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review 2016-11-19 07:55
Ist Marie Lu noch nicht bereit für High Fantasy?
The Midnight Star - Marie Lu

Im Nachwort meiner Ausgabe von „The Midnight Star“, Finale der „The Young Elites“ – Trilogie, schreibt die Autorin Marie Lu, dass es ihr immer ein wenig peinlich ist, zuzugeben, dass die Protagonistin Adelina von ihr selbst inspiriert ist. Ich sehe dafür keinen Grund. Im Gegenteil, ich finde, sie sollte stolz darauf sein, dass sie ihre dunkle Seite anerkennt und akzeptiert. Wir alle tragen ein Biest in uns. Nur ist es dankenswerterweise nicht bei allen so ausgeprägt und lebendig wie bei Adelina. ;)

 

Adelina Amouteru hat all ihre Ziele erreicht. Sie ist die Königin von Kenettra. Sie befreite die malfettos. Ihre Streitmacht erobert in ihrem Namen zusätzliches Territorium. Die Inquisition folgt allein ihren Befehlen. Einzig die Liebe ihrer Schwester Violetta bleibt Adelina verwehrt. Seit sie aus dem Palast floh, ist Violetta verschwunden. Bis eines Tages ein Brief eintrifft und kaum verheilte Wunden aufreißt. Raffaele teilt Adelina mit, dass sich Violetta bei den Daggers aufhält. Sie liegt im Sterben. Ihre Kräfte zerreißen sie von innen. Raffaele erinnert Adelina an seine Theorie, dass die menschlichen Körper der Young Elites nicht für die göttliche Macht ihrer Fähigkeiten geschaffen sind. Er schlägt eine Allianz vor, um die Elites ein für alle Mal von ihrem Leiden zu erlösen. Adelina wittert eine Falle, doch sie kann nicht leugnen, dass auch ihre Fähigkeiten mehr und mehr außer Kontrolle geraten. Ihre Grausamkeit wächst von Tag zu Tag. Die Dunkelheit in ihrem Herzen flüstert ihr furchtbare Dinge zu, verhöhnt sie und quält sie selbst im Schlaf. Wird sie das Risiko eingehen, ihren Feinden zu vertrauen, um das Leben ihrer Schwester zu retten und sich selbst von den Stimmen zu befreien?

 

Ich frage mich, ob Marie Lu vielleicht noch nicht bereit war für die Königsklasse der High Fantasy. High Fantasy verlangt ein Gespür für Zusammenhänge und Feinheiten. Es verlangt eine exakte Kenntnis der fiktiven Welt, in der die Handlung spielt. Ich hatte das Gefühl, dass Marie Lu im Universum der „The Young Elites“ – Trilogie nur Gast war und nicht diejenige, die sie konstruierte. Das Worldbuilding ist skizzenhaft und roh. Die Kontinente und Länder sind nicht differenziert ausgearbeitet; ich sehe kaum Unterschiede, kein politisches Zusammenspiel und keine individuellen Kulturen, die Handlung und Charaktere beeinflussen. Sie hätte so viel mehr aus ihrem Setting herausholen können, nutzte es jedoch lediglich als Bühne für das Drama ihrer Figuren. In „The Midnight Star“ wird nicht deutlich, dass die Young Elites eine direkte Folge der Besonderheiten ihres Universums sind und ihre Existenz ausschließlich dort möglich war. Erst gegen Ende des Buches erklärt Marie Lu, dass das Blutfieber, welches die malfettos und die Elites hervorbrachte, das Ergebnis göttlicher Einmischung in weltliche Belange war. Obwohl ich mich freute, nun endlich zu verstehen, woher die Elites ihre übermenschlichen Fähigkeiten haben, hätte ich mir gewünscht, dass Glaubenssystem und Götterpantheon in den vorangegangenen Bänden besser etabliert worden wären. Mir war nicht bewusst, dass Glaube in dieser Welt eine große Rolle spielt. Ich kann mich nicht erinnern, Adelina jemals beim Beten erlebt zu haben.
Im finalen Band büßte die Antiheldin zahllose Sympathiepunkte ein. Adelina ist eine Heulsuse. Dass mir das vorher nie aufgefallen ist. Sie sieht sich stets als Opfer, fühlt sich grundsätzlich ungerecht behandelt und findet daher immer eine Legitimation für ihre Grausamkeit. Sie schiebt die Verantwortung für ihre eigene Verderbnis prinzipiell äußeren Einflüssen zu, mal ihren Feinden, mal den Stimmen in ihrem Kopf. Sie ist kaltblütig und gnadenlos und wundert sich dann darüber, dass sie kaum jemand mag und ihr so gut wie niemand vertraut. Ich hätte überhaupt keine Schwierigkeiten mit ihrer düsteren Persönlichkeit, würde sie denn dazu stehen, wie sie ist. Aber nein, Adelina ist ohne Fehl und Tadel. Die anderen sind schuld. Ich verstehe nicht, wie Magiano es an ihrer Seite aushält. Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, ist Adelina außerdem eine entsetzliche Königin. Ich weiß gar nicht, wie sie auf die Idee kommen konnte, dass sie für diesen Posten geeignet wäre. Sie hat keine Vision für Kenettra. Sie missbraucht ihre Macht für private, persönliche Ziele. Ihre einzig gute Tat ist die Befreiung der malfettos, die sie allerdings wieder ruiniert, indem sie alle Nicht-Gezeichneten unterdrückt und demzufolge erneut für Spannungen in ihrem Volk sorgt. Das Mädchen ist eine wandelnde Katastrophe und ich finde, dass Marie Lu am Ende der Geschichte sehr lasch mit ihr umgeht, weil sie dieses märchenhaft und hoffnungsvoll gestaltete. Ich bin nicht sicher, ob Adelina diese Güte verdient. Ich bin nicht sicher, ob sie Vergebung verdient.

