchteinflößenden, traumatisierten Protagonisten genug, um ihm Möglichkeiten zu schenken, sich selbst aus dem Teufelskreis seiner Seelenqual zu befreien. Er macht es ihm nicht leicht, oh nein. Sigrud leidet, er geht im Namen der Erkenntnis durchs Feuer. Aber Sigrud hätte einen einfachen Ausweg keinesfalls akzeptiert. Er hätte einer Lösung auf dem Silbertablett misstraut. Er musste hart aufschlagen, um sich endlich zu ändern. Es zeugt von ausnehmendem schriftstellerischen Geschick, dass Bennett in der Lage war, mir dieses spezielle Verhältnis zu vermitteln. Ich wusste genau, was er Sigrud anbietet: blutige, schmerzhafte Erlösung. Er offeriert ihm eine Rettung, die dieser auch annehmen kann, weil sie seiner Persönlichkeit entspricht. Er prüft ihn, schickt ihn in rasante Actionszenen, während derer ich vor lauter Nervenkitzel buchstäblich die Luft anhielt. Er konfrontiert ihn in stillen, leisen Momenten mit Verlust, Trauer und Schuld. Diese scheinbare Gegensätzlichkeit macht Sigrud aus und sie charakterisiert ebenfalls Saypur und den Kontinent, weshalb er meiner Meinung nach exakt der ambivalente Held ist, den dieses Universum braucht. Sigruds Reise zur Katharsis wühlte mich sehr auf. Ich konnte und wollte mich seiner inneren Zerrissenheit zwischen grimmiger Fatalität und zerbrechlicher Hoffnung nicht verschließen. Als der Showdown nahte, war ich daher emotional bereits völlig wund. Die letzten 20 Seiten waren für mich verheerend. Umwerfend. Ich habe Rotz und Wasser geheult. Es war… perfekt. Robert Jackson Bennett ist ein Poet. Ich wünschte, jedes Ende könnte so sein.

 

Denkt an irgendein positives Attribut, das ein Buch besitzen kann. Irgendeins. Ich versichere euch, in der Trilogie „The Divine Cities“ findet ihr es. Diese Geschichte hat sich nicht nur in mein Herz geschlichen, sie hat sich einen Platz in meinen All-Time-Favorites erkämpft. „City of Stairs“, „City of Blades“ und „City of Miracles“ sind brillant und ehrfurchtgebietend originell. Es gibt viele Fantasy-Autor_innen, die krampfhaft versuchen, anders zu schreiben, anders zu sein. Robert Jackson Bennett gelingt dieses Kunststück mühelos. Herzlichen Glückwunsch, Mr. Bennett. Sie haben sich selbst ein Fangirl erschaffen. Und glauben Sie bloß nicht, Sie würden mich so schnell wieder los.

Source: wortmagieblog.wordpress.com/2017/09/13/robert-jackson-bennett-city-of-miracles
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review 2017-04-18 09:02
Kein Abschiedsschmerz, kein böses Blut, keine Fragezeichen
Herrscher des Lichts - Brandon Sanderson,Michael Siefener

Die „Mistborn“ – Reihe von Brandon Sanderson ist vermutlich die Ungewöhnlichste, die mein Regal zu bieten hat. Nach den ersten drei Bänden macht die Geschichte einen Zeitsprung von sage und schreibe 300 Jahren. In Band 4 „Jäger der Macht“ ist alles neu: neues Setting, neue Ära, neue Figuren. Die einzige Konstante sind die Fähigkeiten der Nebelgeborenen. So gesehen handelt es sich bei „Mistborn“ also um eine Trilogie, gefolgt von einer Tetralogie. Mich erinnert das an die Arcs von Anime-Serien und ich finde es interessant, dass Sanderson mit seinem Magiesystem in verschiedenen gesellschaftlichen Entwicklungsstufen experimentiert. „Herrscher des Lichts“ ist das Finale des ersten Arcs und schließt die Geschichte der Nebelgeborenen Vin ab.

