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review 2020-02-07 12:28
Mordwaffe Cybermobbing genial eingesetzt
Im Netz des Lemming - Stefan Slupetzky

Stefan Slupetzkys neuer Krimi aus der Lemming-Reihe weist eine erfreuliche und gleichzeitig unübliche Tendenz auf. Nutzen sich bei den meisten Autoren die Figuren und das Setting mit zunehmendem Fortschritt der Reihe normalerweise etwas ab, so folgt hier nach einigen recht guten Kriminalromanen ein absoluter Paukenschlag, eine brillante Geschichte, die neben den gewohnten Stärken in der Einbindung von historischen Hintergründen auch noch eine satirische politische Tendenz erhält und zudem topaktuelle Probleme des Zeitgeschehens in den Plot einarbeitet.

 

Der Lemming, vulgo der ehemalige Polizist und jetzige Nachtwächter im Schönbrunner Zoo, Leopold Wallisch, muss mitansehen, wie der Freund seines Sohnes unvermittelt aus der Straßenbahn springt und sich von einer Brücke vor die U-Bahn wirft. Der Lemming ist erschüttert, denn er hat noch versucht, Mario zu retten, leider ist er ihm aus der Hand geglitten. Übrig bleiben nur die Jacke und das Handy des Buben, mit dem letzten Posting aus einem Sozialen Netzwerk, das kurz zuvor eingegangen, und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der Auslöser für diese Verzweiflungstat gewesen ist.

 

Plötzlich sieht sich der Lemming, der die letzte Person gewesen ist, die mit dem Opfer, dem Sohn des linkslinken Gutmenschen und Filmemachers Kurt Rampersberg, gesprochen hat, auch noch einem Shitstorm in den Zeitungen und Online ausgesetzt. Für die Journaille ist klar: Dieser Mann ist ein Kinderbelästiger, vielleicht auch noch viel Schlimmeres und deshalb Schuld am Selbstmord des Kindes. Auch der Polizist und Freund des Lemming, Polivka, der ihn nicht gleich einsperrt und zum elektrischen Stuhl expediert, soll mit ihm unter einer Decke stecken und wird gleich prophylaktisch durch den Druck der Medien vom Dienst suspendiert. Auf Grund der massiven medialen Schmutzkübelkampagne, die über den Lemming und Polivka wie aus heiterem Himmel hereinbricht, machen sich die beiden daran, ihren Ruf wiederherzustellen, das Verbrechen aufzuklären und das Unrecht aufzudecken, das dem elfjährigen Mario jeden Lebenswillen entzogen hat.

 

Mehrere Probleme würzen hier das Potpourri an aktuellen Bezügen: Die Hatz eines rechten Mobs gegen linkslinke Gutmenschen in der Figur des Filmemachers und Vaters Rampersberg, Cyberbullying von kleinen Kindern in sozialen Netzwerken, dem Mario Rampersberg ausgesetzt ist, begleitet von einer sensationsgeilen, zumindest verbal gewaltbereiten Öffentlichkeit, die sich recht schnell in jedwede Richtung manipulieren lässt.

 

So nebenbei und en passant analysiert Slupetzky zusätzlich sehr pöhse und unaufgeregt die politische Situation in Österreich, wie den Regierungsstil von Sebastian Kurz – ohne ihn namentlich zu nennen – den Niedergang der Grünen im Jahr 2017, verursacht durch Eva Glawischnig – wieder ohne Namensnennung – und die Krise der SPÖ gleich mit.

