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review 2019-07-23 09:17
Vornehmes Understatement
The Core (Demon Cycle #5) - Peter V. Brett

Peter V. Bretts Demon Cycle“ wurde im Verlauf von neun Jahren veröffentlicht. Insgesamt arbeitete der Autor jedoch deutlich länger an dem Fünfteiler, nämlich seit 1999. 18 Jahre verbrachte er mit der Geschichte und wusste von Anfang an, wie sie enden würde. Sein bestgehütetes Geheimnis. Deshalb war das Erscheinen des Finales „The Core“ 2017 für ihn emotional weniger aufreibend als für seine Fans, denn er hatte wesentlich mehr Zeit, sich konkret auf den Abschied vorzubereiten. Dennoch gesteht er, dass ihn der Abschluss der Saga sehr stolz macht – vollkommen zurecht, schließlich verdiente er sich mit dem Demon Cycle“ einen Platz in der A-Liga der High Fantasy.

 

„Der Schwarm wird kommen“. Zuerst halten Arlen, Renna und Jardir die düstere Prophezeiung des dämonischen Prinzgemahls Alagai Ka für eine Lüge. Doch seine lustvolle Genugtuung, als er ihnen erklärt, welche Folgen seine Gefangenschaft haben wird, kann keine Täuschung sein. Genüsslich berichtet er, dass die Dämonenkönigin bald Eier legen wird, aus denen weitere, junge Königinnen schlüpfen werden. Da er eingesperrt ist und seine stärksten Nachkommen ausgelöscht wurden, werden die verbliebenen, schwächeren Prinzen die Eier stehlen und fliehen, um überall in Thesa neue Dämonennester zu gründen. Der Hunger der frischgeschlüpften Königinnen wird unersättlich sein. Die Städte der Menschen schweben in höchster Gefahr, denn weder Siegel noch Mauern können dem Schwarm dauerhaft standhalten. Unwissentlich verdammten Arlen, Renna und Jardir die Menschheit. Ihnen bleibt keine andere Wahl, als Arlens riskanten Plan in die Tat umzusetzen und Alagai Ka zu zwingen, sie in den Horc zu führen. Können sie die gefährliche Reise durch das verschlungene Labyrinth des Abgrunds zur Brutkammer überleben und die Königin töten, bevor ihre Verbündeten an der Oberfläche von den Vorboten des Schwarms in die Knie gezwungen werden?

 

Ich beendete den Demon Cycle“, wie ich ihn begonnen habe: mit einem Leserausch. Die letzten 270 Seiten von „The Core“ verschlang ich innerhalb einer Nacht, weil ich einfach nicht schlafen gehen wollte, ohne zu wissen, wie das Buch endet. Ja, ich hatte Spaß. Es handelt sich um ein logisches, stimmiges und spannendes Finale, das die Reihe würdevoll und rund abschließt. Meiner Ansicht nach beinhaltet es keine losen Enden und wird den meisten Figuren gerecht. Ich bin zufrieden. Zufrieden, doch leider nicht überwältigt. „The Core“ ist ein intelligent und packend konstruierter High Fantasy – Roman, dessen Qualität ich keinesfalls absprechen möchte. Peter V. Brett wusste, was er tat, als er ihn schrieb und die Autorität, die er auf seine Geschichte vom ersten Band bis zu diesem Reihenabschluss ausübt, beeindruckt mich. Auf mich wirkte er von Beginn an kontrolliert und perfektionistisch, wodurch der Demon Cycle“ als ausgesprochen gewissenhafte, souveräne Reihe überzeugt. Der kleine, aber feine Nachteil dieses etwas pedantischen Stils liegt darin, dass er emotionale Intensität häufig vernachlässigt. Brett ist eher nüchterner Chronist als tief involvierter Akteur. Er ist nicht mittendrin, er bleibt distanziert, ja beinahe kühl und hielt auch mich als Leserin emotional zurück. „The Core“ stach mir nicht ins Herz, ich empfand keine starke Trauer oder Euphorie, obwohl ich mich über gewisse persönliche Fortschritte der Figuren natürlich freute. Der Abschied fiel mir überraschend leicht, weil ich erst sehr spät verinnerlichte, dass das Ende bevorstand. Brett setzte die Messlatte bisher so hoch an, dass eine Steigerung äußerst schwierig war und mir alle Entwicklungen daher als naheliegende Konsequenz erschienen. Tempo und Dramatik gleichen den vorangegangenen Bänden bis aufs Haar, trotz verschärfter Bedingungen. Den Menschen in Thesa wird bewusst, dass sie bislang nur die Spitze der dämonischen Bedrohung erlebt haben. Ihre Städte hätten längst überrannt werden können – die Horclinge erlaubten ihnen lediglich, sich sicher zu wähnen. Nun sehen sie sich koordinierten Angriffen ausgesetzt und erkennen, dass sie nahezu hoffnungslos unterlegen sind. Die Szenen an der Oberfläche fand ich sehr aufregend, wenngleich sie ausschließlich die gesellschaftliche Elite fokussieren und einige Entscheidungen bestimmter Individuen für mich nicht nachvollziehbar waren. Dennoch fühlte sich „The Core“ für mich kaum wie ein Finale an. Es fehlte der letzte Kick, der berühmte Wow-Effekt und die Atmosphäre schicksalhafter Endgültigkeit, die ich mir immer für einen Reihenabschluss erhoffe. Arlen ist der einzige, der mit einer ergreifenden letzten Szene von eleganter Schönheit einen echten Schlussakkord erhält, andere Charaktere mussten sich mit einem recht abrupten Ende abfinden. Irgendwie waren die letzten Seiten dann doch mehr Kurzschluss als Feuerwerk.