 

Die Prophezeiung war eine Lüge. Geschickt verdreht und verzerrt von Ruin, der bösartigen Macht, die der Oberste Herrscher ein Jahrtausend in Schach hielt. Nun ist Ruin frei und Vin, die glaubte, ihr Schicksal zu erfüllen, ist dafür verantwortlich, dass das Letzte Reich am Rande der Zerstörung steht. Kolosse terrorisieren das Volk, pausenlos regnet giftige Asche aus der Atmosphäre und Erdbeben lassen das Land erzittern. Ernten drohen auszufallen und die Inquisitoren gehorchen Ruins Befehlen wie Marionetten. Elant und Vin hetzen von einer Katastrophe zur nächsten und können doch nicht überall zugleich sein. Ihre letzte Hoffnung ist das Vermächtnis des Obersten Herrschers. Er allein kannte die Geheimnisse der Nebelgeborenen. Er allein wusste um die Bedrohung durch Ruin. Aber wusste er auch, wie die uralte Macht besiegt werden kann? Elant, Vin und ihre Verbündeten müssen Antworten finden, bevor ihre Welt endgültig auseinanderbricht. Fieberhaft durchkämmen sie das Reich nach Hinweisen des alten Regenten. Ist die Legende des mysteriösen „Held aller Zeiten“ ihre einzige Rettung?

 

Meiner Ansicht nach steigert sich die „Mistborn“ – Reihe von Band zu Band. „Herrscher des Lichts“ gefiel mir definitiv am besten, weil all das unselige Rätselraten und Im-Dunkeln-Tappen nun endlich vorbei ist. Es hat mich so genervt, nicht alles über Sandersons Universum zu wissen und nicht jede Facette zu verstehen, dass ich angesichts der erhellenden Informationsflut des Finales wirklich erleichtert bin. Es klickte beim Lesen am laufenden Band; Puzzleteile schoben sich knirschend an ihren Platz und vervollständigten das Gesamtbild. Ganz kann ich Sandersons Infogeiz nicht verzeihen, doch ich begreife jetzt, dass er mich in die gleiche Situation brachte, in der sich Vin, Elant und all die anderen Figuren befanden. Sie sind wie Kinder, die durch eine Welt taumeln, die sie nicht erfassen. Der Oberste Herrscher hielt sein Volk seit jeher in einer Blase der Unwissenheit gefangen. Er beschnitt den Fortschritt und unterdrückte die präzise Kenntnis von Vergangenheit und Gegenwart. Er bewachte seine Geheimnisse fanatisch und war der einzige, der alle Wahrheiten kannte. Paradoxerweise ist er somit ausgerechnet Kelsier sehr ähnlich, obwohl ihre Motivation zur Geheimniskrämerei sicher vollkommen unterschiedlich war. Man kann dem Obersten Herrscher vieles vorwerfen, doch er versuchte stets, sein Volk so gut wie möglich zu schützen. Er mag ein Tyrann gewesen sein, aber er war kein böser Mensch. Er wusste sich einfach nicht anders zu helfen. Natürlich erweist sich seine Verschwiegenheit nachträglich als fatal, denn dadurch sind Vin, Elant und ihre Freunde Ruin gegenüber nahezu hilflos. Nur Vins unfehlbare Intuition verschafft ihnen eine echte Chance. Ich bewundere sie dafür, wie beharrlich sie an ihren Überzeugungen festhält, obwohl ich finde, dass sie eindeutig zu viel Freude am Kampf und am Töten hat. Dadurch wirkt sie kaltblütig und mordlüstern; eine Facette ihrer Persönlichkeit, die ich beinahe als abstoßend empfinde und die mich hin und wieder vergessen ließ, dass sie auch eine weiche, zarte Seite hat. Meist ist es Elant, der diesen Teil herauskitzelt. Es ist schade, dass die beiden ihre Beziehung eigentlich nie ausleben können. Umso besser gefiel es mir, dass Sanderson ihnen eine sehr schöne Szene schenkt, in der sie zumindest ihren längst überfälligen Tanz nachholen können. Durch seinen schnörkellosen, pragmatischen Schreibstil erschien mir die Situation überhaupt nicht kitschig, sondern einfach… richtig. Sie brauchten diesen intimen Moment miteinander, um daran erinnert zu werden, wofür sie kämpfen. Es berührte mich, wie viel Kraft sie aus ihren Gefühlen für einander schöpfen. Ich wünschte, Sazed hätte auf einen ähnlichen Quell der Stärke zugreifen können. Er verkraftet den Tod seiner großen Liebe Tindwyl sehr schlecht und bürdet sich eine Mission der Selbstgeißelung auf, die ich völlig unsinnig fand. Trauer folgt eben einer eigenen Logik. Ich fand Sazed in „Herrscher des Lichts“ daher schwer zu ertragen, verstehe aber, dass Sanderson ihn in dieses schwarze Loch schubsen musste, um seine kathartische Epiphanie am Ende des Buches wirkungsvoller zu gestalten. Drama, Baby!