Heute geht es wieder einmal vorwiegend darum, der Masse nach dem Mund zu reden, unabhängig davon, welchen Cliquen und gesellschaftlichen Schichten man tatsächlich dient. Besonders trifft das auf den jungen Mann zu, der seit gut eineinhalb Jahren die Regierungszügel in der Hand hält. Wie ein Phönix ist er aus der Asche seiner ehemals großen, später angeschlagenen bürgerlich-katholischen Partei gestiegen, hat mithilfe eines guten Schneiders und eines noch besseren Friseurs die letzte Wahl gewonnen und sogleich bedenkenlos mit dem nicht ganz so schnittigen Vertreter der Rechtsnationalen koaliert. Wobei der junge Mann sich eher um die wirtschaftliche Seite des Regierens kümmert (Subventionen für die Erdölindustrie statt für den Klimaschutz, mehr Steuerprivilegien für Konzerne, Anhebung der Wohnungsmieten, Kürzung der Sozialhilfe, Verlängerung der Arbeitszeiten), während er die weit verfänglichere Innenpolitik seinem Verbündeten überlässt.

Herrlich, wie der Autor politische und gesellschaftliche Kritik staubtrocken in seinem Kriminalplot verpackt serviert.

 

Zudem legt er auch in einem winzigen Absatz, ganz simpel erklärt, punktgenau den Finger in die Wunde eines der juristischen Hauptprobleme von Cybermobbing, dass die meist anwendbare Ehrenbeleidigung ein Privatanklagedelikt ist. Für Offizialdelikte wie gefährliche Drohung ist die Drohung meist nicht massiv genug und für Stalking muss es mehrere Wiederholungen vom selben Nutzernamen geben. Deshalb kann die Polizei auch selten von sich aus aktiv werden, bevor irgendwelche Katastrophen passiert sind.

 

In diesem Umfeld ermitteln die beiden Digitalanalphabeten, der Lemming und sein Freund Polivka, die Hintergründe der Mobbingkampagne, teilweise mit viel Gegenwind und selbst auf der Flucht vor der geifernden, gesteuerten Meute, die auch ihnen an den Kragen will. Im Endeffekt erklären sich abschließend auch die ausführlichen politischen Facetten des Romans, da die beiden mitten in einem spannenden Dickicht aus politischer Hetze und Dirty Campaigning landen.

 

Die Auflösung des Falles ist genial, sowohl von der Motivlage her, als auch in der Figur des Überraschungstäters. Da das Mobbing aus oben genannten Gründen bezüglich der gesetzlichen Lage nicht zu einer Verhaftung und somit zu einer gerechten Strafe führen kann, hat sich Autor Slupetzky eine besonders perfide Strafe für seinen fiktiven Täter ausgedacht, der das Gerechtigkeits- beziehungsweise Rachebedürfnis der Leserschaft restlos befriedigt.

 

Fazit: Ein großartiger Krimi mit einem spannenden topaktuellen Plot, lustigem Täterraten, einer grandiosen Auflösung des Falles und einem kräftigen Anteil an Gesellschafts-, Politik- und Medienkritik. Fertig ist ein literarisches Eintopfgericht, dessen Genuss ich Euch wärmstens empfehle.

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review SPOILER ALERT! 2019-03-05 10:25
Das grobmaschige Netz von Hakan Nesser, Van Veeteren #1
Das grobmaschige Netz - Håkan Nesser

Nach einer durchzechten Nacht findet Janek Mitter seine Frau Eva ertränkt in der Badewanne. An die Ereignisse der Nacht kann er sich nicht erinnern, aber er weiß, dass er sie nicht umgebracht hat - aber ohne Beweise des Gegenteils wird er in eine psychiatrische Anstalt eingewiesen. Doch etwas irritiert Hauptkommissar Van Veeteren an diesem Fall - und das Gefühl wird bestärkt, als Mitter selbst umgebracht wird.

 

Dies ist ein ziemlich geradliniger Krimi, der ohne große Überraschungen auskommt, trotzdem aber recht spanned ist und letztlich die gewohnten familiären Untiefen aufweist. Nesser verwendet seine Zeit weniger, den Kommissar Van Veeteren direkt vorzustellen, als ihn tüfteln und Puzzlestückchen zusammensetzen zu lassen. Jedenfalls ist er mit Jagdinstinkt ausgestattet und lässt sich nicht abbringen, wenn er mal Lunte gerochen hat. Im Privatleben schaut's trister aus: Ehefrau Renate kommt immer wieder mal angekrochen, der Sohn sitzt im Gefängnis und der Tochter steht er auch nicht gerade nah (nur ihrem alten Hund, den er sitten darf).