 

Ich bin nicht enttäuscht von „The Core“. Keineswegs. Ich hätte mir zwar mehr Pathos und Theatralik gewünscht, die die endgültige Atmosphäre transportieren, aber wenn ich ehrlich bin, hätte das nicht zu Peter V. Brett gepasst. Er ist eher der Typ für vornehmes Understatement. Außerdem glaube ich, dass der Demon Cycle“ dieses schlüssige, aber unaufgeregte Finale ohne Weiteres verkraftet, weil es eben nicht das Ende ist. Ich vermutete es bereits, als Stück für Stück die nächste Generation der Figuren auftauchte und sehe mich nun bestätigt: er kehrt in sein Universum zurück. Sein nächstes Projekt ist voraussichtlich eine Trilogie, die 15 Jahre nach den Ereignissen in „The Core“ spielt und – soweit ich es verstanden habe – die Kinder der Held_innen des Demon Cycle“ in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit rücken wird. Auftritte bekannter Gesichter inklusive. Man munkelt, der erste Band wird „The Desert Prince“ heißen. Amazon listet ihn für den 17. Oktober 2019, was ich durchaus für möglich halte. Angesichts dieser Neuigkeit erstaunt es mich nicht, dass „The Core“ keinen epischen, tränenreichen Abschied inszeniert – schließlich ist es nur ein Abschied auf Zeit.

Source: wortmagieblog.wordpress.com/2019/07/23/peter-v-brett-the-core
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review 2017-08-14 04:50
Rezension | Warten auf Bojangles von Olivier Bourdeaut
Warten auf Bojangles: Roman - Olivier Bo... Warten auf Bojangles: Roman - Olivier Bourdeaut,Norma Cassau

Beschreibung

 

George und seine außergewöhnliche Frau, die jeden Tag mit einem neuen Namen begeht, leben ein schillerndes Leben voller Tänze, Cocktails und funkelnder Abende im Kreise illustrer Freunde. Mitten in diesem bunten Paradies fühlt sich ihr Sohn pudelwohl. Doch genau wie in ihrem Lieblingssong »Mr. Bojangles« verbirgt sich hinter dem fröhlichen Anstrich eine dunkle und deprimierende Seite. Georges Frau ist schwer krank und wird in die Psychiatrie eingewiesen. Als sich die Lage verschlimmert wagen Vater und Sohn unter Anleitung der geliebten Frau und Mutter eine Befreiungsaktion, welche sie schließlich in ihr Wolkenschloss nach Spanien führt.

 

Meine Meinung

 

Dieses gelb leuchtende Cover mit einem Tanzpaar darauf hat mich sofort angesprochen. Die Rede ist von Olivier Bourdeauts Debütroman „Warten auf Bojangles“. Bereits der Klappentext verspricht ein außergewöhnliches Leseerlebnis und genau dieses Gefühl macht sich schon nach den ersten gelesenen Seiten bemerkbar.

 

"Seine Geschichte war wie seine Musik: schön, traurig und zum Tanzen." [Seite 20 (epub Version)]

 

In seinem Erstlingswerk erzählt Olivier Bourdeaut eine berührende Liebesgeschichte der anderen Art. Dabei werden die Ereignisse sowohl aus der Sichtweise des Sohnes, wie auch aus der Sichtweise des Vaters (George) beleuchtet. Hintergrund der Story ist ein kurios gezeichnetes Leben mit einer Mutter die ihren Sohn siezt und einem Vater der sich mit Lügengeschichten auskennt wie sonst keiner. Die Kindheit des Jungen ist dementsprechend in keinster Weise normal, jeder Tag bietet eine Vielfalt an neuen Möglichkeiten – man kommt sich vor wie in ein Kaleidoskop geraten.

 

"Ich sagte mir, dass mir selbst einige Tassen im Schrank fehlten und ich vernünftigerweise nicht einer Frau verfallen sollte, die gar kein Geschirr mehr im Schrank hatte, dass unsere Beziehung die eines Einbeinigen mit einer Gliederlosen wäre und dass diese Verbindung nur hinken und sich tastend in unvorhersehbare Richtungen bewgen könnte." [Seite 27 (epub Version)]

 

Während des Handlungsverlaufs spürt man deutlich, dass sich der kleine Junge weiterentwickelt und durch viel Liebe und Zuwendung zu einem rechtschaffenen Menschen heranwächst. Dieser junge Mensch versteht es dann auch mit der schwierigen Situation, die das Leben für ihn bereit hält, umzugehen. Eine Kernaussage der Geschichte kommt hier ganz deutlich zum tragen – mit Liebe und gegenseitiger Zuneigung ist alles möglich.