 

Ich kann nicht abstreiten, dass ich mir vom Finale der „The Young Elites“ – Trilogie weit mehr versprochen habe. „The Midnight Star“ bringt all die Handlungsstränge der beiden Vorgänger irgendwie zusammen, aber richtig stimmig ist das Buch nicht. Mir fehlte vor allem die Kreativität, die ich sonst von Marie Lu gewohnt bin. Ich glaube, als sie den Auftakt „The Young Elites“ schrieb, wusste sie nicht, wohin ihre Geschichte sie führen würde. Sie hatte keinen Plan. Dadurch wirkte der zweite Band „The Rose Society“ holprig und darunter litt auch die Überzeugungskraft des finalen Bandes. Ich wünschte, ich könnte anders urteilen, doch ich denke wirklich, sie ist noch nicht bereit für die speziellen Anforderungen der High Fantasy, die von fleißiger, detaillierter Vorbereitung lebt.
„The Midnight Star“ schaffte es mit Hängen und Würgen auf 3 Sterne. Ich war großzügig, weil ich trotz der Mängel Spaß beim Lesen hatte und mich in der Atmosphäre der gesamten Trilogie sehr wohlfühlte. Ich mag Marie Lus Schreibstil und möchte ihren Mut, die Geschichte einer Antiheldin zu erzählen, honorieren. Ich hoffe allerdings, dass ihr nächstes Projekt „Warcross“ überzeugender ausfällt. Auch Vorschusslorbeeren verlangen Pflege.

Source: wortmagieblog.wordpress.com/2016/11/19/marie-lu-the-midnight-star
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review 2016-09-11 19:43
Ein emotionales Ende
Vergeltung im Münzhaus (Apothekerin Adelina, Band 6) - Petra Schier

Im Jahr 1408 wird Köln von einem Mörder heimgesucht. Der Kürschner van Oeche wird im Haus des Münzwechslers Birboim tot aufgefunden und seine Tochter Clara wird angeklagt, ihn ermordet zu haben. Adelina und ihre Familie sind sich jedoch sicher, dass Clara damit nichts zu tun hat. Zusammen mit ihrer Stieftochter Griet macht sich Adelina an die Aufklärung. Da kommt ihnen auch der Hauptmann Cristan Reese zur Hilfe, der nicht nur durch sein kluges Verhalten Eindruck bei Griet hinterlässt. Doch Griets Vergangenheit lastet schwer auf ihr und auch Cristan hat ein Geheimnis, dass ihn alles kosten könnte. Als er Griet ein Angebot macht, dass ihnen beiden zu einem ruhigen Leben verhelfen könnte, kann Griet dies nicht ausschlagen. Und plötzlich stellt sich das Leben aller Beteiligten auf den Kopf.