 

Insgesamt ein interessanter Beginn, wenn auch nicht ganz so fesselnd wie der Anfang von Nessers späterer Barbarotti-Serie. Aber ich werde wohl zu Van Veeteren zurückkommen.

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review 2017-06-21 11:58
Eine Geschichte in einer Geschichte in einer Geschichte
The Crane Wife - Patrick Ness

„The Crane Wife“ von Patrick Ness basiert auf einem japanischen Volksmärchen. Im Nachwort schreibt Ness, dass er die Erzählung bereits seit dem Kindergarten kennt. Ich hingegen musste sie nachschlagen. Die Geschichte existiert in verschiedenen, alternativen Versionen, die grundlegenden Elemente gleichen sich jedoch sehr. Stets geht es um einen verletzten Kranich, der von Menschen gesundgepflegt wird und sich für ihre Hilfsbereitschaft großzügig revanchiert. Ich bin froh, dass mir das Märchen völlig unbekannt war, da ich aufgrund meiner Unwissenheit gänzlich unbelastet an „The Crane Wife“ herangehen konnte.

 

George Duncans Leben lässt sich mit einem Wort zusammenfassen: unspektakulär. Er ist Inhaber eines kleinen Copyshops, der mäßigen Gewinn abwirft, Vater einer erwachsenen Tochter, die ihn nicht ernstnimmt und geschieden, weil seine Ex-Frau ihn für „nicht Manns genug“ hielt. George ist sich seiner sanftmütigen Durchschnittlichkeit bewusst und hätte niemals erwartet, dass sich daran etwas ändert, doch das Schicksal hat andere Pläne. Eines nachts weckt ihn ein unmenschlicher, herzzerreißender Schrei. Verschlafen taumelt George aus dem Bett und staunt nicht schlecht: in seinem Garten hockt ein großer weißer Kranich. Ein echter Kranich! Ist das ein Traum? Nein, das kann nicht sein, der Kranich wurde angeschossen. Ein Pfeil steckt in seinem Flügel. Kurzentschlossen hilft er dem Vogel. Als das majestätische Tier davonsegelt, ahnt George nicht, dass er soeben den Verlauf seiner Zukunft fundamental veränderte. Am nächsten Tag betritt eine Frau seinen Laden. Sie heißt Kumiko, ist wunderschön und wird all das in Georges Leben bringen, das er bisher vermisste: Liebe, Wunder und Magie.

 