 

"Zu Hause log ich richtig herum, in der Schule verkehrt herum, für mich war es kompliziert, aber für die anderen einfacher." [Seite 29 (epub Version)]

 

Mit Leichtigkeit und Humor erzählt Olivier Bourdeaut eine geistreiche Familiengeschichte, die völlig bezaubernd und zugleich herzzerreißend dramatisch ist. Tänzelnd und mit Musik im Ohr schwebt man durch die Buchseiten bis einem der Hintergrund und die Tiefe der Geschichte bewusst werden. „Warten auf Bojangles“ ist für mich ein kleines Kunstwerk das sich vor allem durch seinen originellen Stil auszeichnet.

 

Fazit

 

Ein leichtfüßiger und tiefgründiger Roman der sich hervorragend als Sommerlektüre eignet.

Source: www.bellaswonderworld.de/rezensionen/rezension-warten-auf-bojangles-von-olivier-bourdeaut
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review 2017-08-01 10:33
Einen Hauch zu abenteuerlich und inszeniert
Fire & Ash - Jonathan Maberry

„Fire & Ash“ ist der letzte Band der postapokalyptischen Geschichte rund um den Teenager Benny Imura. Gerüchten zufolge ist die Reihe „Rot & Ruin“ jedoch nicht abgeschlossen. Angeblich kündigte der Verlag Simon & Schuster für 2018 und 2019 jeweils einen neuen Band an. Diese beiden zusammenhängenden Bände sollen im gleichen Setting neue Charaktere und eine komplett neue Handlung vorstellen. Ich fand keine Belege für diese Behauptung, weder beim Verlag, noch auf Jonathan Maberrys Website. Der einzige Hinweis sind Einträge für die Bücher auf Goodreads und ich habe keine Ahnung, woher diese Informationen stammen. Ich werde wohl einfach abwarten müssen, ob sich die Gerüchte bewahrheiten.

 

Louis Chong ist tot. Alle in Sanctuary wissen, dass Benny Imuras bester Freund starb, als er sich infizierte. Nur Benny weigert sich, ihn aufzugeben. Würde nur endlich jemand versuchen, Dr. McReadys Unterlagen oder am besten die Wissenschaftlerin selbst zu finden, könnte das Heilmittel entwickelt werden, das nicht nur Chong, sondern die ganze Welt retten würde. Leider wird Sanctuary von verstockten Soldaten geleitet, denen die Wünsche eines Teenagers nicht das Geringste bedeuten. Benny hält es nicht mehr aus. Begleitet von Nix, Lilah und Riot macht er sich auf eigene Faust auf die Suche nach der letzten Chance, die Chong hat. Draußen im Rot and Ruin müssen sie jedoch feststellen, dass sie nicht die einzigen sind, die sich für McReadys Forschungsergebnisse interessieren. Der psychopathische Saint John und die Mitglieder der Night Church suchen ebenfalls nach dem Heilmittel, das in den falschen Händen zu einer gefährlichen Massenvernichtungswaffe werden könnte. Der Wettlauf um das Schicksal der Menschheit hat begonnen.

 

Wisst ihr, wodurch ich merke, dass mir eine Rezension schwerfällt? Ich merke es, weil ich versuche, mich vor dem Schreiben zu drücken. Plötzlich fallen mir hundert Dinge ein, die ich stattdessen tun könnte. Ich mache mir selbst etwas vor, weil ich zu stur bin, um einfach zuzugeben, dass diese oder jene Rezension eine harte Nuss für mich ist. „Fire & Ash“ ist so ein Fall. Da, jetzt ist es raus, ich bekenne es. Ich kann nur leider überhaupt nicht erklären, wieso. Das (vorläufige) Finale der „Rot & Ruin“ – Reihe ist nicht schlecht. Während der Lektüre empfand ich das Buch als mitreißend wie eh und je und im Anschluss habe ich fleißig Notizen gemacht. Ich war beeindruckt von Jonathan Maberrys überzeugendem wissenschaftlichen Erklärungsansatz für die Natur der Zombieinfektion, der auf mich fundiert recherchiert wirkte. Ich mochte das Motiv der Hoffnung, personifiziert durch Bennys Generation, die Erbe und Schöpfer einer neuen Welt ist. Jetzt sind einige Wochen vergangen und in meinem Kopf herrscht gähnende Leere. Ich weiß nicht, woran es liegt, aber irgendwie hat dieses Finale trotz bewegter Dramatik wenig bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen. Vielleicht war die Geschichte doch zu vorhersehbar, denn ich habe nie daran gezweifelt, dass Benny und seine Freunde die Zombie-Postapokalypse überleben werden. Die Frage war lediglich, wie. Vielleicht war es der Schuss des guten, alten, amerikanischen Patriotismus, der meiner Ansicht nach vollkommen überflüssig für die Geschichte war. Vielleicht war „Fire & Ash“ auch einfach etwas arg pathetisch, obwohl ich beim Lesen durchaus das Gefühl hatte, dass mich dieses Pathos berührte. Im Nachhinein hingegen kommt mir Entwicklung, die Benny durchlebt, übertrieben vor. Er erreicht einen Status kühler Klarheit, den ich für unglaubwürdig halte. Ich bezweifle nicht, dass Benny schnell und radikal erwachsen werden musste, doch seine Entfaltung zum idealen Samurai, der eine Kampfsituation und sich selbst gefasst analysieren kann, erscheint mir unrealistisch. Er ist trotz allem ein Teenager. Die positive Seite daran ist jedoch, dass seine Beziehung zu Nix eine für die Young Adult – Literatur recht ungewöhnliche Wendung nimmt, was mir sehr gut gefiel. Unsterbliche Liebe auf den ersten Blick unter extremen Bedingungen war noch nie sehr lebensnah; ich finde es toll, dass Maberry einen anderen Weg wählt, der möglicherweise eine direkte Folge seines vorbildlichen Umgangs mit den Geschlechterrollen ist. Er behandelt Männer und Frauen gleichberechtigt und besonders Bennys Freundinnen beweisen eine Stärke, die alle kruden Ideen der Prinzessin in Nöten im Keim ersticken. Gut, Lilah ging mir fürchterlich auf die Nerven, weil ihre Umgangsformen schlicht inakzeptabel sind, aber nichtsdestotrotz erkenne ich ihre Unabhängigkeit an.

