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review 2015-11-06 09:49
Für Liebhaber des Zeitreise-Themas
Timebound - Rysa Walker

„Timebound“ ist der Debütroman der Autorin Rysa Walker und begegnete mir bei Netgalley. Es war das Cover, das mich neugierig machte, doch der Klappentext leistete die nötige Überzeugungsarbeit, um mich dazu zu bringen, das Buch anzufragen. Ich hatte sehr lange keine Zeitreise-Geschichte mehr gelesen, obwohl mich dieses Thema fasziniert. Die Frage, ob es prinzipiell möglich ist, sich rückwärts in der Zeit zu bewegen, konnte bisher nicht empirisch geklärt werden. Rysa Walkers Geschichte funktioniert nur, da sie von der everettschen Vielwelten-Theorie ausgeht. Laut dieser führt eine Zeitreise in die Vergangenheit unweigerlich zu einem alternativen Ablauf der Ereignisse, der parallel zum ursprünglichen Ablauf existiert. „Timebound“ spielt also mit der Idee paralleler Zeitlinien, die die Protagonistin sowohl besucht als auch verändert.

 

Die meisten Menschen müssen niemals an ihrer Familiengeschichte zweifeln. Es ist ja auch selbstverständlich, dass die eigenen Großeltern vor einem selbst geboren wurden. Nicht so für die 16-jährige Kate Pierce-Keller. Als ihre Großmutter Katherine wie ein Wirbelwind in ihr Leben rauscht und ihr eröffnet, dass sie das CHRONOS-Gen in sich trägt, das es ihr ermöglicht, durch die Zeit zu reisen, steht ihre Welt plötzlich Kopf. Auf einmal hängt das Schicksal ihrer Familie und der gegenwärtigen Gesellschaft von ihr ab, denn in der Vergangenheit treibt ein Mörder sein Unwesen, dessen Taten auch Kates eigene Existenz bedrohen. Sie reist zur Weltausstellung von 1893 in Chicago, um ihn aufzuhalten und ihre Auslöschung zu verhindern. Doch die Zeit ist ein zerbrechliches Gut. Sie zu verändern hat weitreichende Konsequenzen. Gelingt es Kate, den Mörder zu stoppen, rettet sie ihr Leben – verliert damit jedoch ihre große Liebe.

 

