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review 2017-04-07 10:46
FAST der feuchte Traum jeder Leseratte
The Invisible Library - Genevieve Cogman

Ich glaube fest daran, dass Genevieve Cogman, Autorin der Reihe „The Invisible Library“, eine tolle und interessante Person ist. Leider ist ihre Kurzbiografie, die sie auf ihrer Website veröffentlichte, sterbenslangweilig. Da steht lediglich, dass sie für verschiedene Rollenspielprojekte geschrieben hat und aktuell für den englischen National Health Service arbeitet. Gähn. Glücklicherweise interessiert mich das Privatleben von Autor_innen beim Buchkauf nicht. „The Invisible Library“ fiel mir in einer Buchhandlung ins Auge. Oh ja, das kommt durchaus noch vor. Der Klappentext gefiel, das Cover auch – es durfte spontan bei mir einziehen.

 

Irene ist keine Diebin. Nein, sie ist Bibliothekarin. Zugegeben, in ihrem Job muss sie sich hin und wieder als Agentin und Spionin betätigen, aber diese Ausflüge dienen schließlich einem höheren Wohl. Sie infiltriert alternative Welten, lokalisiert wertvolle Bücher und stellt diese unter den Schutz der Unsichtbaren Bibliothek, die zwischen den Welten existiert. Irenes letzter Auftrag verlief erfolgreich, wenn auch turbulent, sodass sie reichlich verwundert ist, sofort auf den nächsten Fall angesetzt zu werden. In Begleitung des neues Rekruten Kai soll sie ein Buch aus einer alternativen Welt bergen, die hochgradig vom Chaos infiziert ist. Doch als Irene und Kai dort eintreffen, ist das Buch verschwunden. Es wurde gestohlen. Mit leeren Händen in die Bibliothek zurückzukehren kommt nicht in Frage, also stürzt sich das Duo kopfüber in die Unterwelt Londons. Zwischen Geheimgesellschaften, übernatürlichen Wesen und handfester Detektivarbeit begegnet ihnen das schmutzigste Geheimnis der Bibliothek – und plötzlich sind ihre Leben und die Realität selbst in Gefahr. Von wegen langweiliges Dasein einer Bibliothekarin.

 

Bücherwürmer lieben Bücher, die von Büchern handeln. Soweit richtig? Okay. Das heißt aber nicht, dass wir wahllos über jeden Roman in Begeisterungsstürme ausbrechen, der Bücher, Bibliotheken oder das Lesen thematisiert. Ich fand „The Invisible Library“ mittelmäßig, obwohl die Idee des Buches bzw. der Reihe selbstverständlich toll ist. Reisen in alternative Welten, eine gigantische Bibliothek, die außerhalb von Zeit und Raum existiert und die berufliche Jagd nach seltenen Büchern. Der feuchte Traum jeder Leseratte. Zumindest einzeln. Die Kombination dieser Komponenten empfand ich als schwierig, unter anderem, weil Genevieve Cogman ihren Ansatz selbst kritisiert.
Die Bibliothekar_innen der Unsichtbaren Bibliothek sichern literarische Werke, um sie zu bewahren. Bin ich die einzige, die diesen Beweggrund für das Entwenden eines Buches aus einem Alternativuniversum irgendwie dünn, egoistisch und verantwortungslos findet? De facto stehlen die Bibliothekar_innen, da gibt es nichts zu beschönigen. Nicht einmal die Protagonistin Irene kann überzeugend rechtfertigen, dass sie in fremde Welten eindringt, um dort einen Diebstahl zu begehen. Direkt darauf angesprochen, stammelt sie eine unzusammenhängende und offenbar auswendig gelernte Antwort, in der meines Erachtens nach leise Kritik seitens der Autorin mitschwingt. Bewahrt die Unsichtbare Bibliothek nur um des Bewahrens willen? Entspricht das nicht der Definition von sinn- und ziellosem Horten? Wie viele Bücher befinden sich in ihren Regalen, die nach der Sicherung nie wieder angefasst wurden? Was passiert, wenn ein Buch gestohlen wird, das für die Zukunft der alternativen Welt bedeutsam ist? Grundsätzlich gefiel es mir, dass Cogman die Ethik der Unsichtbaren Bibliothek in Frage stellt, ich kann allerdings nicht leugnen, dass ich dadurch den Eindruck gewann, dass sie ihrem eigenen Entwurf nicht so recht traute oder nicht zu 100 Prozent von ihm überzeugt war.
Außerdem glaube ich, dass Irene nur einen Bruchteil dessen weiß, was hinter der erhabenen Fassade der Bibliothek vor sich geht. Normalerweise verpflichten sich Bibliothekar_innen für die Ewigkeit. Während ihrer Mission begegnet Irene jedoch ein Aussteiger, jemand, der sich von der Bibliothek abwandte. Die Frage, die sich aufdrängt, ist, warum diese Person ausstieg. Warum verließ er die Bibliothek? Angesichts der Loyalität, Leidenschaft und Hingabe, die scheinbar alle Bibliothekar_innen empfinden, fiel diese Entscheidung garantiert nicht grundlos oder leichthin. Leider hinterfragt Irene seine Motivation nicht, weil sie die Jagd nach dem Buch pausenlos in Atem hält.
„The Invisible Library“ ist äußerst tempo- und actionreich und verströmt eine gute Portion des Charmes einer Detektivgeschichte à la „Sherlock Holmes“. Ich mochte die etwas altmodische Ausstrahlung der Geschichte, hätte mir allerdings gewünscht, dass Cogman sich mit der Atmosphäre des alternativen Londons mehr Mühe gegeben hätte. Ich hatte Schwierigkeiten, mir die Unterschiede zur reellen Stadt vorzustellen, weil mir die Beschreibung der viktorianisch angehauchten Steampunk-Version oberflächlich und skizzenhaft erschien. Insgesamt fand ich das Konzept der Stadt auch etwas unkreativ. Alles schon tausend Mal dagewesen. Wieso nicht eine völlig neue Variante erschaffen?