Es ist nahezu unmöglich, „The Crane Wife“ einem Genre zuzuordnen. Patrick Ness tunkt seine Zehen in die Wasser vieler Kategorien, taucht aber niemals unter. Das Buch ist von allem ein bisschen, entzieht sich jedoch einer klaren, eindeutigen Definition. Organisatorisch bereitet mir ein solcher Roman einige Probleme, inhaltlich hingegen liebe ich Grenzgänger dieser Art, weil sie so viele ineinander verschlungene Themen ansprechen. Objektiv betrachtet handelt „The Crane Wife“ von George Duncan, einem durchschnittlichen Mann, dem Wundervolles und Außergewöhnliches widerfährt. Worum es in diesem Buch allerdings tatsächlich geht, steht auf einem ganz anderen Blatt. Es besteht eine hohe Spannung zwischen der oberflächlichen Geschichte und der tiefer liegenden Bedeutung, wodurch sich ein immenser Interpretationsspielraum entfaltet. Ich denke, jeder Leser bzw. jede Leserin liest etwas eigenes, sehr intimes und Persönliches aus Georges Geschichte heraus. Meiner Ansicht nach geht es in „The Crane Wife“ um Liebe und Vergebung, um das Geben und Nehmen in einer Beziehung und um verzehrende Leidenschaft. Inwieweit kann, sollte und darf man eine andere Person besitzen? Wie gut muss man einen Menschen überhaupt kennen, um ihn oder sie lieben zu können? George verliebt sich in Kumiko, obwohl ihm all die Fakten, an denen wir ein „zivilisiertes“ Menschenleben messen, fehlen. Er vertraut seinem Gefühl. Es ist nicht wichtig, woher sie kommt oder wie ihr Leben vor ihrer Begegnung aussah. Wichtig ist nur, was er für sie empfindet und wie er sich in ihrer Gegenwart fühlt. Kumiko verändert Georges Wahrnehmung seiner eigenen Person. Er lernt unheimlich viel über sich selbst; darüber, wer und wie er ist und dass es in seiner eigenen Macht liegt, sein Leben als zauberhaft, überraschend und bedeutsam zu betrachten. Ich denke, im Grunde war er dazu immer in der Lage, er hatte es nur vergessen. Er hatte vergessen, dass eine Geschichte niemals nur eine Geschichte ist, sondern Legion. Egal, was auf der Welt geschieht, es sind immer viele Menschen und dementsprechend auch viele Perspektiven involviert. Dadurch entsteht ein dichtes und weit verzweigtes Netz miteinander verknüpfter, ineinandergreifender Geschichten. Dieses Netz ist ein Wunder, weil es uns als Menschen verbindet. Unsere Leben berühren sich viel häufiger und intensiver, als wir meist annehmen. Ich finde, das ist ein wundervoller Gedanke, den Patrick Ness bis in die elementare Konstruktion von „The Crane Wife“ verfolgt. Auch sein Buch ist eine Geschichte in einer Geschichte in einer Geschichte. Jede hat ihren eigenen Helden bzw. ihre eigene Heldin, jede fokussiert andere Sorgen, Nöte und Themen. Ich tue mich daher schwer damit, George als Protagonisten des Romans zu bezeichnen. Er mag der Hauptdarsteller seiner Geschichte sein, aber im größeren Rahmen ist er vielmehr ein Knotenpunkt, ein Schmelztiegel der Milliarden Facetten, die wir menschliches Miteinander nennen.

 

Ich kann in dieser Rezension lediglich einen sehr allgemeinen Eindruck von „The Crane Wife“ von Patrick Ness vermitteln. Man muss es selbst gelesen, selbst erlebt haben, um zu verstehen, wie eindringlich dieses Buch mit Bedeutung aufgeladen ist und wieso es so schwierig ist, es angemessen zu beschreiben. Für mich war es genau die leise, zärtliche und ruhige Lektüre, die ich nach „No llores, mi querida“ von André Pilz brauchte. Ich brauchte ein Buch, das vollkommen ohne Härte und Aufregung auskommt, das mich sanft zum Lächeln und Nachdenken bringt. Der starke philosophische Einschlag von „The Crane Wife“ ließ meine Gedanken fliegen, ich hätte mir allerdings eine etwas deutlichere Richtungsangabe gewünscht. Patrick Ness lässt seinen Leser_innen so viel Freiraum, dass ich lange überlegen musste, was er mir möglicherweise sagen möchte. Etwas mehr Führung hätte mir sehr geholfen, die Gedankenflut in meinem Kopf zu sortieren. Nichtsdestotrotz ist „The Crane Wife“ ein wundervolles Buch, das ich gern weiterempfehle und enthält einige stilistische Perlen, die mich wirklich berührten. Oder ist ein Bücherregal als Zustandsbeschreibung der Seele etwa nicht eines der schönsten Gleichnisse, die euch je begegnet sind?