 

Letztendlich weiß ich nicht genau, warum sich „Fire & Ash“ nicht in dem Ausmaß in meinem Gedächtnis festsetzte, das ich erwartet hatte. Es handelt sich definitiv um ein angemessenes Finale und hat viel Positives zu bieten. Der Kampf gegen die Zombies mutierte im Lauf der Reihe zu einem Kampf der Menschheit selbst, gegen religiösen Fanatismus und die drohende Gefahr, die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen. Jonathan Maberry erfasst die Konflikte, die sich innerhalb seiner beängstigenden Zukunftsvision ergeben, hervorragend und verleiht der gesamten Thematik der Zombie-Postapokalypse überraschenden Tiefgang. Ich kann nicht erklären, wieso mich „Fire & Ash“ nicht nachhaltiger beeindruckte, obwohl es die vielen feinen Nuancen, die Maberry sorgfältig etablierte, zu einem explosiven, dramatischen Abschluss bringt. Ich vermute, dass es mir einen Hauch zu abenteuerlich und inszeniert war, möchte mich darauf aber nicht unumstößlich festlegen. Diese marginalen Schwierigkeiten qualifizieren sich jedoch als Jammern auf hohem Niveau, weshalb ich nicht zögere, euch die Reihe „Rot & Ruin“ trotzdem zu empfehlen. Die Young Adult – Literatur ist so überflutet von flachen, klischeebeladenen, bedeutungsarmen Geschichten, dass jeder Versuch, es anders zu machen, enthusiastisch unterstützt werden sollte. Jonathan Maberry macht es anders und dafür gehören ihm mein Respekt und meine Anerkennung.

Source: wortmagieblog.wordpress.com/2017/08/01/jonathan-maberry-fire-ash
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review 2017-07-04 11:10
Die seltsamste Rezension, die ich je geschrieben habe
Harry Potter: Harry Potter und das verwunschene Kind. Teil eins und zwei (Special Rehearsal Edition Script) - J.K. Rowling,John Kerr Tiffany,Jack Thorne,Anja Hansen-Schmidt,Klaus Fritz

Die Rezension zu „Harry Potter und Das verwunschene Kind“ ist vermutlich die seltsamste, die ich jemals geschrieben habe. Die ganze Situation ist maßlos seltsam. Bereits die Aussicht, nach all den Jahren ins Potter-Universum zurückzukehren, erst durch den Reread (gemeinsam mit meiner Schwester im Geiste Marina aka DarkFairy) und jetzt durch eine neue Geschichte, löste in mir eine wahre Flut verschiedener, teils gegensätzlicher Emotionen aus.

 

Als ich erfuhr, dass sich Joanne K. Rowling mit dem Drehbuchautor Jack Thorne und dem Theater-Regisseur John Tiffany zusammengetan hatte, um die „Harry Potter“ – Reihe mit einem Theaterstück weiterzuführen und dieses als Buch erscheinen sollte, war ich erst nicht sicher, ob ich es überhaupt lesen wollte. Vielleicht erging es einigen von euch ähnlich. Die Romane dieser Reihe sind mir heilig; sie sind ein bedeutender Teil meiner Kindheit, Jugend und meines erwachsenen Lebens. Der ursprünglich letzte Band „Harry Potter und Die Heiligtümer des Todes“ erschien 2007 – 2016, neun Jahre später, sollte es nun also eine Fortsetzung für die Bühne geben? Das erschien mir wie ein Sakrileg. Blasphemie. Hatten Jack Thorne und John Tiffany überhaupt eine Ahnung von „Harry Potter“? Wussten die beiden Männer, welches enorme Erbe sie antreten wollten und wie viel Verantwortung sie damit auf ihre Schultern luden? Potterheads sind empfindliche, verletzliche Wesen, deren Zorn furchtbar sein kann, beschmutzt man das Andenken an „ihre“ Bücher. Ich bin da keine Ausnahme. Die Geschichte des Zauberlehrlings ist für uns eben nicht nur eine Geschichte. Sie ist literarische Magie. Wir lachten, weinten, bangten mit Harry und wurden an seiner Seite erwachsen. Dieses ominöse Stück, „Harry Potter und Das verwunschene Kind“, musste schon verdammt gut sein, um der Erinnerung an Jahre der Liebe und Verbundenheit gerecht zu werden.