Um „Timebound“ genießen zu können, muss man die Idee von Zeitreisen wirklich lieben. Bei mir ist das passenderweise der Fall, wodurch mir dieser Science Fiction Young Adult Roman viel Spaß gemacht hat. Rysa Walker hat eine angenehme Art, mit diesem komplizierten Thema umzugehen. Ich bin überzeugt, dass die Geschichte das eine oder andere Paradoxon enthält, aber das hat mich überhaupt nicht gestört, weil ich keine Muße hatte, dieser Vermutung gedanklich nachzugehen. Das Buch hat mich unterhalten – nach logischen Fehlern zu suchen, erschien mir zu anstrengend. Es wäre den Aufwand nicht wert gewesen, denn ich hätte mir „Timebound“ damit selbst madig gemacht. Also habe ich es gelassen und die Lektüre einfach genossen. Ich gebe zu, ich habe ein Weilchen gebraucht, um mich einzufinden, da Kates Geschichte anfangs recht verwirrend wirkt. Man lernt sie und ihre Familie kennen und schon kurz darauf beginnen die Ereignisse, sich zu überschlagen, weil der Mörder in der Vergangenheit mit den Zeitlinien herumpfuscht. Glücklicherweise greift Rysa Walker gerade noch rechtzeitig ein und beginnt, die Hintergründe für ihre Leser_innen aufzudröseln. Sie verrät nicht alles, denn „The CHRONOS Files“ ist als Trilogie ausgelegt, doch sie dreht genügend Puzzleteile um, damit „Timebound“ den Eindruck eines stimmigen Gesamtbildes ergibt. Der Mörder hat es natürlich nicht nur auf Kates Familie abgesehen, sondern verfolgt ein größeres Ziel. Seine Handlungen gehören zu einem umfassenden Plan. Obwohl ich nicht ausplaudern darf, worum es sich dabei handelt, kann euch berichten, dass ich die Idee dazu großartig, intelligent und sehr spannend finde. Rysa Walker beweist an dieser Stelle ein sensibles Gespür für unsere Gesellschaft, das ich in einem YA-Roman so nicht erwartet hätte und schon gar nicht in einem Erstling. Meiner Ansicht nach fehlt der Autorin allerdings noch ein wenig der Feinschliff, was ihr schriftstellerisches Können anbelangt. „Timebound“ ist sehr dialoglastig und bietet statt einer überzeugenden, dichten Atmosphäre hauptsächlich Innenansichten von Kate. Wird eine Geschichte aus der Ich-Perspektive des/der Protagonist_in geschildert, ist die Verlockung, sich intensiv mit seiner/ihrer Gefühlswelt zu beschäftigen, immer groß, doch in diesem Fall fand ich das sehr schade, da das Setting der Weltausstellung in Chicago 1893 wirklich fantastisch ist. Ich wünschte, Walker hätte hier mehr aus den Vollen geschöpft und mir das Gefühl gegeben, an Kates Seite vor Ort zu sein, statt nur durch ihre Augen zu sehen. Sie hätte die Perspektive durchaus weiter öffnen können, denn ich war bereit, mich überwältigen zu lassen. Nichtsdestotrotz mochte ich Kate gern, weswegen ich mit der Nähe zu ihr leben konnte. Noch ist sie nichts Besonderes und reiht sich nahtlos in lange Reihe der YA-Heldinnen ein, aber ich bin optimistisch, dass sich in den nächsten Bänden das gewisse Etwas ihrer Persönlichkeit offenbart. Außerdem ist ihre spezielle Liebesgeschichte einfach zuckersüß und unwiderstehlich tragisch, wodurch ich nicht anders konnte, als gemeinsam mit ihr zu hoffen, zu bangen, zu leiden und glücklich zu sein.

 

„Timebound“ ist der vielversprechende, fesselnde Auftakt der Trilogie „The CHRONOS Files“. Sowohl die Geschichte als auch die Autorin Rysa Walker haben meiner Meinung nach noch einiges Potential nach oben. Ich bin sehr gespannt, wie sich die Nachwuchsschriftstellerin mit dem Voranschreiten ihrer Trilogie entwickeln wird und möchte allein schon deshalb weiterlesen. Selbstverständlich trägt aber auch der Cliffhanger am Ende von „Timebound“ seinen Teil dazu bei.
Zeitreisen sind nicht jedermanns Sache; ihr solltet euch daher ganz sicher sein, dass euch die Thematik gefällt, bevor ihr zu diesem Buch greift. Mir bietet die Idee von Reisen in die Vergangenheit unheimlich viel Spielraum für eigene Gedanken und die Inspiration zu bunten, turbulenten Tagträumen, weswegen ich mit „Timebound“ genau richtig lag. Wenn es euch genauso ergeht, kann ich euch diesen Trilogieauftakt von ganzem Herzen empfehlen.

Vielen Dank an den Verlag Skyscape and Two Lions für dieses Rezensionsexemplar, das ich via Netgalley im Austausch für eine ehrliche Rezension erhielt!

Source: wortmagieblog.wordpress.com/2015/11/06/rysa-walker-timebound
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review 2015-08-19 10:28
Ein kostbares Juwel
Daughter of Smoke & Bone - Laini Taylor