Source: wortmagieblog.wordpress.com/2017/06/21/patrick-ness-the-crane-wife
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review 2016-09-25 18:37
[Rezension] Merel van Groningen - Und plötzlich gehörst du ihm... ~ Gefangen im Netz eines Loverboys - eine wahre Geschichte
Und plötzlich gehörst du ihm: Gefangen im Netz eines Loverboys (German Edition) - Merel van Groningen,Axel Plantiko
Beschreibung:
Merel ist fünfzehn, als sie Mike kennen lernt. Sie verliebt sich - ist doch egal, dass er so viel älter ist, eine kriminelle Vergangenheit hat und komische Freunde. Zu Hause gibt es eh nur noch Stress, und Mike fängt sie auf. Blind vor Liebe merkt Merel nicht, was Mike plant. Als das Geld mal wieder alle ist, glaubt sie sogar selbst, dass es keinen Ausweg gibt als den, dass Merel sich verkauft ... »In den Medien herrscht oft Unverständnis für die Opfer: Man lässt sich doch nicht so einfach auf den Strich stellen, hab ich dort so oft gehört. Sie wissen nicht, was Angst und Scham aus dir machen können.« Merel v. Groningen
 
Details:
Taschenbuch: 253 Seiten
Verlag: Bastei Lübbe; Auflage: Aufl. 2011 (18. Februar 2011)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3404600061
ISBN-13: 978-3404600069
Originaltitel: Misleid
Größe: 12,7 x 2,4 x 18,8 cm
 
Eigene Meinung:
Das Cover soll sicher Merel zeigen, die ausserhalb der Szenerie im Hintergrund steht. Ihr Gesicht wirkt traurig und verlassen. An sich passt das Cover recht gut zum Rest der Geschichte. 
Merel lernt Mike kennen und verliebt sich nicht auf den ersten Blick in ihn, es ist eher ein schleichender Prozess, der sich zieht. Mike scheint an sich auch schon kein Traummann zu sein, wie sich im Laufe der Geschichte immer und immer wieder zeigt. 
Merel empfinde man im Buch immer wieder als sehr naiv und kurzsichtig, was sich auch an ihrem Alter liegt. Sie zeigt einfach, dass sie die Folgen ihrer Handlungen gar nicht überdenkt. 
Mike ist ein Mann, der eigentlich immer nur versucht, möglichst leicht durchs Leben zu kommen. Aber er weiss genau, wie er Merel immer und immer wieder um den Finger wickeln kann. 
Richtig in Fahrt kommt die Geschichte aber erst im letzten Drittel des Buches, der erste Sex kommt erst auf Seite 121 kurz zur Sprache, aber mehr als spannend erfährt man darüber nicht. 
Danach plätschert die Geschichte so weiter vor sich hin, bevor es am Ende des Buches nochmal etwas heftiger wird, allerdings nur in dem Sinne, dass Merle zum Sex mit Freiern gezwungen werden soll, aber es kommt dazu nicht. Erst jetzt, zum Ende des Buches kommen Menschen ins Spiel, die Merle wirklich helfen wollen, aber das sind alles Massnahmen, die man hätte schon 100 Seiten eher im Buch hätte haben wollen, nur liegt der Höhepunkt und das Ende des Buches fast gleich auf und somit ist die Spannungskurve nicht wirklich gegeben. An sich kann man die Geschichte als sehr langatmig beschreiben und man hat nicht wirklich immer wieder gefragt, warum gerade die Mütter oder die Ämter nicht eingreifen, immerhin ist Merle erst 15 Jahre alt. 
An sich liest sich das Buch regt unspektakulär und wirklich teilweise unglaubwürdig, aber es kann auch sein, dass Merle in dem Fall einfach ein Fall ist, der durchrutscht ist, aber spätestens in dem Moment, als die Mitarbeiterin vom Jugendamt mit Merle spricht und merkt, dass sie aus der Situation hinaus will, sollte etwas passiert, tut es aber auch nicht wirklich und das macht stutzig. 
 