 

Wenn ihr mit dem Gedanken spielt, „The Invisible Library“ zu lesen, weil euch beispielsweise „Die Seiten der Welt“ von Kai Meyer begeisterte, muss ich euch leider enttäuschen. Dieser Reihenauftakt weist längst nicht das gleiche Maß an liebevoller, inspirierender Konstruktion auf. Ich fand das Buch ganz nett und unterhaltsam, mehr aber auch nicht. Trotz dessen warf die Lektüre so viele Fragen auf, dass ich beschlossen habe, dem Nachfolger „The Masked City“ eine Chance zu geben. Ich bin neugierig. Ich möchte wissen, ob Genevieve Cogman die Kritik an der Ethik der Unsichtbaren Bibliothek weiterverfolgt und Irene weitere Geheimnisse aufdecken lässt, die ihre Ergebenheit auf die Probe stellen. Vielleicht braucht die Reihe einfach ein wenig Anlauf, bis sie richtig in Fahrt kommt.

Source: wortmagieblog.wordpress.com/2017/04/07/genevieve-cogman-the-invisible-library
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review 2015-10-23 09:42
Zeit für eine Paue
The Rise of Nine - Pittacus Lore

Pittacus Lore ist ein Pseudonym. Nicht überraschend, wenn man bedenkt, dass über den Autor in den Büchern der Reihe Lorien Legacies steht, er sei der regierende Älteste des Planeten Lorien, befände sich aber zur Zeit auf der Erde, um sich auf den alles entscheidenden Krieg gegen die Mogadorians vorzubereiten. Er wird auch in der Geschichte hin und wieder erwähnt. Hinter dem Pseudonym stehen der polarisierende Autor James Frey sowie mehrere Ghostwriter_innen. Die Identität letzterer ist Großteils unbekannt; sicher ist nur, dass der ehemalige Student Jobie Hughes an den ersten beiden Bänden der Reihe beteiligt war. Wie intensiv Frey selbst tatsächlich noch am Schreiben der Romane mitwirkt, ist ebenfalls nicht nachvollziehbar. Ich finde es schade, dass ich nicht weiß, wem ich den dritten Band „The Rise of Nine“ nun eigentlich zu verdanken habe.

 

Setrákus Ra, der furchteinflößende Anführer der Mogadorians, hat die Erde erreicht. Nun ist es wichtiger denn je, dass die Mitglieder der Garde zu einander finden. Nur gemeinsam haben sie eine Chance, ihn zu besiegen.
John und Nine konnten dem Versteck der Mogs in West Virginia knapp entfliehen, doch sie mussten Sam zurücklassen. Obwohl John ihn am liebsten sofort befreien würde, bleibt ihm nichts anderes übrig, als sich mit Nine zu arrangieren und mit ihm zu reisen.
Six, Marina, Ella und Crayton fliegen währenddessen ans andere Ende der Welt. Sie hoffen, in Indien Nummer Acht ausfindig machen zu können.
Tausende Kilometer trennen die Lorianer. Der Aufenthaltsort von Nummer Fünf ist noch immer unbekannt. Können sie Setrákus Ra trotzdem die Stirn bieten?

