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review 2019-05-18 15:35
Ein Leben in der Sperrzone
Was uns erinnern lässt - Kati Naumann

Der Thüringer Wald im Jahr 2017: Milla (33) arbeitet als Sekretärin in einer Anwaltskanzlei und ist die alleinerziehende Mutter ihres Sohnes Neo, der gerade im Teenageralter ist. In ihrer Freizeit ist sie immer auf der Suche nach „Lost Places“. Etwas abseits der Wanderwege am Rennsteig ist sie gerade unterwegs, als sie mitten in einem Waldgebiet zufällig einen überwucherten Keller findet. Er gehörte zum Hotel Waldeshöh, wie Milla schnell feststellt, als sie die Falltür öffnet und das Innere erkundet. Sie erfährt, dass das Hotel von der Familie Dressel geführt wurde. Dieser besondere Ort lässt sie nicht los. Auf einem Schulheft steht der Name von Christine Dressel, die in der Sperrzone lebte. Milla will sie und die anderen ehemaligen Bewohner aufspüren, um mehr herauszufinden. Die Begegnung verändert beide Frauen…

„Was uns erinnern lässt“ ist ein Familienroman von Kati Naumann.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus 35 Kapiteln mit einer angenehmen Länge. Es gibt mehrere Erzählstränge. Einerseits befinden wir uns in der Gegenwart und begleiten Milla. Andererseits spielt die Geschichte in der Vergangenheit und dreht sich um Christine, zwischen den Jahren 1945 und 1977. Beide Stränge werden abwechselnd erzählt. Einheitliche Zeitangaben erleichtern die Orientierung. Der Aufbau erscheint sorgsam durchdacht und funktioniert gut.

Der Schreibstil ist anschaulich, einfühlsam und warmherzig. Der Einstieg in die Geschichte fiel mir nicht schwer.

Dass zwei Frauen im Vordergrund des Romans stehen, sagt mir sehr zu. Ein Schwachpunkt ist meiner Meinung nach allerdings die Figur der Milla, für die bei mir keine richtige Sympathie aufkommen kann.  Sie wirkt als Charakter unrund, ihr Verhalten nicht besonders authentisch – im Gegensatz zu Christine, deren Schicksal mich bewegen kann. Positiv anzumerken ist der abgedruckte Stammbaum der Familie Dressel, der einen guten Überblick über diese Personen gibt.

Das Thema des Romans, die Sperrzone und ihre Auswirkungen, finde ich sehr interessant. Mir hat es gut gefallen, dass sich die Autorin diesem eher weniger bekannten Teil der deutschen Geschichte gewidmet hat. Deutlich wird dabei ihre fundierte Recherche. So gelingt es, dem Leser Einblicke in das Leben der DDR zu geben und zum Nachdenken anzuregen. Das macht den Roman gleichsam lehrreich wie unterhaltsam, denn trotz der mehr als 400 Seiten gibt es kaum Längen und die Geschichte bleibt kurzweilig. Ein wenig schade ist jedoch, dass im Dunkeln bleibt, an welchen Stellen schriftstellerische Freiheiten zum Tragen kamen und was den historischen Tatsachen entspricht. Über ein kurzes Nachwort hätte ich mich gefreut.

Das stimmungsvolle, nostalgisch anmutende Cover empfinde ich als äußerst gelungen. Auch der Titel ist sehr treffend gewählt.

Mein Fazit:
„Was uns erinnern lässt“ von Kati Naumann ist ein unterhaltsamer Roman, der einen wichtigen Teil der deutschen Geschichte wieder ins Gedächtnis ruft und in den Fokus rückt. Eine lesenswerte Geschichte, die mir trotz kleiner Schwächen schöne Stunden bereitet hat.

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review SPOILER ALERT! 2017-07-30 12:01
Amnesia Ich muss mich erinnern
AMNESIA - Ich muss mich erinnern: Thrill... AMNESIA - Ich muss mich erinnern: Thriller - Jutta Maria Herrmann

Taschenbuch, Knaur TB 

 

01.06.2017, 304 S.