Was mich letztendlich überzeugte, das Bühnenstück doch zu lesen, war – neben purer Neugierde – Joanne K. Rowlings Mitarbeit. Ich dachte, wenn Harrys schriftstellerische Mutter das Projekt überwachte, für gut befand und darauf achtete, dass es sich homogen in die Reihe einfügte, konnte mein Risiko nicht allzu groß sein. Ich gestand ihr einen Vertrauensvorschuss zu und wollte daran glauben, dass sie niemals zulassen würde, dass Harry in diesem neuen Buch lächerlich gemacht würde. Sie kennt die Fans. Sie weiß, was Harry uns bedeutet. Ich bin überzeugt, dass er ihr mindestens genauso viel bedeutet. Also ließ ich mich auf das Experiment ein und kaufte „Harry Potter und Das verwunschene Kind“, womit es übrigens der erste Potter überhaupt ist, den ich selbst bezahlte.

 

19 Jahre ist es her, dass Harry Potter Lord Voldemort bezwang und die Welt rettete. Der verzweifelte Waisenjunge wurde erwachsenen. Er wurde ein überarbeiteter Ministeriumsangestellter, ein Ehemann, der Vater dreier Kinder. Harry liebt seine Familie, nur sein mittlerer Sohn Albus Severus bereitet ihm Sorgen. Albus ist nicht wie seine Geschwister James und Lily. Er ist anders und kann mit dem Vermächtnis seines berühmten Nachnamens nicht umgehen. Er will mit dem Erbe seiner Geburt nichts zu tun haben. Als ihn der Sprechende Hut bei seiner Aufnahme in Hogwarts nach Slytherin schickt und er sich ausgerechnet mit Scorpius Malfoy, Draco Malfoys Sohn, anfreundet, reißen die Gräben zwischen Vater und Sohn stetig weiter auf. Dunkle Zeichen werfen ihre Schatten am Horizont und plötzlich scheint es, als hole Harry die Vergangenheit ein. Wird er seinen Sohn vor den gleichen finsteren Mächten beschützen können, die einst auch sein Leben bedrohten? Oder ist die Kluft zwischen ihnen längst zu groß?

 

Als ich „Harry Potter und Das verwunschene Kind“ aufschlug, wusste ich, dass Harry nicht mehr derselbe sein würde. Der Held meiner Kindheit ist erwachsen geworden. Ich war bereit, ihn noch einmal ganz neu kennenzulernen. Ich freute mich darauf, seine Familie zu treffen, auf die ich am Ende des letzten Bandes „Harry Potter und Die Heiligtümer des Todes“ einen kurzen Blick werfen durfte. Tatsächlich beginnt „Das verwunschene Kind“ mit genau dieser hoffnungsfrohen, berührenden Szene in King’s Cross, in der Harry und Ginny ihre beiden Söhne am Hogwartsexpress verabschieden. Ich fühlte mich auf den älteren Harry vorbereitet. Worauf ich hingegen nicht vorbereitet war, ist das Konzept des Bühnenstücks. Es fiel mir unheimlich schwer, mich auf das Skript einzulassen und mich daran zu gewöhnen, dass die Geschichte aus vielen kurzen Szenen besteht, die die Handlung rasant vorantreiben. Mal davon abgesehen, dass ich mir kaum vorstellen kann, wie diese rasche Abfolge von Szenenwechseln auf der Bühne umsetzbar ist, stotterte und stockte mein Kopfkino gewaltig. Ich war erst zu Beginn des zweiten Aktes wirklich drin, obwohl die Regieanweisungen erstaunlich umfangreich sind und beinahe an Prosa erinnern. Ich hatte das Gefühl, dass sich Joanne K. Rowling arg zurückhalten musste, um die Szenen nicht zu ausschweifend zu beschreiben. Grundsätzlich stört dieser Detailreichtum selbstverständlich nicht, doch ein Teil von mir begann sich schmollend zu fragen, wieso sie nicht gleich einen Roman schrieb, wenn sie so viel zu sagen hatte. Wieso ein Stück, mit all seinen Begrenzungen und Einschränkungen?

 

Die Geschichte fokussiert einerseits den erwachsenen Harry Potter und andererseits seinen komplizierten, mittleren Sohn Albus Severus. Der erste Akt rauscht durch Albus‘ erste Jahre in Hogwarts und zeigt, wie schwer er es sowohl in seiner Familie als auch in der Schule für Zauberei hat. Albus gehört nirgendwo richtig dazu; er ist anders als seine Geschwister und fühlt sich in Hogwarts nicht wohl. Er empfindet sich selbst als das berüchtigte schwarze Schaf. Er kann den Erwartungen, die in ihn als Sohn des berühmten Harry Potter gesetzt werden, nicht gerecht werden und erlebt seine Schulzeit daher als Außenseiter. Seine Freundschaft zu Scorpius Malfoy erschwert seine Situation zusätzlich, da über Scorpius grauenvolle Gerüchte kursieren und dieser ebenso ausgegrenzt wird wie Albus selbst. Ich mochte die beiden trotzdem sehr gern. Ich erkannte in Albus die Züge seines Vaters: sein gutes Herz, seinen Mut, seine Abenteuerlust, aber auch die Trotzhaltung, die Harry vor allem im fünften Band „Der Orden des Phönix“ an den Tag legte. Scorpius hingegen ist völlig anders als sein Vater. Ich sah in ihm nichts, was mich an Draco erinnerte – das könnt ihr durchaus als Kompliment werten. Angesichts der grausamen Dinge, die über Scorpius behauptet werden, finde ich, dass er sogar bemerkenswert gut geraten ist. Es überraschte mich nicht, dass Albus sich in die Freundschaft zu ihm flüchtet, weil er sich in seiner Familie missverstanden und ausgeschlossen fühlt.