Fazit:
Ein interessanter Plot, der leider recht schwach umgesetzt wird. Das Ansinnen versteht man, dass man die Öffentlichkeit vor dem Phänomen der Loverboys warnen will, aber mit diesem Buch ist das sicher schwer möglich, da die Geschichte sich eher zieht und man immer das Gefühl hat, dass man hätte eingreifen müssen, aber keiner scheint etwas zu tun oder sich Sorgen zu machen. Die Geschichte zieht sich zu sehr und wirklich ein Spannungsbogen ist leider nicht vorhanden. 

 

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review 2015-11-11 16:34
Mehr Mut, mehr Selbstvertrauen, mehr Risiko
Time's Edge (The Chronos Files Book 2) - Rysa Walker

Ich hätte die Möglichkeit gehabt, den zweiten Band der Trilogie „The CHRONOS Files“, „Time’s Edge“, wie bereits den Vorgänger „Timebound“ bei Netgalley anzufragen. Ich habe mich dagegen entschieden. Ich finde es nicht richtig, für eine Geschichte nicht zu zahlen, wenn ich schon weiß, dass sie mir gefällt. Mal davon abgesehen, dass die Bände der Trilogie als Kindle-Edition wirklich nicht teuer sind, kann ich der Autorin so meine Wertschätzung ihrer Arbeit ausdrücken und sie unterstützen. Ich denke, dass gerade eine junge Schriftstellerin wie Rysa Walker diese Unterstützung braucht, daher macht es mir nichts aus, Geld für ihre Bücher auszugeben, um sie anschließend zu rezensieren. „Time’s Edge“ habe ich mir direkt nach der Lektüre des ersten Bandes besorgt, denn ich wollte unbedingt wissen, wie es weitergeht.

 

Die 1893er Weltausstellung in Chicago war nur der Anfang. Die Gegenwart schwebt noch immer in Gefahr. Saul plant, die Geschichte zu verändern und nach seinen Vorstellungen umzugestalten. Unzählige Leben könnten ausgelöscht werden. Kate muss die verbliebenen CHRONOS-Schlüssel in der Vergangenheit ausfindig machen, bevor Saul sie für seine Zwecke einsetzen kann. Als wäre ihre Mission nicht bereits aufreibend genug, ist auch Kates Liebesleben ein einziges Chaos. Während sie auf der einen Seite versucht, ihre Beziehung mit Trey zu retten, muss sie auf der anderen Seite mit Kiernan zusammenarbeiten, der ihre Gefühle heftig durcheinanderbringt. Doch kann sie Kiernan überhaupt vertrauen?
Hin und her gerissen zwischen den Zeiten hat Kate nur einen einzigen Versuch, die Welt und ihr eigenes Leben zu retten.

 