Aquamarinblaue Haare, Unmengen Tattoos und ein Skizzenbuch voller Monster: das ist Karou. Niemand, nicht mal ihre beste Freundin Zuzana, würde vermuten, dass die Figuren, die sie zeichnet, nicht ihrer Fantasie entspringen, sondern dem entsprechen, was sie tagtäglich sieht. Niemand weiß von Karous geheimen Leben, das sie durch eine magische Tür in einem verwinkelten alten Laden in Prag an die exotischsten Orte dieser Welt führt, immer auf der Jagd nach Zähnen. Doch so aufregend ihr Leben ist, Karou spürt eine Leere in sich, die sich nicht füllen lässt. Woher kommt sie? Wieso wuchs sie bei Wesen auf, die eindeutig nicht menschlich sind? Das Rätsel, wer sie eigentlich ist, quält sie Tag für Tag. Als weltweit auf mystischen Türen schwarze, verbrannte Handabdrücke auftauchten und ihr die einzige Familie entrissen wird, die sie kennt, kommt sie der Lösung des Rätsels näher als je zuvor. Ausgerechnet ein Seraphim trägt die Antworten in seinem Herzen. In einem Sturm der Gefühle erinnert sich Karou an einen Krieg in einer anderen Welt, an Magie, Sternenlicht, Blutvergießen und Liebe, die die Grenzen von Zeit und Raum Lügen straft. Karou gehört nicht auf die Erde – findet sie einen Weg, in ihre Heimat zurückzukehren, um sich ihrer Vergangenheit zu stellen?

 

Was mir beim Lesen von „Daughter of Smoke & Bone“ passiert ist, ist pure Magie. Von der ersten Seite an spürte ich eine intensive, außergewöhnliche Verbindung zur Autorin Laini Taylor. Wir harmonisierten auf einem Niveau, das ich nur sehr selten erreiche. Unsere Fantasie, unser Blick auf die Welt ist sich so ähnlich, dass ich unmittelbar eine Beziehung zu ihrer Geschichte aufbauen konnte. „Daughter of Smoke & Bone“ ist genau das, wonach ich bei meinen Streifzügen durch die literarische Welt suche; es ist der Grund, warum ich ein Buch nach dem anderen lese und niemals genug bekomme. Es ist die Magie zwischen AutorIn und LeserIn, die eine Geschichte aus der Masse hervorhebt, die sie besonders macht und ein Band entstehen lässt, das intim und schlicht einzigartig ist. Ich kann euch gar nicht beschreiben, wie froh ich bin, „Daughter of Smoke & Bone“ in meinem Herzen zu tragen. Dieses Buch ist ein kostbares Juwel, das ich bis ans Ende meiner Tage hüten und bewahren werde.
Bereits mit dem ersten Absatz zog mich Laini Taylor unaufhaltsam in ihren Bann und zeigte mir, was ich von ihrem Werk zu erwarten hatte. Ihr Schreibstil ist wundervoll; fantasievoll, poetisch und unaufdringlich romantisch richtet sie ihren Blick nicht nur auf das Außergewöhnliche, sondern auch auf die Schönheit des Alltäglichen. Vor meinem inneren Auge entstanden Bilder voll schillernder Farbenpracht, die einen mystisch-zauberhaften Rahmen für die Protagonistin Karou mit ihren aquamarinblauen Haaren bildeten. Ich liebe Karou, denn auch ihr fühlte ich mich sofort verbunden. Sie ist geheimnisvoll und stark; eine Hauptfigur mit Ecken und Kanten, die trotz ihrer mysteriösen Ausstrahlung realistisch gezeichnet ist. Sie ist das Mädchen, das ich mit 17 sein wollte und bewegt sich auf einer Ebene der Realität, von der ich bis heute träume. Eine Tür, die sich zu jedem noch so weit entfernten Ort auf der Welt öffnet, in einem hutzeligen kleinen Laden, in dem die Magie der Wünsche wirkt? Oh mein Gott, wie sehr hoffe ich, dass ich eines Tages ein Geheimnis wie dieses entdecke. Ich wünsche mir von ganzem Herzen, dass es „Monster“ wie Karous beeindruckende Familie gibt. Wie kann man Brimstone, Issa, Yasri, Kishmish und Twiga nicht sofort ins Herz schließen? Sie sind Sagengestalten, einem Märchen entsprungen oder frisch von der Fantasie gepflückt. Es spielt keine Rolle, dass sie Menschen äußerlich nur teilweise ähneln, denn ihre Ausstrahlung ist so positiv, dass mir das Wort „monströs“ niemals in den Sinn kam. Speziell Brimstone hat es mir angetan, nicht nur, weil er mit Wünschen und Zähnen handelt, sondern auch, weil ich in ihm von Anfang an Karous Vaterfigur sah und die Antwort auf die Frage nach ihrer Herkunft vermutete. Dieses Rätsel faszinierte mich ungemein, sodass ich sehr viel darüber nachdachte und die unterschiedlichsten, teilweise haarsträubenden Erklärungen ersann. Die Auflösung durch den Seraph Akiva hätte ich allerdings niemals hervorsehen können. Weder die Art und Weise, wie Karou ihre Erinnerung wiederfindet, noch, wie diese aussehen. Ich klebte währenddessen am Buch und wäre vermutlich gewalttätig geworden, hätte man es mir wegnehmen wollen. Doch es waren nicht nur Karous Vergangenheit und Herkunft, die mir den Atem nahmen – es war auch die besondere Darstellung der Liebe, die darin enthalten war. Eine Liebe, die so tief, echt und unentrinnbar ist, dass sie Jahrzehnte, Welten und uralte Feindschaft überwindet, um von einer besseren Zukunft zu träumen. Sie ist der Inbegriff der Worte „vorherbestimmt“ und „schicksalhaft“, der Prototyp von Seelenverwandtschaft. Hochtrabende Formulierungen, die ich nicht leichtfertig verwende. Obwohl ich sonst kein übermäßig romantischer Typ bin, überzeugte mich Laini Taylor spielend und vorbehaltlos von der Authentizität dieser Gefühle. Sie ließ mich wieder daran glauben, dass es so etwas wie ewige Liebe, die den Tod überdauert, tatsächlich geben kann.