 

9,99 €

 

 

Du hast nichts zu verlieren.

 

Du hast eine mörderische Wut.

Und du kannst dich an nichts erinnern …

 

Als die Berlinerin Helen die Diagnose Krebs im Endstadium erhält, ist es ihr einziger Wunsch, sich vor ihrem Tod endlich mit ihrer Mutter auszusöhnen, zu der sie ein schwieriges und distanziertes Verhältnis hat. Bei ihrer Familie in der südwestdeutschen Heimat angekommen, muss sie dann schockiert erfahren, dass ihre schwangere Schwester Kristin von ihrem Ehemann Leon misshandelt wird. Am liebsten würde Helen Leon dafür umbringen, zu verlieren hat sie ja nichts mehr. Aber einen Menschen töten? Helen glaubt nicht, dass sie dazu wirklich fähig ist.

 

Am nächsten Morgen allerdings ist Leon tot – und Helen, die Medikamente mit schwersten Nebenwirkungen nimmt, hat keinerlei Erinnerung an die vergangene Nacht. Amnesie …

 

Meine Meinung:

 

Ich habe im letzten Jahr Schuld bist Du gelesen, welches mir sehr gut gefallen hatte. Als ich nun gesehen hatte, dass die Autorin ein neues Buch herausbringt, war mir klar, dass ich auch dieses lesen möchte. Mir wurde vom Verlag freundlicherweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. 

 

Der Einstieg in die Geschichte ist mir wieder sehr gut gelungen, der Schreibstil war auch hier wieder sehr flüssig. Ich muss aber sagen, dass mir die Spannung hier einfach ein wenig gefehlt hat. 

 

Zu den Charakteren kann ich nur sagen, dass ich Helens Mutter unmöglich fand, ihr Verhalten gegenüber Helen fand ich indiskutabel. Da wundert es mich nicht, dass Helen nicht oft nach Hause gekommen ist. Am Ende gibt es allerdings einige überraschende Wendungen. 

 

Das Ende selbst war mir persönlich etwas zu offen, aber doch mit einigen Wendungen gespickt, die mich überraschen konnten. 

 

Alles in allem war dies ein solider Thriller, der mich gut unterhalten konnte, auch wenn ich die beiden vorherigen Thriller von ihr spannender fand. Von mir bekommt das Buch 4 Sterne. 

 
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review 2017-01-24 10:13
Unter Schnee und Eis regt sich das Böse...
Weißer Schrecken - Thomas Finn

„Weißer Schrecken“ von Thomas Finn erregte vor Jahren meine Aufmerksamkeit, weil der Klappentext behauptete, das Buch sei der ultimative Thriller für alle Fans von Stephen King. Das war kurz nachdem ich begeistert meinen ersten King gelesen hatte, „ES“. Ich war sozusagen frisch angefixt. Ich erinnere mich sogar daran, dass ich meiner Schwester euphorisch von „Weißer Schrecken“ erzählte. Das Buch landete auf meiner Wunschliste, ich konnte mich aus Geiz aber wieder einmal lange nicht überwinden, es zu kaufen. Ich weiß nicht, wie lange, mehr als drei Jahre auf jeden Fall. Im März 2016 begegnete es mir dann günstig gebraucht bei Medimops. Ich zögerte nicht und nutzte die Chance, diese WuLi-Altlast endlich abzuarbeiten. 10 Monate später nahm ich mir „Weißer Schrecken“ als ideale Winterlektüre vor.

 

Andreas verbrannte alle Brücken zu seiner Vergangenheit. Er ließ seine Heimat, das verschlafene Berchtesgadener Dörfchen Perchtal, weit hinter sich. Um zu vergessen. Um zu entkommen. 26 Jahre lang täuschte er vor, die schrecklichen Ereignisse seiner Jugend überwunden zu haben. Doch nun holt das Grauen ihn ein. Kurz vor Nikolaus ruft ihn das Schicksal nach Hause. Unter Schnee und Eis regt sich erneut das Böse in Perchtal und droht, weitere Kinder als Opfer zu fordern. Andreas hat keine Wahl. Er muss sich erinnern. Er braucht seine Jugendfreunde, um sich der uralten Macht entgegenstellen zu können. Das dunkelste Kapitel seines Lebens ist noch nicht abgeschlossen.