 

Die Beziehung zwischen Albus und Harry brach mir fast das Herz. Es ist furchtbar traurig, dass sie überhaupt keinen Draht zueinander haben, obwohl sie sich so ähnlich sind. Marina, mit der ich mich während der Lektüre weiterhin alle 100 Seiten austauschte, bemerkte, dass Harry erneut beweist, wie wenig Einfühlungsvermögen er besitzt. Mein erster Impuls war, ihn heftig zu verteidigen, doch je länger ich darüber nachdachte, desto bewusster wurde mir, wie Recht sie hat. Es ist wahr, Harry ist überhaupt nicht in der Lage, sich in seinen „missratenen“ Sohn hineinzuversetzen. Es war, als würden sie in unterschiedlichen Sprachen permanent aneinander vorbeireden. Albus tat mir schrecklich leid, weil Harry in seiner Rolle als Vater in diversen Szenen kläglich versagt. Es ist nicht Albus‘ Schuld, dass er sich nicht mit seiner Familie identifizieren kann; es ist die Aufgabe seiner Eltern, ihm Liebe, Geborgenheit und Verständnis zu vermitteln.

 

Es war ein wenig befremdlich, wenn auch interessant, Hogwarts mit den Augen eines Protagonisten zu sehen, der sich dort nicht Zuhause fühlt. Ich bin so daran gewöhnt, die Schule als romantisiertes, idealisiertes Paradies für heimatlose, einsame Kinder wahrzunehmen, dass es mir schwerfiel, mich daran zu erinnern, dass es immer Schüler_innen gab, die Hogwarts nicht als Antwort auf ihre Gebete erlebten. Mobbing, Lästereien und fiese Gerüchte gehören ebenso zum Alltag wie der Unterricht. Harry erfuhr am eigenen Leib, wie gemein seine Mitschüler_innen sein konnten, doch die Ablehnung, die ihm entgegenschlug, hatte ja meist mit seiner speziellen Position innerhalb der Gemeinschaft von Zauberern und Hexen zu tun. Ich übersah dadurch, dass es durchaus Kinder gab, die ohne besonderen Grund gehänselt wurden, nur, weil sie anders aussahen, ärmer als die anderen oder tollpatschig waren wie Neville Longbottom. Severus Snape, Albus Severus‘ Namensvetter, war in Hogwarts vermutlich niemals glücklich und Draco Malfoy ebenfalls nicht. Es betrübt mich, dass sein Sohn das Gleiche erleben muss.

 

Inhaltlich ist „Das verwunschene Kind“ eine logische Fortsetzung der Originalreihe. Natürlich ist der Zeitsprung enorm – in den knapp 20 Jahren, die seit der Schlacht von Hogwarts vergingen, ist einiges passiert, doch das Universum wurde nicht vollkommen auf den Kopf gestellt. Im Gegenteil, Rowling verdichtet ihre Welt sogar weiterhin und offenbart das eine oder andere Detail, das bisher im Dunkeln lag. Es gefiel mir hervorragend, dass sie sich nicht auf ihren Lorbeeren ausruht.
Die Handlung knüpft an ein altes Unrecht aus Harrys Teenagerzeit an, was ich einfach großartig fand, weil es meiner Meinung nach naheliegend und realistisch ist. Selbst nach all dieser Zeit lässt diese spezielle Wunde Harry keine Ruhe und belastet sein Gewissen schwer. Angesichts dessen, dass ich mich während des Rereads mental intensiv mit diesem Vorfall auseinandergesetzt habe und zu dem Schluss kam, dass dieser extrem wichtig für seine Entwicklung war, wunderte es mich überhaupt nicht, dass Harry noch immer unter den Erinnerungen leidet. Er hat sich nie verziehen, was damals geschehen ist.

 

Diese Empfindungen sind der Ausgangspunkt der Ereignisse des Stücks, die in der Folge zu den für die „Harry Potter“ – Bände typischen turbulenten Verwicklungen führen. Action, Humor, Dramatik, philosophische Tiefe, Kreativität und große Emotionen ergeben erneut die Mischung, die ich seit meinem neunten Lebensjahr liebe. Es war fabelhaft, alte Bekannte wiederzutreffen und zu sehen, was aus ihnen geworden ist, obwohl nicht alle Lebensläufe meinen Erwartungen entsprachen. Harry zum Beispiel ist beruflich wesentlich erfolgreicher, als ich angenommen hatte und Hermine… Hermine ist noch immer außergewöhnlich. Belassen wir es dabei. ;) Der einzige, mit dessen Rolle ich unglücklich war, ist Ron. Wo ist der loyale, gutherzige Junge geblieben, der für seine Freunde über Leichen gehen würde? Ich habe ihn kaum wiedererkannt, denn in „Das verwunschene Kind“ ist er zum lächerlichen Kaspar verkommen, über dessen Scherze niemand wirklich lachen kann. Er ist der vermeintlich witzige Sidekick, der am laufenden Band unpassende Kommentare absondert. Ich finde das ungerecht, weil er diese Position meines Erachtens nach nicht verdient. Ron ist Harrys bester Freund, kein seichter Möchtegern-Witzbold.