Ich fand „Time’s Edge“ mitreißender und intimer als den Vorgänger „Timebound“ . Ich war emotional tiefer in der Geschichte und näher an den Figuren, weil Rysa Walker noch mehr Herzblut in diesen zweiten Band steckte. Es wirkte, als fühlte sie sich sicherer und selbstbewusster beim Schreiben, besonders in Bezug auf das Zeitreise-Thema. Statt sich wie in „Timebound“ auf ein einziges Ziel in der Vergangenheit zu konzentrieren, bietet sie dieses Mal verschiedene Orte zu verschiedenen Zeiten an und erarbeitet dadurch ein komplexeres Geflecht von Zeitlinien, die sich teilweise überschneiden. Es gefiel mir sehr gut, dass sie sich erfolgreich um mehr Atmosphäre bemühte und die unterschiedlichen Schauplätze wesentlich greifbarer beschrieb. Zusätzlich integrierte sie genau das, was mir nachträglich gesehen im ersten Band fehlte: ein Stück persönliche Geschichte. Bisher gestattete Walker Kate und ihrer Großmutter Katherine nur wenig Interaktion mit den Menschen der Zeiten, die sie besuchten und erklärte diese Zurückhaltung mit den Vorschriften von CHRONOS. Auf sich selbst gestellt bewegt sich Kate nun freier. Eine Wendung der Handlung erlaubt ihr den direkten Kontakt mit echten, persönlichen Schicksalen, der nicht nur für sie sehr berührend ist, sondern es auch für mich war. Ich konnte völlig nachvollziehen, wie schwer es ihr in dieser Situation fiel, sich nicht einzumischen und die Ereignisse nicht zu verändern, obwohl sie ihr so nahegingen. Dieser Moment der Identifikation machte sie für mich zu einer besonderen Protagonistin, was ich von Rysa Walker allerdings auch erwartet hatte. Darüber hinaus gebe ich zu, dass mich Kates persönliches Liebesdreieck für sich eingenommen hat. Ja, ich weiß, normalerweise nerven diese Dreiecksgeschichten, aber ich versichere euch, dieses ist wirklich originell, interessant und pikant. Beide Beziehungen sind schwierig und kompliziert – nicht nur, weil sie de facto in unterschiedlichen Zeiten stattfinden. Meiner Ansicht nach ist es für Kate schier unmöglich, sich zu entscheiden und das, obwohl ich eigentlich von Anfang an ein Fan von Trey war. Kiernan ist einfach so höllisch charmant (und gutaussehend *hüstel*), dass meine Überzeugung im Verlauf von „Time’s Edge“ ins Wanken geriet. Letztendlich bleibe ich aber doch im Team Trey, denn es geht mir nicht anders als Kate selbst: ich misstraue Kiernan. Ich werde das Gefühl nicht los, dass er etwas Entscheidendes verheimlicht. Möglicherweise sogar aus purem Egoismus, weil er sich ein Leben mit Kate wünscht. Ich kann noch gar nicht absehen, welche Entwicklung Rysa Walker für ihn anstrebt.
Die Handlung an sich ist in ihrem groben Rahmen natürlich ein wenig vorhersehbar; ich gehe davon aus, dass Kate im Finale über Saul triumphiert. Ich hatte nicht den Eindruck, dass der zweite Band den übergeordneten Plot wirklich weit nach vorn trieb, doch er gestaltete ihn definitiv verschachtelter und dichter. Diese Details sind es, die mich davon überzeugen, das Finale „Time’s Divide“ zu lesen. Ich weiß, dass Kate letztendlich siegen wird – aber ich habe keine Vorstellung davon, wie. Ich glaube, dass Rysa Walker noch die eine oder andere Überraschung aus dem Ärmel schütteln wird und freue mich darauf, herauszufinden, welche das sind.

 

Ich beglückwünsche mich selbst dazu, „The CHRONOS Files“ via Netgalley entdeckt zu haben. Ich sagte es bereits und ich muss es noch einmal betonen: Rysa Walker ist eine talentierte Autorin mit unheimlich viel Potential. Einen Teil davon hat sie in „Time’s Edge“ gezeigt. Ich hatte den Eindruck, dass Walker Mut und Selbstvertrauen aus dem Erfolg ihres ersten Bandes schöpfte, mehr Risiken einging und sich an ein kompliziertes Netz verschiedener Zeitstränge wagte. Diese spezielle Komplexität zeichnet die Trilogie allerdings als Lektüre aus, die meiner Meinung nach ausschließlich für Zeitreise-Fans geeignet ist. Die Zeitlinien und ihre Verbindungen intellektuell und logisch auseinander zu halten, ist sowohl für die Figuren als auch für die Leser_innen eine Herausforderung, an der man prinzipiell Spaß haben muss. Ich würde davon abraten, mit „The CHRONOS Files“ in die Thematik einzusteigen, doch wenn ihr bereits wisst, dass euch Sprünge durch die Geschichte begeistern, könnt ihr Kate ohne Weiteres auf ihren Reisen begleiten.

Source: wortmagieblog.wordpress.com/2015/11/11/rysa-walker-times-edge
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