 

„Weißer Schrecken“ ist das perfekte Buch für lange, kalte, dunkle Winternächte, wenn man sich gern ein bisschen gruselt und Nervenkitzel zu schätzen weiß. Eingekuschelt in eine Wolldecke, eine dampfende Tasse Tee in der Hand, kann ich mir keine bessere Lektüre vorstellen, während draußen ein Schneesturm tobt und der eisige Wind um die Ecken pfeift. Passenderweise ächzte Deutschland gerade unter einem jähen Wintereinbruch, als ich es las und auch die Weihnachtszeit lag nicht lange zurück. Dieser Thriller hat einen bemerkenswerten Bezug zum vorweihnachtlichen Nikolausbrauchtum, der für mich absolutes Neuland war. Offenbar ranken sich im Alpenland zahlreiche Mythen um die Zeit des 06. Dezembers, die mir alle unbekannt waren. In meiner Heimat Berlin gibt es keine Krampusläufe; wir kennen weder Schönperchten noch Schiechperchten. Bei uns wird am Nikolaus der Stiefel gefüllt und das war’s. Ich war schockiert, wie wenig ich über deutsche Volkssagen weiß und habe jede Information, die Thomas Finn mir präsentierte, gierig aufgesogen wie ein Schwamm. Es ist interessant, wie sich in Süddeutschland der christliche Glaube an den heiligen Nikolaus von Myra mit heidnischen, keltischen Überlieferungen vermischte und ein düsteres Geflecht aus Sagen und Gebräuchen entstehen ließ, in dem der negativ konnotierte Knecht Ruprecht eine zentrale Rolle spielt. Diese bedrohliche Schattenseite einer beliebten Kinderfigur bildet die Basis von „Weißer Schrecken“, für die ich sehr empfänglich war. Ich fand die Geschichte von Andreas und seinen vier Freunden, die einer uralten, bösartigen Macht trotzen, äußerst fesselnd und unheimlich. Die Handlung wechselt zwischen Gegenwart und Vergangenheit, der Großteil spielt allerdings in der Jugendzeit der Clique. Im Winter 1994 sind sie alle um die 15 Jahre alt und zu Tode gelangweilt vom Leben in Perchtal. Zumindest, bis sie herausfinden, dass das kleine Dorf ein entsetzliches Geheimnis verbirgt. Die solide, gradlinige, kontinuierliche Spannungskurve ließ die Seiten hinwegfliegen; ich wollte das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Ich konnte mich hervorragend in die frostige, schauerliche Atmosphäre einfühlen. Ich hörte Schnee knirschen und Eis knacken, spürte die schneidende Kälte in meinen Lungen und sorgte mich um die fünf Freunde, die auf der Suche nach Antworten ihre Leben riskieren. Obwohl die Zusammensetzung der Clique ein wenig stereotyp ist, mochte ich die unterschiedlichen Charaktere, weil ihre Freundschaft glaubwürdig ist. Ebenso wenig störte mich, dass Thomas Finn kein herausragender Schriftsteller ist, denn er versteht es durchaus, eine mitreißende Geschichte zu erzählen. Ich kann ihn mir gut an einem Lagerfeuer vorstellen. Er lässt Legenden lebendig werden und ich glaube, ihn selbst faszinierten die Ergebnisse seiner Recherchen mindestens genauso wie mich. Lediglich die vielen, betonten Anspielungen auf die 90er fand ich etwas übertrieben und nervig, weil diese Zeitspanne nun wirklich nicht so lange her ist, dass sie amüsierte Nostalgie rechtfertigen würde. Nichtsdestotrotz gefiel mir „Weißer Schrecken“ so gut, dass ich diesbezüglich ein Auge zudrücken kann.