 

Ich habe für „Harry Potter und Das verwunschene Kind“ gerade mal 2 Tage gebraucht. Kaum angefangen, war ich schon wieder durch. Schwupps. Ich muss gestehen, es ging mir zu schnell. Die Geschichte war zu kurz. Ich weiß, ich weiß, das liegt daran, dass es ein Stück ist, aber wie bereits erwähnt, sagt mir dieses Konzept grundsätzlich nicht zu. Ich vermute, dass Jack Thorne und John Tiffany damals an J.K. Rowling herantraten, nicht andersherum und die Geschichte deshalb genau auf die Bühne zugeschnitten ist – aber ich bin irgendwie ein bisschen enttäuscht. Was hätte Rowling aus diesem Stoff herausholen können, hätte sie sich für einen Roman entschieden? Wir hätten garantiert wieder einen 600 Seiten – Wälzer vorgesetzt bekommen. Ich kann einfach nicht leugnen, dass mir das besser gefallen hätte. Ich hätte mich gern zum Abschluss noch einmal richtig im Potter-Universum gesuhlt, wäre gern ganz tief eingetaucht und hätte jeden Satz so lange ausgekostet, bis quasi nichts mehr von ihm übrig wäre. Durch den Rahmen des Schauspiels ging das nicht, weil das Tempo und die Taktung vollkommen anders sind, eben an die Bühne angepasst, auf zwei Abende der Unterhaltung ausgelegt. Es ist nicht die Geschichte an sich – die gefällt mir sehr, aber ich bin überzeugt, dass ich von einem Roman mehr gehabt hätte. Schade. Trotzdem, sollte das Stück jemals nach Deutschland und Berlin kommen, werde ich es mir ansehen.

 

Insgesamt bin ich glücklich mit „Harry Potter und Das verwunschene Kind“. Vielleicht hätte es diese Fortsetzung nicht unbedingt gebraucht, vielleicht war sie nicht notwendig, doch ich finde, das Stück ist inhaltlich eine angemessene Ergänzung der Originalreihe und für wahre Potterheads ein Muss. Ich bin allerdings traurig, dass es nun endgültig vorbei ist. Der Abschiedsschmerz lastet schwer auf meinem Herz. Ich möchte Harry nicht Lebewohl sagen. Wobei, eine kleine Chance besteht. Bei J.K. Rowling weiß man ja nie. Möglicherweise packt es sie eines Tages doch noch mal. Ich bin sonst kein Fan davon, eine Geschichte ewig weiterzuführen und ihr nicht den Abschluss zu gönnen, den sie verdient, aber in diesem Fall… Ich liebe das Universum einfach zu sehr. Ich möchte zurückkehren. Ich möchte neue Abenteuer. Aber dann bitte als Roman.

Source: wortmagieblog.wordpress.com/2017/07/04/joanne-k-rowling-jack-thorne-john-tiffany-harry-potter-und-das-verwunschene-kind
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review 2016-02-03 09:24
Bisher der schwächste Band
Beautiful Chaos - Margaret Stohl,Kami Garcia

Ethan dachte, er wüsste was Chaos bedeutet. Er dachte, all die Monate, die er mit Lena verbracht hat, hätten ihn für jegliche magischen Schwierigkeiten abgehärtet. Er lag falsch. Seit die beiden von der Great Barrier zurück sind, erhält das Wort „Chaos“ völlig neue Dimensionen. Die Ordnung der Dinge selbst ist zerstört, aus dem Gleichgewicht gebracht von Lenas Berufung. Gatlin wird von beängstigenden Naturphänomenen heimgesucht. Die Caster verlieren die Kontrolle über ihre Kräfte. Link und Ridley müssen lernen, mit den Veränderungen zurecht zu kommen, die der Kampf mit Abrahams Schergen bei ihnen auslöste. Marian soll sich vor dem Gericht der Bewahrer verantworten, weil sie sich angeblich in den Lauf der Geschichte eingemischt hat. Alles droht, in sich zusammen zu brechen. Die Welt braucht eine Neue Ordnung, um nicht völlig aus den Fugen zu geraten und sich von den Ereignissen an der Great Barrier zu erholen. Ethan und Lena müssen herausfinden, was das Schicksal von ihnen verlangt. Sind sie bereit, die Verantwortung für ihr Handeln zu übernehmen und Opfer zu bringen, wie schrecklich sie auch sein mögen?