Der sechste und auch letzte Band der Adelina-Reihe hat mich sehr wehmütig gemacht. Ich wusste zwar schon lange, dass ich mich von Adelina Burka und ihrer Familie verabschieden muss, doch es nun endgültig zu wissen und das Buch auch noch beendet zu haben, war für mich persönlich sehr emotional.

Die Reihe hat mich jetzt sehr lange begleitet. Durch ihre sehr lebhafte Art des Schreibens, hat die Autorin mir die Familie Burka so nah gebracht, als würde sie in meiner Nachbarschaft leben. Ich habe viele Abenteuer mit ihnen bestanden, sie durch Tiefen und Höhen begleitet und vor allem Adelinas und in diesem Teil auch Griets Gefühlswelt intensiv miterlebt.

Im nun letzten Band der Reihe passiert natürlich wieder ein Mord. Diesmal muss der Kürschner dran glauben. Ein sehr unangenehmer Geselle. Seine Tochter, die er vor Jahren an einen Hurenwirt verkauft hat, gerät als erstes in Verdacht, ihn getötet zu haben und wird in den Turm gesperrt.
Und so fangen Adelina und ihre Stieftochter Griet an, zu recherchieren, um Clara aus dem Turm zu holen und den wahren Mörder zu finden. Nur sind sie sich gar nicht so sicher, ob Clara nicht doch etwas mit dem Mord an ihrem Vater zu tun hat.

Im Laufe der Geschichte gibt es natürlich so einige Ungereimtheiten und ständig hat man jemand anderen in Verdacht. Aber es gibt auch ständig neue Informationen.

Ganz nebenbei gibt es dann auch noch einen zweiten Handlungsstrang, der sich komplett um Griet und Cristan dreht. Die beiden tragen jeweils eine schwerwiegende Vergangenheit mit sich herum und wissen beide, dass sie dadurch unmöglich einen Ehepartner finden können. Und da beide um die Vergangenheit des anderen wissen, schließen sie einen Vertrag, der es ihnen möglich macht, ein ruhiges Leben zu führen.

Gerade Griets Vergangenheit ist grausam und man wünscht sich nichts mehr, als diese ungeschehen zu machen. Doch sie muss selbst damit klar kommen und braucht dafür auch viel Zeit. Als sie Cristan näher kennenlernt, merkt sie, dass es auch eine Zukunft geben kann, eine Aussicht auf ein Leben in Ruhe und Frieden. Doch Griet ist - verständlicherweise - sehr misstrauisch.

Der schon oben erwähnte bildhafte Schreibstil hat es mir wieder sehr einfach gemacht, dass mein Kopfkino viel zu tun hatte. So hatte ich wieder die Apotheke vor Augen oder auch Cristans Haus, das sich gegenüber dem Haus der Burkas befindet. Aber auch Köln selbst ist lebhaft geschildert. Das Leben dort ist hart, doch die Menschen sind zäh und sympathisch.

Die Autorin schildert diesmal mehr aus Sicht von Griet und Cristan. Wenn Adelina "zu Wort kommt", wird klar, dass sie in den Hintergrund treten muss. Adelina hat alles gefunden, was sie sich wünscht. Ihr Ehemann, ihre Kinder, ihr Haushalt, ihre Apotheke. Griet ist es, die nun einen Platz im Leben finden muss und so wird ihr natürlich der größte Teil in der Geschichte eingeräumt.


Ich gehe nun mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Lachend, weil mich Adelina und alle anderen so lange begleitet haben, weinend, weil die Reihe nun zu Ende ist und ich die mir so ans Herz gewachsenen Personen gehen lassen muss.
Normalerweise lese ich Bücher nicht doppelt. Hier gibt es wenige Ausnahmen, zu denen natürlich Harry Potter oder der Herr der Ringe gehört. Auch Rebecca Gables Waringham-Saga habe ich schon zweimal verschlungen. Petra Schiers Adelina-Reihe wird sich nun in diese Gruppe einreihen. Ich bin mir sehr sicher, dass ich die Bücher in ein paar Jahren nochmals lesen werde und dies mit gleicher Begeisterung.