 

„Herrscher des Lichts“ ist meiner Meinung nach der stärkste Band des ersten „Mistborn“-Arcs. Das Finale der Trilogie ist unerwartet philosophisch und beschäftigt sich mit der Dreieinigkeit von Erschaffen, Bewahren und Zerstören. Die meisten Rätsel und Geheimnisse werden aufgeklärt, sodass ich das Letzte Reich angenehm befriedigt verlasse. Die Lektüre fühlte sich wirklich wie ein Abschluss an – ohne Abschiedsschmerz, ohne böses Blut, ohne Fragezeichen. Ich empfinde eine friedvolle, wohlwollende Ausgeglichenheit und blicke nun gespannt in die Zukunft. Wie wird sich die Welt der Nebelgeborenen in 300 Jahren verändert haben?
Ich bin noch immer überzeugt, dass die „Mistborn“-Trilogie einen guten Einstieg in die High Fantasy darstellt: nicht zu anspruchsvoll, nicht zu experimentell, dafür kreativ und aufregend. Selbst wenn dieses Genre normalerweise nicht eure Heimatbasis ist, wird euch die Macht der Metalle sicher für sich gewinnen.

Source: wortmagieblog.wordpress.com/2017/04/18/brandon-sanderson-herrscher-des-lichts
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review 2016-07-13 08:51
Nahrung für die eigenen Tagträume
Die Seiten der Welt: Blutbuch - Kai Meyer

Nach der Veröffentlichung meiner Rezension zu „Nachtland“ erwartete mich eine kleine Überraschung. Mit jeder Publikation eines neuen Blogbeitrags wird automatisch ein Tweet gepostet, den ich vorher formuliert habe. Ich wusste, dass Kai Meyer ebenfalls auf Twitter vertreten ist, ich habe aber nicht angenommen, dass er meine Rezensionen lesen würde. Da habe ich ihn wohl unterschätzt. Meyer antwortete auf meinen Post zu „Nachtland“ und ging sogar auf meine Kritik ein. Ich habe mich wahnsinnig darüber gefreut. Es ist eine große Ehre, dass sich ein berühmter Autor wie Kai Meyer die Zeit nimmt, meine Gedankengänge zu seinem Buch zu lesen. Wer weiß, vielleicht höre ich ja erneut von ihm, sobald diese Rezension zu „Blutbuch“ online ist.

 

Als die Ideen das Sanktuarium zerstörten, wurde Furia nicht ausgelöscht, sondern strandete zwischen den Seiten der Welt. Halb bewusstlos fand sie ein Bibliomant und brachte sie in die Nachtrefugien, einen ungastlichen Ort ewiger Dunkelheit, das schmutzige Geheimnis der Adamitischen Akademie. Hier leben die Tintlinge unter der Herrschaft von Phaedra Herculanea. Furia möchte heimkehren, aber die Urmutter der Bibliomantik hat andere Pläne. Die Macht, die Siebenstern Furia verlieh, wird ihr jetzt zum Verhängnis. Währenddessen verschlingen die Ideen die Errungenschaften der Bibliomantik. Die Akademie, angeführt von Cats Vater Jonathan Marsh, wird die Refugien aufgeben und die Zugänge verschließen, um den Vormarsch der Ideen aufzuhalten. Hunderte Menschen und Exlibri werden sterben.
Die bibliomantische Welt droht, in sich zusammenzubrechen. Nun liegt es allein in Furias Händen, sie zu bewahren. Die Bücher der Schöpfung rufen nach ihr. Doch welchen Preis wird sie für die Rettung einer ganzen Welt zahlen müssen?