 

Alles ist möglich – das ist die Botschaft, die ich aus „Daughter of Smoke & Bone“ mitnehme. Dieser Trilogieauftakt von Laini Taylor ist fabelhaft und bezaubernd, weil er mich daran erinnerte, dass hinter jeder unscheinbaren Tür fantastische Wunder warten könnten. Es ist ein Buch tiefer Gefühle in märchenhafter, mythischer Atmosphäre, versprüht Witz und einen einzigartigen Charme und macht einfach Lust auf mehr.
Ich empfehle euch „Daughter of Smoke & Bone“ von ganzem Herzen, wenn ihr an die Macht der Magie, Wünsche und Wunder glauben möchtet. Mit diesem Buch ist es ein wenig wie mit dem Weihnachtsmann. Wir wissen, dass er nicht real ist – aber wäre es nicht großartig, wenn es ihn doch gäbe?

Source: wortmagieblog.wordpress.com/2015/08/19/laini-taylor-daughter-of-smoke-bone
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review 2015-06-17 09:24
Überraschend düster und beeindruckend originell
The Young Elites - Marie Lu

Adelina Amouteru soll sterben. Für den Mord an ihrem Vater wird die gnadenlose Inquisition der Krone Kenettras sie hinrichten. Dass es ein Unfall war, ausgelöst von einer fantastischen Fähigkeit, die jahrelang unentdeckt in ihr schlummerte, spielt keine Rolle, denn Adelina ist eine malfetto – eine Überlebende des Blutfiebers, das Kenettra vor über 10 Jahren heimsuchte. Am Tag ihrer Hinrichtung kommt jedoch alles anders. Noch während der Scheiterhaufen unter Adelinas Füßen brennt, bricht ihre Fähigkeit erneut aus ihr hervor und im Schutz des aufwallenden Chaos retten die Young Elites, malfettos mit ähnlichen Kräften wie Adelina selbst, sie aus den Händen der Inquisition. Die Young Elites nehmen Adelina bei sich auf und lehren sie, ihre Fähigkeit zu nutzen und zu kontrollieren. Schnell stellt sich heraus, dass sie mächtiger ist als alle Young Elites vor ihr. Doch ihr Talent ist tief mit der Dunkelheit in ihrem Herzen verbunden. Als sie zwischen die Fronten der Inquisition und der Young Elites gerät, muss sie sich entscheiden: wird sie die Düsternis bezähmen oder sich von ihr verschlingen lassen und es allen heimzahlen, die ihr je Unrecht taten?