Fazit:
Ein emotionales Finale der Reihe.

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review 2016-06-08 09:59
Die Düsternis hat einen Namen
The Rose Society - Marie Lu

Seit ich den gleichnamigen Auftakt von Marie Lus neuster Trilogie „The Young Elites” im Mai 2015 voller Begeisterung gelesen habe, fieberte ich der Fortsetzung „The Rose Society“ entgegen. Diese erschien im Oktober 2015, ich versuchte jedoch, mich zurückzuhalten, weil ich wusste, dass das Finale „The Midnight Star“ erst ein Jahr später im Oktober 2016 veröffentlicht würde. Im Mai 2016 hielt ich es nicht länger aus. Ich musste einfach wissen, wie es mit Adelina und den Young Elites weitergeht.

 

Adelina Amouteru wurde verraten. Familie und Freunde ließen sie im Stich, ihre Verbündeten wandten sich von ihr ab, weil sie ihre ungezügelte Macht fürchten. Adelina schwört, Rache zu nehmen. Begleitet von ihrer kleinen Schwester Violetta flieht sie nach Merroutas, um Kenettras Inquisition unter Teren Santoro zu entkommen und andere malfettos zu finden, die ähnliche Kräfte wie sie selbst besitzen. Sie plant, ihre eigene Gesellschaft von Elites zu gründen und mit ihrer Hilfe sowohl die Inquisition als auch die Dagger Society zu zerschlagen. Sie alle werden büßen für das Leid, das Adelina erdulden musste. Sie alle werden vor ihr zittern. Sie alle werden den Tag bereuen, an dem sie die Weiße Wölfin herausforderten. In ihrem blinden Bestreben nach Macht und Vergeltung bemerkt Adelina nicht, dass ihre Fähigkeiten, die sich von Schmerz und Angst nähren, sie zu verschlingen drohen. Sie verliert die Kontrolle. Die Dunkelheit ist ein Teil ihrer Seele – wird sie sich ihren Einflüsterungen hingeben oder an dem Guten in sich festhalten?

 

In „The Rose Society“ schildert Marie Lu die Geschichte von Adelinas Fall in die Dunkelheit. Wiederholt lässt sie sich verführen und gibt der unsagbaren Wut in ihrem Herzen nach, um skrupellos ihre Ziele zu erreichen. Adelina kennt keine Bescheidenheit. Adelina will Königin sein, basta. Sie ist überzeugt, dass ihre Macht allein als Anspruch genügt. Wehe, ihr kommt jemand in die Quere. Ihr könnt euch anhand dieser Beschreibung sicher vorstellen, dass es nicht einfach war, Adelina im zweiten Band der Trilogie „The Young Elites” zu ertragen. Ich wusste, dass Marie Lu „The Rose Society“ als das (bisher) düsterste Buch ihrer Karriere bezeichnet. Ich habe damit gerechnet, dass Adelina eine erschreckende Entwicklung durchleben wird; dass sie, berauscht von ihren Fähigkeiten, jegliches Gespür für Anständigkeit bewusst zum Schweigen bringt. Diesen Prozess zu erleben, empfand ich trotzdem als Herausforderung. Ich spürte, dass mir Adelina immer weiter entglitt und meine Verbindung zu ihr bröckelte. Ich wollte mich von ihr abwenden, konnte mich dem Sog der Geschichte aber nicht entziehen. Adelinas moralischer Verfall übte eine morbide Faszination auf mich aus, obwohl die Handlung, die diese Entwicklung einrahmt, meines Erachtens nach etwas holprig und nicht völlig überzeugend geriet. Für mich war es problematisch, Adelinas Pläne ernst zu nehmen, weil sie streng genommen keine Pläne macht. Sie reagiert lediglich, handelt selten vorausschauend und legt sich nicht ein einziges Mal eine längerfristige Strategie zurecht. Marie Lu lässt sie wie ein Blatt im Wind treiben, das mal hierhin, mal dorthin fliegt, ohne selbst Einfluss nehmen zu können. Adelina wird mit Situationen konfrontiert, auf die sie nicht vorbereitet ist und dementsprechend durch impulsive Entscheidungen bewältigen muss. Einzig ihre enormen Fähigkeiten und ihr Wille, erforderlichenfalls Leben zu opfern, erlauben ihr, Erfolge zu verzeichnen. Unterstützt wird sie dabei von ihrer kleinen Schwester Violetta und einem neuen Charakter, dem Elite Magiano. Ich fand ihre jeweiligen Rollen in der Geschichte äußerst interessant, da sie beide auf ihre Art ein Gegengewicht zu Adelinas geballter Negativität darstellen. Violetta agiert als Adelinas zartfühlendes Gewissen, erinnert sie aber stets an das Leid, dem sie unter ihrem grausamen Vater ausgesetzt war. Violettas Gegenwart ist für Adelina eine zweischneidige Klinge, die sie entweder beruhigt oder erzürnt. Sie fühlt sich von Violettas Fähigkeiten bedroht, da sie die einzige ist, die Adelina aufhalten könnte, erkennt jedoch ihr Potential als mächtige Waffe. Ihre Gefühle für ihre kleine Schwester sind widersprüchlich; sie ist hin- und hergerissen zwischen Liebe, Paranoia und eiskalter Berechnung. Magiano hingegen könnte Adelina vor sich selbst retten, wenn sie ihn ließe. Ich war entsetzt, dass sie nicht erkennt, wie gut er ihr tut. Magianos schalkhafte, gutherzige Positivität überfordert sie, weil sie sich nicht erlaubt, ihm völlig zu vertrauen. Stattdessen hält sie an Enzo fest, mit dem sie eine manische, verzehrende Leidenschaft verbindet, die der Düsternis ihrer Seele Nahrung bietet. Magiano würde Licht und Wärme in ihr Leben bringen, aber sie weigert sich, mehr in ihm zu sehen als ein Mittel zum Zweck und entscheidet sich erneut für die Dunkelheit.