 

Insgesamt hat mir „Blutbuch“ besser gefallen als der Vorgänger „Nachtland“, obwohl ich hin und wieder das Gefühl hatte, dass die Handlung etwas schwerfällig vorankommt. Meine Verbindung zu den Charakteren war stabiler und greifbarer; ich konnte mich besser in sie hineinversetzen. Ich könnte allerdings nicht definieren, was sich verändert hat. Im Wesentlichen sind die Figuren noch immer die gleichen, sie durchleben keine großen Entwicklungssprünge. Vermutlich ist meine gesteigerte Verbundenheit tatsächlich auf die äußeren Umstände zurückzuführen, die Furia und ihre Freunde in extreme Situationen bringen, in denen ich sehr leicht mit ihnen fühlen konnte. Furia, die zum Spielball verschiedener Parteien wird, weil sie eine Macht besitzt, über die sie nie verfügen wollte; Isis, die auf ihrer verzweifelten Suche nach ihrer Freundin immer tiefer in die verheerende Absolonsucht abrutscht; Cat und Finnian, die erkennen müssen, dass der Widerstand der Adamitischen Akademie allein einfach nicht gewachsen ist – die Atmosphäre der Ausweglosigkeit im Finale von „Die Seiten der Welt“ schweißte mich näher an die Akteure. Ich wünschte mir und ihnen ein Happy End. Die Vorstellung, der bibliomantischen Welt und all ihren Wundern langsam beim Sterben zusehen zu müssen, machte mich unglücklich. Natürlich habe ich die Hoffnung nie aufgegeben, doch speziell der Kampf gegen die Ideen beunruhigte mich, weil sie eine abstrakte Bedrohung darstellen. Wie verteidigt man überhaupt irgendetwas gegen manifestierte Gedanken? Mehr sind die Ideen ja im Grunde nicht und doch gefährden sie eine gesamte Welt, ach was rede ich, ein vollständiges Universum. In dieser Zeit der Not zeigt sich die Adamitische Akademie von ihrer hässlichsten Seite. Sie sind hilflos. Es wundert mich, dass die Akademie so lange Zeit das Zepter in der Hand behalten konnte. Hat sie jemals etwas Gutes hervorgebracht? Ich frage mich, wie sie ihre Autorität etablieren und rechtfertigen konnte. Wenn nicht einmal die mächtigsten Bibliomant_innen ihre Heimat und die Bibliomantik selbst schützen können, welchen Nutzen hat diese Institution dann? Es hat mich schockiert, was für ein labiles, empfindliches Konstrukt die bibliomantische Welt offenbar ist. Dass eine Welt, die auf Literatur fußt, von Ideen, ergo purer Kreativität, aus dem Gleichgewicht gebracht werden kann… Das ist fast schon lächerlich paradox. Ich glaube, Kai Meyer hat an philosophischen Gedankenspielchen dieser Art großen Spaß, was sich meines Erachtens nach auch darin offenbart, dass er in „Blutbuch“ das Schöpfungsthema erneut aufnimmt und weiterspinnt. Er wird konkret und veranschaulicht das Prinzip, nach dem die bibliomantische Welt aufgebaut ist, welches mir bereits aus der Science-Fiction und Fantasy bekannt war. Die Szene, die er dazu nutzt, erschien mir seltsam und schwer in den Kontext zu setzen, aber schließlich handelt es sich bei dieser Theorie um eine Abstraktion, die vom menschlichen Gehirn nur bis zu einem gewissen Grad erfasst werden kann – ein wenig Verwirrung ist da wohl durchaus angebracht.

 

„Blutbuch“ führt die Erzählstränge der beiden Vorgänger „Die Seiten der Welt“ und „Nachtland“ zusammen. Es ist der logische Abschluss einer aufregenden Geschichte, die sich durch Originalität und Detailverliebtheit auszeichnet. Meinem Empfinden nach wird ihr dieses Finale definitiv gerecht, trotz der etwas umständlichen Handlungskonstruktion. Nach meiner Erfahrung mit „Nachtland“ habe ich von „Blutbuch“ kein fulminantes Feuerwerk erwartet und wurde positiv überrascht. Besonders das Ende gefiel mir außerordentlich gut, weil es all die actiongeladenen vorangegangenen Ereignisse ruhig, gefasst und hoffnungsvoll ausklingen lässt.
Ich bereue nicht, mir die Trilogie „Die Seiten der Welt“ zugelegt und sie gelesen zu haben. Sie hielt zwar nicht ganz das, was ich mir durch den Hype davon versprochen hatte, war aber nichtsdestotrotz eine lohnenswerte Lektüre. Kai Meyers liebevoll ausgearbeitete bibliomantische Welt muss man einfach erlebt haben und sei es nur, um die eigenen Tagträume um die eine oder andere fantastische Idee zu bereichern.