 

„Weißer Schrecken“ wird nicht mein letzter Thriller von Thomas Finn gewesen sein. Mittlerweile stehen drei weitere Romane aus seiner Feder auf meiner Wunschliste. Sein Ansatz, aus alten Legenden eine moderne, unheimliche Geschichte zu konzipieren, begeistert mich. Man erzählt sich die Sage des strafenden Knecht Ruprecht seit Jahrhunderten; zahllose Generationen von Kindern fürchteten sich vor ihm. Für mich besitzt dieses kulturelle Erbe eine ganz eigene Macht und Wirkung. Ich kann nicht leugnen, dass ich mich während der Lektüre von „Weißer Schrecken“ mehr als einmal ordentlich gegruselt habe – nicht zuletzt am Ende des Buches, das Thomas Finn zwar unbefriedigend offen gestaltete, welches meine Fantasie aber auch zu wilden Spekulationen anregte.
Tatsächlich würde ich nicht zögern, Fans von Stephen King „Weißer Schrecken“ zu empfehlen. Obschon Thomas Finn dem Meister des Horrors schriftstellerisch nicht das Wasser reichen kann, nutzt er eine ähnliche Mischung aus Realismus und Mystik, um seine Leser_innen zu unterhalten. Er holt uralte Schrecken in die Realität und spielt mit den Grenzen der Rationalität. Ein gabengefüllter Stiefel wird für mich nie wieder unschuldig sein, denn er wird mich stets daran erinnern, dass der gute Nikolaus einen finsteren Begleiter hat…

Source: wortmagieblog.wordpress.com/2017/01/24/thomas-finn-weisser-schrecken
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review 2016-06-14 10:43
In der Warteschleife
Die weiße Flamme - Richard Schwartz

Richard Schwartz ist nicht der Geburtsname des Autors der Zyklen „Das Geheimnis von Askir“ und „Die Götterkriege“. Er ist ein Pseudonym – eines von fünf. Es ist nicht öffentlich bekannt, wie der Mann tatsächlich heißt. Offiziell bestätigt ist nur, dass es sich bei Richard Schwartz und Carl A. deWitt um ein und dieselbe Person handelt. Seit diesem Jahr veröffentlicht Piper „Die Lytar-Chronik“ unter dem Namen Richard Schwartz, obwohl diese Trilogie ursprünglich als Zweiteiler von Carl A. deWitt bei blanvalet erschienen ist. Ich werde mir die drei Bände irgendwann von Piper zulegen, weil die Ausgaben überarbeitet wurden. Zuerst liegen jedoch noch einige Bände von „Die Götterkriege“ vor mir.

 

Havald, Engel des Soltar, ist aus seinem Schlaf erwacht, doch sein Gedächtnis kehrt nur langsam zurück. Solange er sich lediglich vage daran erinnert, wer er ist, ist jede Hoffnung, die Askir in ihn setzt, vergeblich. Leandra und Serafine sind enttäuscht, haben mit ihren Pflichten allerdings alle Hände voll zu tun. Leandra muss schnellstmöglich nach Illian reisen, um ihren Thron einzunehmen und den Rat daran zu hindern, die Stadt an den feindlichen thalakischen Kriegsherren Corvulus zu übergeben. Vorher hat sie jedoch ein Versprechen zu erfüllen: sie versprach, Byrwylde zu erschlagen, die riesige Schlange, die sich durch die Umleitung des Weltenstroms befreien konnte. Währenddessen befinden sich Wiesel und Marla bereits in Illian und müssen feststellen, dass die Stadt mit Intrigen verseucht ist und jeden Tag Unschuldige auf den Scheiterhaufen der Weißen Flamme brennen. Leandras Leben steht auf dem Spiel, finden Wiesel und Marla vor ihrer Ankunft keine Verbündeten, die sie unterstützen. Werden sie die Stadt gemeinsam vor sich selbst schützen können?