 

Ich fand den ersten Band der Trilogie, „The Young Elites“, besser als die Fortsetzung „The Rose Society“. Nichtsdestotrotz verstehe ich, welche Absicht Marie Lu verfolgte und freue mich nun sehr auf das Finale „The Midnight Star“. Im zweiten Band werden einige Punkte angedeutet, die meine Neugier entfachen und auf einen fulminanten Abschluss hoffen lassen. Ich bin gespannt, ob Lu ihre finstere Antiheldin läutern oder bestrafen möchte. Ich habe noch nicht entschieden, welches Schicksal ich ihr wünsche, befürchte aber, dass es für Adelina bereits zu spät ist.
Für mich ist diese Trilogie reizvoll und lesenswert, weil sie so anders ist. Man trifft im Young Adult – Genre nicht oft auf Antiheld_innen. Selbst wenn ich „The Rose Society“ völlig enttäuschend gefunden hätte, würde ich weiterlesen, um herauszufinden, wie Marie Lu ihre Geschichte beenden wird. Glücklicherweise empfand ich das Buch allerdings als fesselnd und atmosphärisch, voller faszinierender Beziehungen und menschlicher Schattenseiten. Die Düsternis hat einen Namen: Adelina Amouteru.

Source: wortmagieblog.wordpress.com/2016/06/08/marie-lu-the-rose-society
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review 2015-10-21 09:51
Ein literarischer Actionfilm
The Power of Six (Lorien Legacies, Book 2) - Pittacus Lore

Für mich ist es nicht nachvollziehbar, warum die Reihe Lorien Legacies von Pittacus Lore nach dem ersten Band „I am Number Four“ bisher nicht weiter verfilmt wurde. Der Film kam 2011 in die Kinos; noch im gleichen Jahr wurde laut Drehbuchautorin Marti Noxon entschieden, dass die Fortsetzung vorerst zurückgestellt werde. Zwar erhielt der Film äußerst gespaltene Kritiken, doch das Einspielergebnis von rund 146 Millionen Dollar bei einem Budget von 60 Millionen Dollar (beide Angaben stammen von Wikipedia) kann sich meiner Meinung nach durchaus sehen lassen. Anscheinend sehen die Produktionsfirmen das ein bisschen anders. 2013 behauptete Regisseur D.J. Caruso, es werde über eine Fortsetzung gesprochen, weil das Publikum sich diese wünsche. Das ist zwei Jahre her und noch immer ist nichts passiert. Ich persönlich habe mich damit abgefunden, dass wohl nicht weiter verfilmt wird und habe zum Buch gegriffen.