 

Puh. Es ist Zeit für eine Pause. Ich muss die Lorien Legacies erst einmal ruhen lassen. So actiongeladen und mitreißend die Reihe auch ist, sie ist nicht sehr abwechslungsreich. Es passiert im Grunde immer wieder das Gleiche, selbst wenn sich die Umstände ändern. Die Handlung wirkt künstlich gestreckt, ohne tatsächlich Fortschritte zu machen. Pittacus Lore hat es nicht geschafft, meine Aufmerksamkeit, Konzentration und Neugier durchgehend zu fesseln. Es gab einige Szenen, in denen ich einfach nur mit den Augen rollen wollte, unabhängig davon, aus wessen Perspektive erzählt wurde. Im dritten Band erhält neben John und Marina nun auch Six ihre eigene Stimme. Einerseits gefiel es mir, sie intensiver kennenzulernen, weil es das bestätigte, was ich sowieso schon die ganze Zeit über vermutete: innerlich ist sie viel weniger taff, als sie nach außen erscheint. Hinter ihrer harten Schale ist sie einfach ein Teenager. Andererseits waren es aber genau diese offensichtlichen, vorhersehbaren Teenager-Momente, die ich anstrengend fand. Jegliche Emotionalität des Buches empfand ich als pathetisch und nicht überzeugend. Ich denke, das ist der Tatsache geschuldet, dass die Charaktere insgesamt nur sehr wenig Tiefe aufweisen. Sie sind flach und hohl; als hätte ein _e Erwachsene_r sie nach einem reichlich vorurteilsbehafteten Bild von Jugendlichen konstruiert. Sie haben kaum Facetten, werden ausschließlich von einer Seite gezeigt und unterscheiden sich in ihren Persönlichkeiten nur minimal und oberflächlich. Für mich resultierte das darin, dass ich Nine und Acht dürftig etabliert fand und John anfing, mir mächtig auf die Nerven zu gehen. Er verhält sich kopflos und unüberlegt; gibt jeder fixen, impulsiven Idee nach. John hält anscheinend wirklich überhaupt nichts davon, einen Gedanken ein einziges Mal zu Ende zu denken und sich über Konsequenzen klar zu werden, um letztendlich eine vernünftige Entscheidung treffen zu können. Nein, da wird jede Laune direkt zum Masterplan. Er ist unberechenbar und sprunghaft, was ihn meiner Meinung nach gefährlich und verantwortungslos macht. Ich glaube nicht, dass er begriffen hat, was auf dem Spiel steht und wie abhängig die anderen Lorianer von ihm sind, obwohl er aus erster Hand weiß, wie mächtig ihr Gegner Setrákus Ra ist. Er ist ein Pulverfass mit kurzer Lunte.
Darüber hinaus frage ich mich inzwischen, ob die Lorianer überhaupt eine Chance auf einen Sieg über die Mogadorians haben. Angeblich braucht es alle Garde-Mitglieder, um Setrákus Ra, den sadistischen Erzschurken, der die Jagd auf die lorianischen Kids seltsam persönlich zu nehmen scheint, zur Strecke zu bringen. Die Nummern Eins, Zwei und Drei sind bereits tot. Nummer Fünf ist verschollen. Woher nehmen die restlichen Nummern den Glauben daran, dass sie siegen können, wenn sie doch niemals vollständig sein werden? Obwohl ich mittlerweile immerhin weiß, warum die Mogs die Garde töten wollen, zweifle ich arg an der Logik der Ausgangssituation.

 

Ich werde die Lorien Legacies vorerst auf Eis legen. Die Geschichte beginnt mich zu langweilen, weil sie im Verlauf nur wenig variiert und die Charaktere eindimensional wirken, trotz aller Action und Aufregung. Der siebte und angeblich finale Band der Reihe ist laut Goodreads für August 2016 geplant – so lange habe ich Zeit, zu entscheiden, wie ich mit der Reihe weiter verfahre. Der vierte Band „The Fall of Five“ steht in meinem Regal, dementsprechend werde ich diesen auf jeden Fall lesen. Ob ich den verbleibenden Bänden danach auch eine Chance gebe, weiß ich allerdings noch nicht, denn die Romane sind durchschnittlich, nicht mehr und nicht weniger.
Bleibt noch die abschließende Frage: kann ich „The Rise of Nine“ empfehlen? Ja, das kann ich. Aber nur unter einigen Bedingungen. Ihr müsst bereit sein, zugunsten von Action deutliche Abstriche zu machen. Wir sprechen hier nicht über gute Literatur. Wir sprechen über unterhaltsame Literatur mit drastischen Makeln. Ja, das Buch ist aufregend und las sich kinderleicht, doch viel mehr hat es eben nicht zu bieten. Wenn euch diese beiden Punkte ausreichen, könnt ihr es durchaus mit „The Rise of Nine“ versuchen. Wenn nicht – lasst die Finger davon.

Source: wortmagieblog.wordpress.com/2015/10/23/pittacus-lore-the-rise-of-nine
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