 

Kennt ihr diese Bücher, die man liest, für gut befindet und danach fast sofort wieder vergisst? So ergeht es mir bisher mit den Bänden von „Die Götterkriege“. Mir gefiel der Auftakt „Die Rose von Illian“ und ich mochte auch den zweiten Band „Die Weiße Flamme“, aber bleibenden Eindruck haben sie leider kaum hinterlassen. Es fällt mir schwer, Positives und Negatives zu definieren, weil mich die Geschichte emotional nicht richtig berührt. Irgendetwas fehlt. Es fühlt sich an, als könnte ich ein objektives Urteil abgeben, aber kein subjektives. Möglicherweise hängt das damit zusammen, dass ich den Eindruck habe, dass diese beiden Bände nur das Vorgeplänkel der eigentlichen Handlung darstellen. Die Geschichte nimmt sehr langsam Fahrt auf. Meiner Meinung nach zielt Richard Schwartz darauf ab, Havald erneut als ihr Zentrum zu etablieren, konnte damit allerdings noch nicht beginnen, weil er ihn selbst ins Aus geschrieben hat. Da Havald durch die Ereignisse am Ende des ersten Zyklus „Das Geheimnis von Askir“ zwischen Leben und Tod schwebte, musste er ihn erst zurückholen und sich erholen lassen, bevor er ihm in den nachfolgenden Bänden abermals die führende Rolle der Geschichte auf den Leib schneidern kann. Ich finde nicht, dass ihm das besonders elegant gelungen ist. „Die Rose von Illian“ und „Die Weiße Flamme“ hinterließen bei mir den Nachgeschmack einer Warteschleife. Obwohl ich die Figuren der Reihe mag und ihnen gern folge, weist keine die gleiche Zugkraft wie Havald auf. Vielleicht liegt mir die gradlinige Zuschreibung von Gut und Böse nicht; normalerweise sind es gerade die ambivalenten Charaktere, die mich am meisten faszinieren. Ich bin nicht überzeugt, dass Schwartz in der Lage ist, zwiespältige Persönlichkeiten zu konzipieren, denn selbst Marla und Wiesel verfolgen ehrenwerte Ziele. Mir erschienen sie aus genau diesem Grund mit der Situation in Illian überfordert, gleichwohl man meinen sollte, zwei Diebe kämen mit einer Schlangengrube voller Intrigen zurecht. Ich denke, Schwartz hat sich mit dieser Darstellung der Stadt keinen Gefallen getan, denn auf mich wirkte sie etwas ungelenk. Erst die Auflösung des Intrigengeflechts durch Leandras Ankunft konnte mich richtig fesseln.
Was mir hingegen sehr gut gefällt, ist die Tatsache, dass Schwartz das Militär Askirs als gleichberechtigte Institution beschreibt. Viele hochrangige Positionen werden von Frauen bekleidet. In der High Fantasy trifft man selten auf eine so fortschrittliche Streitmacht, doch zu Askir passt es hervorragend, schließlich wird das Reich von einer Frau regiert. Lustigerweise habe ich trotzdem Schwierigkeiten, Desina als Kaiserin wahrzunehmen. Ich empfinde sie primär als Eule und glaube, dass ihr das selbst ähnlich geht. Die Magie nimmt in Schwartz‘ Universum einen interessanten Stellenwert ein. Sie ist ein mächtiges Werkzeug mit vielen Einsatzmöglichkeiten, beinhaltet aber nicht die Antwort auf jedes Problem. Weder Desina, noch Leandra oder Asela verlassen sich uneingeschränkt auf sie. Es gefällt mir, dass in Schwartz‘ Welt sowohl Platz für Magie als auch für rudimentäre Technik ist, denn ich fand nie, dass das eine das andere ausschließt.

 

Ich hoffe sehr, dass „Die Götterkriege“ im nächsten Band „Das Blutige Land“ endlich richtig durchstarten. Es wäre zu schade, würden sie weiter vor sich hinplätschern, denn ich möchte mich begeistern lassen. Das Potential ist da und ich habe das Gefühl, dass die Geschichte erzählt werden will, doch bisher fehlt einfach das gewisse Etwas, diese spezielle Anziehungskraft, die sie unwiderstehlich werden ließe. Vielleicht braucht es dafür erst Havald, der in „Das Blutige Land“ wieder in den Fokus rückt. Ich bin äußerst neugierig, in welche Richtung er die Geschichte führen wird und ob Richard Schwartz aus ihm tatsächlich die zentrale Figur macht, die ich in ihm vermute.
„Die Weiße Flamme“ ist ein solider, unterhaltsamer High Fantasy – Roman voller klassischer Elemente. Daran gibt es nichts zu rütteln. Ich wünschte nur, zwischen den Seiten würde sich ein wenig mehr emotionaler Zauber verstecken.