 

„The Young Elites“ war in vielerlei Hinsicht anders, als ich erwartet hatte. Für einen Young Adult-Roman ist es unheimlich düster und entspricht keinesfalls den gängigen Klischees des Genres. Marie Lu zeigt in ihrem neusten Trilogieauftakt eine völlig andere Facette ihres Könnens und überzeugte mich auf diese Weise ein weiteres Mal von ihrem Talent als Schriftstellerin. Besonders gefiel mir, dass „The Young Elites“ inhaltlich überhaupt nicht mit ihrer vorangegangenen Legend-Trilogie vergleichbar ist. Strukturell finden sich natürlich diverse Gemeinsamkeiten, doch was die Handlung betrifft, liegen Welten zwischen ihnen. Lu entführt ihre LeserInnen in ein Setting, das den malerischen, romantischen Flair des Italiens der Renaissance versprüht. Denkt an Paläste, an Wein, an wunderschöne mediterrane Villen, an fließende Kleider – schon seid ihr mitten in Kenettra. Dieses Land ist nur ein kleiner Teil einer viel größeren Welt, über die ich wohl in den nächsten Bänden mehr erfahren werde. Eines weiß ich jedoch bereits jetzt: in allen Ländern gibt es malfettos; der Unterschied liegt lediglich darin, wie sie behandelt werden. In Kenettra sind sie der Abschaum der Gesellschaft. Gehasst, gemieden, ausgegrenzt. Die Menschen fürchten eben alles, was anders ist und die malfettos sind anders. Das Fieber entstellte viele mit schrecklichen Narben und veränderte ihre Genetik, sodass ihre Haare ungewöhnliche Farben aufweisen. Einige wenige haben darüber hinaus spezielle Gaben, die von Feuer- und Windbeherrschung über das Erschaffen von Illusionen bis hin zur Manipulation von Tieren reichen. Sie sind die Young Elites und verfolgen ganz eigene Pläne hinsichtlich der Zukunft Kenettras. Sie sind keine uneigennützigen SuperheldInnen, die zur Rettung aller malfettos eilen, die ungerecht oder grausam behandelt werden. Mir gefiel diese Darstellung, obwohl die Einstellung der Young Elites der Grund dafür ist, dass die Protagonistin Adelina ihnen niemals völlig vertraut. Adelina ist eine schwierige, nichtsdestotrotz aber extrem interessante Hauptfigur, weil sie ein völlig anderes Kaliber ist als die üblichen Heldinnen des Young Adult-Genres. In den Anmerkungen des Buches schreibt Marie Lu folgendes:

„[…] I didn’t want to tell a hero’s journey; I wanted to tell a villain’s.”

Ich empfinde Adelina zwar nicht als Bösewicht oder Schurkin der Geschichte, doch sie ist definitiv ein düsterer, bedrohlicher und zum Teil sogar beängstigender Charakter. Sie ist kalt, rachsüchtig, hasserfüllt und ambitioniert in einem Maße, das sie über Leichen gehen lässt. Ihre Fähigkeit ist sehr eng mit diesen Eigenschaften verbunden; sie nährt sich von starken Emotionen wie Hass, Furcht, Leidenschaft, Neugierde und Ehrgeiz. Demzufolge basiert ihre Macht auf der Dunkelheit ihres Charakters, weshalb sie eindeutig äußerst gefährlich ist. Ich möchte weder mit ihr befreundet noch mit ihr verfeindet sein, aber ich liebe Marie Lu dafür, dass sie sich entschied, die Geschichte einer Protagonistin zu erzählen, die so gar nichts mit der gutherzigen Rebellin von nebenan zu tun hat. Dadurch bekam einfach alles eine völlig neue Perspektive; sogar die Andeutung einer kleinen Liebesgeschichte erhielt einen finsteren Anstrich. Trotz aller Faszination für Adelina muss ich jedoch zugeben, dass sie mir zeitweise gehörig auf die Nerven ging. Als sie zwischen der Inquisition und den Young Elites steht, ist sie unfähig zu erkennen, wie sie die Situation leicht entschärfen könnte – ich hätte sie gern ein bisschen geschüttelt und ihr gesagt, was sie tun soll. Ihre Unentschlossenheit und Unsicherheit schlug sich meiner Meinung nach auch im Aufbau von „The Young Elites“ nieder; die ersten zwei Drittel empfand ich als eher unspektakulär und recht langsam, doch im letzten Drittel zog Marie Lu das Tempo an und es wurde unheimlich spannend und aufregend, sodass ich das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen konnte.