 

Noch immer sind die Mitglieder der Garde über die ganze Welt verteilt. Zwar konnte Six John gegen die Mogadorians beistehen, doch wenn sie die Mogs ein für alle Mal besiegen wollen, müssen sie die anderen vier Lorianer ausfindig machen. Eine heiße Spur deutet nach Spanien. Dort lebt Nummer Sieben unter dem Namen Marina mit ihrer Cêpan Adelina seit vielen Jahren in dem kleinen Kloster Santa Teresa. In dieser Zeit scheint Adelina vergessen zu haben, dass sie keine Menschen sind. Sie weigert sich, Marina zu unterrichten und auszubilden. Marina muss ihre erwachenden Kräfte allein erforschen. Sie plant bereits heimlich, fortzugehen, als plötzlich die Hölle in Santa Teresa losbricht. Nach all den Jahren haben die Mogs sie gefunden. Können Six und John Marina rechtzeitig erreichen, um sie vor dem Schlimmsten zu bewahren?

 

Neue Infos! Ich weiß, wie die Geschichte weitergeht! Vier Jahre habe ich darüber nachgegrübelt und endlich habe ich Antworten bekommen! Ihr könnt euch sicher vorstellen, wie unglaublich gespannt ich war, als ich das Buch zur Hand nahm. Da ich direkt davor „I am Number Four“ gelesen habe, wusste ich bereits, dass ich meine Erwartungen hinsichtlich des Tempos der Geschichte etwas herunter schrauben musste. Für mich hat das gut funktioniert. „The Power of Six“ ist keine anspruchsvolle Literatur; es ist leichte Unterhaltung, die mich emotional abholte und mitriss. Die Konstruktion der Handlung ist garantiert verbesserungswürdig, ich konnte mich jedoch durchaus mit den Charakteren identifizieren und mit ihnen mitfiebern. Während „I am Number Four“ ausschließlich aus Johns Sicht erzählt wurde, kam nun in „The Power of Six“ eine weitere Perspektive hinzu: Marinas. Ich habe mich natürlich sehr darüber gefreut, sie kennenzulernen. Endlich ein weiteres Mitglied der Garde! Marina hat meiner Meinung nach einen speziellen Charme, da sie völlig anders aufgewachsen ist als John und Six. Ihre Persönlichkeit ist sanfter, weniger aggressiv, aber auch konfliktscheuer, was sicher mit der schwierigen Beziehung zu ihrer Cêpan Adelina und den strengen Regeln im Kloster zu tun hat. Sie ist ein wirklich liebes Mädchen, deren Kräfte zu ihrem Wesen passen. Pittacus Lore hat es mir sehr leicht gemacht, sie zu mögen und mit ihr mitzufühlen, weswegen ich mich unheimlich über Adelina geärgert habe. Ich konnte einfach nicht fassen, dass sie Marina so im Stich lässt.
Geärgert habe ich mich auch über Sarah. In „The Power of Six“ ist sie lange nicht so präsent wie in „I am Number Four“, was für mich völlig in Ordnung gewesen wäre, hätte sie nicht während ihres kurzen Auftritts einen ziemlichen Bock geschossen. In dieser Situation wurde mir klar, wie wenig Verständnis sie eigentlich für John und seine Lage hat. Sie hat nicht begriffen, dass er kein Mensch ist und Verpflichtungen hat, die ihrer Beziehung langfristig einiges abverlangen werden. Zu ihrer Verteidigung muss ich allerdings erwähnen, dass John letzteres ebenfalls entweder nicht versteht oder gekonnt ignoriert. John erschien mir in diesem zweiten Band insgesamt weniger sympathisch als im Vorgänger. Er ist stur, egoistisch, verhält sich häufig unüberlegt und verlässt sich stark auf Six. Ich empfand ihn nicht gerade als Teamplayer. Außerdem macht er gegen Ende des Buches einen wirklich kolossalen, vermeidbaren Fehler, der nicht nur Konsequenzen für ihn, sondern auch für seinen besten Freund Sam hat. Marina hat die Geschichte daher für mich mehr getragen als John. Ich hoffe, dass er sich im nächsten Band zusammen reißt, sich auf seine Prioritäten besinnt und alles dafür tut, seinen Fehler wieder auszubügeln. Andernfalls muss ich meine Meinung von ihm vielleicht überdenken.