 

Ich habe die Handlung von „Beautiful Chaos“ nicht völlig verstanden. Mir ist natürlich absolut klar, was passiert, aber ich habe nicht begriffen, warum es passiert. Die Zusammenhänge sind mir ein Rätsel. Chaos ist da wirklich das richtige Wort. Ethan und Lena kehren von der Great Barrier zurück und stürzen ansatzlos in den Wirrwarr, der in ihrer Heimat Gatlin herrscht. Nichts ist so, wie es sein soll; alles ist irgendwie pervertiert und auf den Kopf gestellt. Kami Garcia und Margaret Stohl vermittelten mir, dass Lena und ihre Berufung für diese Situation verantwortlich sind. Ihre Entscheidung hat die alte Ordnung der Dinge zerstört. Ich verstehe nicht, wie das sein kann. Ihr Entschluss mag revolutionär sein, doch sie ist nur eine einzelne Caster und meiner Meinung nach hat sie bereits mindestens einen Zauber gewirkt, der weit mehr in die Ordnung eingriff. Die beiden Autorinnen gehen viel zu wenig auf die Gründe für diese Entwicklung ein. Sie stellten mich vor vollendete Tatsachen, ohne mir zu erklären, warum Lenas Entscheidung so heftige Auswirkungen hat. Ebenso wenig konnte ich nachvollziehen, dass es nur eine äußerst radikale Möglichkeit gibt, eine Neue Ordnung herzustellen. Es kam mir so vor, als sei der präsentierte Handlungsverlauf einzig und allein der Dramatik geschuldet, ohne tatsächlich durch die Geschichte motiviert zu sein, weshalb ich nicht völlig überzeugt davon war. Im Ergebnis erschien mir „Beautiful Chaos“ weniger zusammenhängend und in sich geschlossen als die beiden Vorgänger. Bisher ist er meiner Meinung nach der schwächste Band der Reihe, obwohl mir die verdrehte Atmosphäre gefiel und ich ein weiteres Mal emotional mit den Charakteren mitfiebern konnte. Meine Sympathien verteilten sich allerdings anders, weil ich es schwierig fand, an Ethan heranzukommen. Die Ereignisse der letzten Bände haben ihn verändert. Ihm fallen Stück für Stück immer mehr kleine Seltsamkeiten an sich selbst auf, die ihn belasten, über die er aber mit niemandem spricht. Dadurch strahlt er eine merkwürdige Präsenz aus; er wirkt zurückgezogen und nicht mehr komplett in der Realität verankert, als würde er traumwandeln. Es hat mich wahnsinnig gemacht, dass er sich nicht helfen lässt und stattdessen lieber versucht, allein mit seiner Lage fertig zu werden. Er weiß doch, wie gefährlich diese Geheimniskrämerei ist. Sowas Unvernünftiges. Es fiel mir schwer, ihn genauso zu mögen wie in den Bänden zuvor. Stattdessen konnte sein liebenswerter bester Freund Link zahllose Pluspunkte sammeln. Ethan hätte sich zweifellos eine Scheibe von ihm abschneiden können, denn die Art und Weise, in der Link mit seinem neuen Leben umgeht, ist bewundernswert. Er zeigt ein gesundes Interesse an seinem Zustand, hat unheimlich schnell gelernt, die Veränderung zu akzeptieren und setzt sich voller Neugier damit auseinander. Man muss eine heikle Situation nicht noch komplizierter machen, als sie sowieso schon ist. Link zerbricht sich nicht den Kopf über Konsequenzen oder Implikationen, die er ohnehin nicht absehen kann und nimmt es einfach, wie es kommt. Ich fand das unheimlich mutig. Leider verhält er sich in Bezug auf Ridley nicht ganz so gescheit. Ich hatte große Hoffnungen für Lenas Cousine, die sie unglücklicherweise alle enttäuscht hat. Es ist nicht leicht, eine gewisse Toleranzgrenze für Ridleys Handeln aufrecht zu erhalten. Ich versuche wirklich, Verständnis für sie zu haben, aber sie ist einfach eine egoistische Bitch. Ja, ich weiß, das sollte man nicht sagen und vermutlich ist ihre Psyche ein dunkler, verzerrter Ort, der all ihre schändlichen Taten relativiert, doch was ankommt, ist eben schlicht und ergreifend Boshaftigkeit. Sie verdient weder Link, noch die Rücksicht ihrer Familie, allen voran Lena.

 

Im Klappentext meiner Ausgabe von „Beautiful Chaos“ steht, dass es dieses Mal kein Happy End geben wird. Das stimmt. Wenn ihr diesen dritten Band lesen möchtet, solltet ihr euch darauf einstellen, dass euch ein fieser Cliffhanger am Ende erwartet – und davor jede Menge Schmerz. Meinem Empfinden nach ist „Beautiful Chaos“ reichlich finster, aber nicht ganz so überzeugend wie „Beautiful Creatures“ und „Beautiful Darkness“. Die kausale Kette der Ereignisse erschloss sich mir einfach nicht, obwohl ich fest überzeugt bin, dass Garcia und Stohl eine klare Vorstellung davon hatten, warum sich ihre Geschichte so und nicht anders entwickeln musste. Sie haben es nur nicht aufgeschrieben. Vielleicht dachten sie, der Ablauf sei logisch und offensichtlich, sodass das nicht unbedingt nötig sei. Leider muss ich ihnen da widersprechen: etwas weniger Drama zugunsten von mehr inhaltlicher Kohärenz hätte der Geschichte definitiv gutgetan.

Source: wortmagieblog.wordpress.com/2016/02/03/kami-garcia-margaret-stohl-beautiful-chaos
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