 

Ich bin beeindruckt und fasziniert von „The Young Elites“. Ich muss gestehen, eine so düstere Geschichte, die sich intensiv mit den Abgründen der menschlichen Seele beschäftigt, hätte ich Marie Lu niemals zugetraut. Ich sehe so viel Potential in ihr, dass mir quasi der Kopf explodiert, wenn ich all die möglichen Handlungsstränge denke, die Lu aus diesem Trilogieauftakt spinnen könnte. Obwohl ich mit „The Young Elites“ strukturell ähnliche Probleme wie mit „Legend“ hatte, bin ich überzeugt, die Folgebände werden schlicht großartig sein. Tatsächlich kann ich mir sogar vorstellen, dass diese Trilogie als Gesamtwerk die Legend-Trilogie noch weit übertrifft. Danke Marie Lu für den Beweis, dass das Young Adult-Genre doch noch frischen Wind zu bieten hat!

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review 2013-07-01 16:48
Ein Buch, das zum Träumen einlädt...
Silber - Das erste Buch der Träume: Roman - Kerstin Gier

"Nirgendwo lernt man einen Menschen besser kennen als in seinen Träumen, und nirgendwo kann man über seine Schwächen und Geheimnisse erfahren." - Henry, Seite 356

"Welch ein schöner, klangvoller Titel für ein Jugendbuch!", sagte ich mir, als ich das erste Mal von Kerstin Giers neuer Trilogie, erschienen am 20. Juni im Fischer FJB Verlag, erfuhr. Die Autorin selbst ist trotz ihres großen Erfolges mit ihren Büchern auf dem Teppich geblieben: Der erste Band der Edelsteintrilogie wurde bereits verfilmt und die visuelle Umsetzung eines ihrer weiteren Bücher ist bereits in Planung. Nun hat die Bestsellerautorin den Grundstein für eine neue Jugendbuchreihe gelegt, mit Erfolg, wie ich selbst festgestellt habe. Denn auch ich konnte mich dem Sog von der Träume nicht entziehen und verschlang die 400 und ein paar Seiten in der Nacht vom 22. Juni 2013 und am darauffolgenden Morgen, während der Silbernacht. Nicht nur dieses Event machte Spaß, auch Kerstin Giers Buch machte Spaß und so möchte ich euch heute meine Meinung zu »Silber, das erste Buch der Träume« - ein Buch, das gerade in (fast) aller Munde ist - mitteilen.

Lasst uns gemeinsam träumen..