 

Zusammengefasst fand ich „The Power of Six“ durchaus spannend und packend, mit der Handlung hatte dies jedoch erstaunlich wenig zu tun, da Pittacus Lore seine Geschichte weniger konsequent voran treibt, als möglich wäre. Es sind die Figuren, die eine emotionale Resonanz in mir erzeugen. Ich gebe zu, dass die Dramatik der Reihe bisher ein wenig plump und sehr actionlastig ist, aber nichtsdestotrotz macht mir das Lesen Spaß. Letztendlich ist dieses hohe Actionlevel auch der Grund, warum ich überzeugt bin, dass eine Verfilmung von „The Power of Six“ lohnenswert wäre.
Wenn ihr wissen wollt, wie die Geschichte nach „I am Number Four“ weitergeht, kommt ihr um „The Power of Six“ nicht herum. Ihr solltet euch allerdings darauf einstellen, dass diese Fortsetzung keinerlei schriftstellerische Brillanz aufweist, weder in der Konstruktion, noch im Schreibstil. Sie ist wirklich pure Unterhaltung, das literarische Äquivalent eines Actionfilms. Aber manchmal will man eben auch den Actionfilm sehen, nicht wahr?

Source: wortmagieblog.wordpress.com/2015/10/21/pittacus-lore-the-power-of-six
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review 2015-06-17 09:24
Überraschend düster und beeindruckend originell
The Young Elites - Marie Lu

Adelina Amouteru soll sterben. Für den Mord an ihrem Vater wird die gnadenlose Inquisition der Krone Kenettras sie hinrichten. Dass es ein Unfall war, ausgelöst von einer fantastischen Fähigkeit, die jahrelang unentdeckt in ihr schlummerte, spielt keine Rolle, denn Adelina ist eine malfetto – eine Überlebende des Blutfiebers, das Kenettra vor über 10 Jahren heimsuchte. Am Tag ihrer Hinrichtung kommt jedoch alles anders. Noch während der Scheiterhaufen unter Adelinas Füßen brennt, bricht ihre Fähigkeit erneut aus ihr hervor und im Schutz des aufwallenden Chaos retten die Young Elites, malfettos mit ähnlichen Kräften wie Adelina selbst, sie aus den Händen der Inquisition. Die Young Elites nehmen Adelina bei sich auf und lehren sie, ihre Fähigkeit zu nutzen und zu kontrollieren. Schnell stellt sich heraus, dass sie mächtiger ist als alle Young Elites vor ihr. Doch ihr Talent ist tief mit der Dunkelheit in ihrem Herzen verbunden. Als sie zwischen die Fronten der Inquisition und der Young Elites gerät, muss sie sich entscheiden: wird sie die Düsternis bezähmen oder sich von ihr verschlingen lassen und es allen heimzahlen, die ihr je Unrecht taten?

 