Source: wortmagieblog.wordpress.com/2016/07/13/kai-meyer-blutbuch
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review 2015-02-16 20:49
Ein Finale, dass alles toppt!
Monument 14: Die Rettung (3): Roman (Heyne fliegt) - Emmy Laybourne,Ulrich Thiele

Inhalt:

 

Wenn du denkst, du bist in Sicherheit, fängt der Kampf erst an!

Es ist geschafft und ein Großteil der Greenway-Gruppe befindet sich auf sicheren Boden in einem Flüchtlingslager. Doch die Stimmung ist getrübt. Nicht nur einige Verluste hat die Truppe zu verbuchen, auch sind noch einige Eltern und Freunde vermisst. Unter den vermissten Eltern befinden sich auch die von Dean und Alex, und so beschließen die Beiden gemeinsam mit ihren Freund Astrid, Jake und Niko erneut aufzubrechen und die Familien wieder zusammen zu führen.

Eine Suche nach der Nadel im Heuhaufen beginnt und scheint sich schwerer zu gestalten als die Jugendlichen vermutet haben...

 

Meine Meinung:

 

Monument 14 - Die Rettung hebt sich komplett von seinen Vorgängern ab und kann auf ganzer Linie begeistern! Spielen die ersten beiden Bände der Monument 14 - Trilogie hauptsächlich im Greenway-Super-Market, so findet sich in diesem Band eine komplett neue Situation vor, denn den Jugendlichen ist die Fluch gelungen und finden Zuflucht in einem Flüchtlingslager in Denver.

 

Trotzdem fehlt es hier keines Falls an Spannung und auch das fesselnde Gefühl der ersten beiden Bände ist erhalten. Die Autorin greift ihr hohes Maß an Tempo erneut auf und schafft es dieses bis zum Abschluss der Trilogie zu halten und sogar zu steigern.

 

Auch der Gruppenzusammenhalt ist weiterhin sehr stark und nicht wie sich vermutet lässt abgeebbt nachdem sich alle in Sicherheit befinden. Daher fand ich es auch wirklich klasse, dass Jake, Astrid und auch Niko sich mit den beiden Brüdern zusammenschließen und auf die Suche nach deren Eltern machen. Auch die Dialoge zwischen den Charakteren sind sehr gut geschrieben und so bringen Jake und Dean auch erneut wieder den Leser das ein oder andere Mal zum Schmunzeln.

 

Was ich sehr positiv empfunden habe, war die deutliche Entwicklung die die Jugendlichen innerhalb der Trilogie durchgemacht haben. Am besten gefiel oder eher gefällt mir Dean, der vom schüchternen Außenseiter zu einer Art Truppenführer und Held herangewachsen ist.

 

Der Schreibstil der Autorin ist dem der anderen beiden Bände sehr ähnlich. Sie schafft es den Leser innerhalb weniger Zeilen zu fesseln und durch ihren flüssigen und sehr jugendlichen Schreibstil durch die Handlung hindurch zu geleiten, so dass man gar nicht bemerkt, wie schnell man sich doch dem Ende nähert!

 

Diese Trilogie baut sehr angenehm aufeinander auf und es wiederholt sich nicht ständig alles oder wird doppelt erzählt. Die Autorin fängt auch bei Band 3 an der Stelle an, an der der zweite Band geendet hat und schafft so einen guten und nachvollziehbaren Übergang zu den unterschiedlichen Bänden

 

Fazit:

 

Für mich ist diese Trilogie ein absolutes Highlight, dass ich wirklich jedem nur empfehlen kann! Sie ist spannend, fesselnd und sehr authentisch geschrieben und man hat das Gefühl, selbst die ganzen beschriebenen Erlebnisse und Geschehnisse an der Seite der Protagonisten zu erleben. Wirklich ein hohes Maß an Kopfkino-Faktor wird geboten! 

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