Liv Silber, oder eigentlich Olivia, hat vielbeschäftigte Eltern. Ihre Mutter ist Literaturwissenschaftlerin und wechselt ehrgeizig Jahr um Jahr von Lehrstuhl zu Lehrstuhl, ihre entnervten Töchter Olivia und Mia mitsamt Kindermädchen Lottie rastlos mit sich schleppend. Livs Eltern sind getrennt, ihr Vater, von Beruf Ingenieur, war ähnlich ruhelos wie seine Exfrau. Dieses Mal führt der Weg für Mutter und die Geschwister nach Oxford, doch aus der anfänglichen Freude über ein niedliches Cottage außerhalb Londons wird jäh Unmut, als ihre Mutter bei dem Mann einzuziehen gedenkt, der ihr den Lehrauftrag an der Universität verschafft hat: Mr. Planänderung alias Ernest Spencer. Auch die Kinder des neuen Stiefvaters, Florence und Grayson zeigen sich nicht sonderlich begeistert von dieser Idee. Doch das ist nicht alles. Grayson scheint ein Geheimnis mit sich zu tragen und zu allem Überfluss taucht der junge Mann auf einmal in Livs Träumen auf. Seltsame Dinge gehen vor sich, ein unheimliches Ritual, Türen mit Eidechsenknauf und ein düsterer Friedhof bei Nacht wabern durch Livs Verstand. Träumt sie? Oder passiert das hier wirklich?

 



Düster-atmosphärisches Design

Ein großes Auge starrt mir aus dem Zentrum des Covers entgegen, darüber prangt der Titel in silbernen Buchstaben und auch die restlichen Illustrationen auf dem Cover von »Silber« Band #1 sind sehr hübsch anzusehen: florale Elemente, eine stilisierte Eidechse mit einem Schlüssel an der langen Zunge, eine rot akzentuierte Eule und der Schriftzug "dream a little dream" vervollständigen den gelungenen Gesamteindruck der Umschlagillustration. Darunter verbirgt sich ein feuerrotes Buchdeckel, auf welchem eine geheimnisvolle Tür zu sehen ist. Auf dem Vorsatzpapier findet sich neben einem schicken Muster auch noch ein Plätzchen für Ex Libris-Eintragungen. Die floralen Rankenverzierungen setzen sich auch im Buch selbst fort und zieren die Buchseiten - ein rundherum gelungenes grafisches Designkonzept, das mir sehr gut gefiel. Vom Stil her erinnerte mich die Aufmachung an die Edelsteintrilogie, die im Scherenschnittdesign daher kam und ebenfalls eine Augenweide ist.

Interessante Grundidee!

Kerstin Gier hat sich ein spannendes Thema für ihre neue Trilogie ausgesucht: Sie lässt ihre Protagonisten träumen. Das klingt nun nicht ungewöhnlich, doch sie träumen nicht allein. Die Charaktere in »Silber« sind fähig, bewusst einander im Traum zu begegnen und das eröffnet spannende Voraussetzungen für ein düsteres und auch sehr geheimnisvolles Buch. Meine anfänglichen Bedenken, ob mir der Schreibstil eventuell zu jugendlich pubertär wäre, zerstreuten sich bereits auf den ersten Seiten. Kerstin Gier schreibt locker und frech, doch sie übertreibt nicht mit jugendlichem Slang und trägt bei weitem nicht so dick auf wie viele ihrer amerikanischen Autorenkolleginnen. In der Vergangenheit war ich oft genervt, nicht weil mir Charaktere zu naiv vorkamen - das gehört zur Pubertät einfach dazu - sondern weil der Schreibstil gekünstelt, aufgesetzt und unecht wirkte.

"Ich hatte einen wirren Traum gehabt, der auf dem Highgate-Friedhof spielte und eine Art Geisterbeschwörung beinhaltete, in deren Verlauf ich unglücklicherweise auf einem Altar in der Mitte eines brennenden Drudenfußes gelandet war. So weit, so verrückt. Aber keineswegs ungewöhnlich." - Seite 130

Wie froh war ich, dass Kerstin Gier mit witzigem und schwarzem Humor zu unterhalten wusste, eine eloquente Wortwahl in den Mund ihrer jungen Figuren legte und mich ein ums andere Mal zum schmunzeln brachte. Sehr oft griff ich zu meinen Buchdarts und markierte Textstellen, die mit dem einen oder anderen Zitat sicherlich auch den Weg in diese Rezension finden werden, aber auch in meiner Zitatesammlung ein Plätzchen bekommen.

Humorvoll, witzig, gut durchdacht - tolle Mischung!