„The Young Elites“ war in vielerlei Hinsicht anders, als ich erwartet hatte. Für einen Young Adult-Roman ist es unheimlich düster und entspricht keinesfalls den gängigen Klischees des Genres. Marie Lu zeigt in ihrem neusten Trilogieauftakt eine völlig andere Facette ihres Könnens und überzeugte mich auf diese Weise ein weiteres Mal von ihrem Talent als Schriftstellerin. Besonders gefiel mir, dass „The Young Elites“ inhaltlich überhaupt nicht mit ihrer vorangegangenen Legend-Trilogie vergleichbar ist. Strukturell finden sich natürlich diverse Gemeinsamkeiten, doch was die Handlung betrifft, liegen Welten zwischen ihnen. Lu entführt ihre LeserInnen in ein Setting, das den malerischen, romantischen Flair des Italiens der Renaissance versprüht. Denkt an Paläste, an Wein, an wunderschöne mediterrane Villen, an fließende Kleider – schon seid ihr mitten in Kenettra. Dieses Land ist nur ein kleiner Teil einer viel größeren Welt, über die ich wohl in den nächsten Bänden mehr erfahren werde. Eines weiß ich jedoch bereits jetzt: in allen Ländern gibt es malfettos; der Unterschied liegt lediglich darin, wie sie behandelt werden. In Kenettra sind sie der Abschaum der Gesellschaft. Gehasst, gemieden, ausgegrenzt. Die Menschen fürchten eben alles, was anders ist und die malfettos sind anders. Das Fieber entstellte viele mit schrecklichen Narben und veränderte ihre Genetik, sodass ihre Haare ungewöhnliche Farben aufweisen. Einige wenige haben darüber hinaus spezielle Gaben, die von Feuer- und Windbeherrschung über das Erschaffen von Illusionen bis hin zur Manipulation von Tieren reichen. Sie sind die Young Elites und verfolgen ganz eigene Pläne hinsichtlich der Zukunft Kenettras. Sie sind keine uneigennützigen SuperheldInnen, die zur Rettung aller malfettos eilen, die ungerecht oder grausam behandelt werden. Mir gefiel diese Darstellung, obwohl die Einstellung der Young Elites der Grund dafür ist, dass die Protagonistin Adelina ihnen niemals völlig vertraut. Adelina ist eine schwierige, nichtsdestotrotz aber extrem interessante Hauptfigur, weil sie ein völlig anderes Kaliber ist als die üblichen Heldinnen des Young Adult-Genres. In den Anmerkungen des Buches schreibt Marie Lu folgendes:

„[…] I didn’t want to tell a hero’s journey; I wanted to tell a villain’s.”

Ich empfinde Adelina zwar nicht als Bösewicht oder Schurkin der Geschichte, doch sie ist definitiv ein düsterer, bedrohlicher und zum Teil sogar beängstigender Charakter. Sie ist kalt, rachsüchtig, hasserfüllt und ambitioniert in einem Maße, das sie über Leichen gehen lässt. Ihre Fähigkeit ist sehr eng mit diesen Eigenschaften verbunden; sie nährt sich von starken Emotionen wie Hass, Furcht, Leidenschaft, Neugierde und Ehrgeiz. Demzufolge basiert ihre Macht auf der Dunkelheit ihres Charakters, weshalb sie eindeutig äußerst gefährlich ist. Ich möchte weder mit ihr befreundet noch mit ihr verfeindet sein, aber ich liebe Marie Lu dafür, dass sie sich entschied, die Geschichte einer Protagonistin zu erzählen, die so gar nichts mit der gutherzigen Rebellin von nebenan zu tun hat. Dadurch bekam einfach alles eine völlig neue Perspektive; sogar die Andeutung einer kleinen Liebesgeschichte erhielt einen finsteren Anstrich. Trotz aller Faszination für Adelina muss ich jedoch zugeben, dass sie mir zeitweise gehörig auf die Nerven ging. Als sie zwischen der Inquisition und den Young Elites steht, ist sie unfähig zu erkennen, wie sie die Situation leicht entschärfen könnte – ich hätte sie gern ein bisschen geschüttelt und ihr gesagt, was sie tun soll. Ihre Unentschlossenheit und Unsicherheit schlug sich meiner Meinung nach auch im Aufbau von „The Young Elites“ nieder; die ersten zwei Drittel empfand ich als eher unspektakulär und recht langsam, doch im letzten Drittel zog Marie Lu das Tempo an und es wurde unheimlich spannend und aufregend, sodass ich das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen konnte.

 

Ich bin beeindruckt und fasziniert von „The Young Elites“. Ich muss gestehen, eine so düstere Geschichte, die sich intensiv mit den Abgründen der menschlichen Seele beschäftigt, hätte ich Marie Lu niemals zugetraut. Ich sehe so viel Potential in ihr, dass mir quasi der Kopf explodiert, wenn ich all die möglichen Handlungsstränge denke, die Lu aus diesem Trilogieauftakt spinnen könnte. Obwohl ich mit „The Young Elites“ strukturell ähnliche Probleme wie mit „Legend“ hatte, bin ich überzeugt, die Folgebände werden schlicht großartig sein. Tatsächlich kann ich mir sogar vorstellen, dass diese Trilogie als Gesamtwerk die Legend-Trilogie noch weit übertrifft. Danke Marie Lu für den Beweis, dass das Young Adult-Genre doch noch frischen Wind zu bieten hat!

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