Kerstin Gier wählt die Ich-Perspektive, um uns aus Liv Silbers Sicht eine rundherum spannende Story zu liefern und mir gleichzeitig eine Protagonistin vorzustellen, deren Wesen und Charakterentwicklung mir recht gut gefiel. Liv Silber ist ein sympatisches, junges Mädchen, besticht durch intelligentes, logisches Handeln und hat mich in ihrer unkomplizierten Art sofort für sich begeistern können. Schön zu sehen, wie sie sich im Laufe der Handlung entwickelt, mitdenkt und mich mit ihrem flapsigen, jugendlichen Charme durch ihre Träume führt. Es wurde nie langweilig, noch eine weitere Traumtür zu öffnen und zu sehen, was sich dahinter verbirgt. Gerade das machte den Spannungsverlauf in »Silber« aus: Der Plot wechselt zwischen der realen Welt des Schulalltages, dem damit verbundenen familiären Umfeld und der nächtlichen Traumwelt hin und her. Befanden wir uns eben noch beim Abendessen, so wechselt der Handlungsort im nächsten Kapitel schon in die Traumwelt. Die Autorin beschreibt die Welt der Träume mit viel Liebe zum Detail und lässt dennoch ausreichend Raum für die Phantasie und Spekulationsbereitschaft des Lesers.

"Und sagen sie, das Leben sei ein Traum: das nicht;
nicht Traum allein. Traum ist ein Stück vom Leben.
Ein wirres Stück, in welchem sich Gesicht
und Sein verbeißt und ineinanderflicht (...)" - Seite 132

Spannungseinbrüche? Keine Spur! Kerstin Giers Einsteig in Livs Traumwelt birgt Suchtpotential und ihre Idee ließ mich federleicht durch die Seiten schweben. Ehe ich mich versah, war das letzte Wort gelesen und ich schloss mit Wehmut den Buchdeckel, denn es hat wirklich Spaß gemacht, diesen Trilogieauftakt zu lesen. Ich hätte am liebsten noch weiter gelesen, immer weiter geträumt, mich in den Träumen verloren und mich in der zarten und wirklich romantischen Liebesgeschichte verloren. Ja, auch Romantikfans kommen auf ihre Kosten und das, obwohl die Protagonistin Miss Silber doch immun gegen Jungs ist? Wie schnell man seine Vorsätze über Bord werfen kann. Es war wirklich für alle Sinne etwas dabei: eine leichte, junge Romanze, Spannung und Mystik um einen Dämon, den Herrscher der Träume - eine gelungene, spannende Mischung!

»Ich zeige dir meine Tür, wenn du mir deine zeigst«, sagte er dann." - Seite 157

Das I- Tüpfelchen bildete der im Buch auch grafisch und in anderer Schriftart dargestellte Tittle-Tattle-Blog, den ihr übrigens wirklich besuchen könnt - ein netter, kleiner Marketing-Gag des Fischer Verlags. Bis zum letzten Wort spekuliert der Leser, wer sich hinter dem geheimnisvollen Schreiberling namens Secrecy verbirgt. Ganz ehrlich? Ich habe da ja so meine Vermutungen angestellt, wer es sein könnte, aber Kerstin Gier verrät es uns (noch) nicht. Habt ihr eine Vermutung wer hinter der geheimnisvollen Person stecken könnte?

Mein Fazit: Ein gelungenes, erfrischend humorvolles Jugendbuch, voller spannender Momente und interessanten Charakteren, das man so schnell nicht mehr aus der Hand legen kann. Ich wünschte, ich könnte noch einmal von vorne beginnen, um mit Liv hinter geheimnisvolle Türen zu blicken und freue mich schon auf die Fortsetzung! Eines ist gewiss: Ich muss nun die Edelsteintrilogie lesen, denn »Silber« macht Lust auf mehr Kerstin Gier!

Volle Punktzahl!

Source: www.buechernische-blog.de/kerstin-gier-silber-das-erste-buch-der-traume-jugendbuch-rezension-1-3
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