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review 2016-06-08 09:59
Die Düsternis hat einen Namen
The Rose Society - Marie Lu

Seit ich den gleichnamigen Auftakt von Marie Lus neuster Trilogie „The Young Elites” im Mai 2015 voller Begeisterung gelesen habe, fieberte ich der Fortsetzung „The Rose Society“ entgegen. Diese erschien im Oktober 2015, ich versuchte jedoch, mich zurückzuhalten, weil ich wusste, dass das Finale „The Midnight Star“ erst ein Jahr später im Oktober 2016 veröffentlicht würde. Im Mai 2016 hielt ich es nicht länger aus. Ich musste einfach wissen, wie es mit Adelina und den Young Elites weitergeht.

 

Adelina Amouteru wurde verraten. Familie und Freunde ließen sie im Stich, ihre Verbündeten wandten sich von ihr ab, weil sie ihre ungezügelte Macht fürchten. Adelina schwört, Rache zu nehmen. Begleitet von ihrer kleinen Schwester Violetta flieht sie nach Merroutas, um Kenettras Inquisition unter Teren Santoro zu entkommen und andere malfettos zu finden, die ähnliche Kräfte wie sie selbst besitzen. Sie plant, ihre eigene Gesellschaft von Elites zu gründen und mit ihrer Hilfe sowohl die Inquisition als auch die Dagger Society zu zerschlagen. Sie alle werden büßen für das Leid, das Adelina erdulden musste. Sie alle werden vor ihr zittern. Sie alle werden den Tag bereuen, an dem sie die Weiße Wölfin herausforderten. In ihrem blinden Bestreben nach Macht und Vergeltung bemerkt Adelina nicht, dass ihre Fähigkeiten, die sich von Schmerz und Angst nähren, sie zu verschlingen drohen. Sie verliert die Kontrolle. Die Dunkelheit ist ein Teil ihrer Seele – wird sie sich ihren Einflüsterungen hingeben oder an dem Guten in sich festhalten?

 

In „The Rose Society“ schildert Marie Lu die Geschichte von Adelinas Fall in die Dunkelheit. Wiederholt lässt sie sich verführen und gibt der unsagbaren Wut in ihrem Herzen nach, um skrupellos ihre Ziele zu erreichen. Adelina kennt keine Bescheidenheit. Adelina will Königin sein, basta. Sie ist überzeugt, dass ihre Macht allein als Anspruch genügt. Wehe, ihr kommt jemand in die Quere. Ihr könnt euch anhand dieser Beschreibung sicher vorstellen, dass es nicht einfach war, Adelina im zweiten Band der Trilogie „The Young Elites” zu ertragen. Ich wusste, dass Marie Lu „The Rose Society“ als das (bisher) düsterste Buch ihrer Karriere bezeichnet. Ich habe damit gerechnet, dass Adelina eine erschreckende Entwicklung durchleben wird; dass sie, berauscht von ihren Fähigkeiten, jegliches Gespür für Anständigkeit bewusst zum Schweigen bringt. Diesen Prozess zu erleben, empfand ich trotzdem als Herausforderung. Ich spürte, dass mir Adelina immer weiter entglitt und meine Verbindung zu ihr bröckelte. Ich wollte mich von ihr abwenden, konnte mich dem Sog der Geschichte aber nicht entziehen. Adelinas moralischer Verfall übte eine morbide Faszination auf mich aus, obwohl die Handlung, die diese Entwicklung einrahmt, meines Erachtens nach etwas holprig und nicht völlig überzeugend geriet. Für mich war es problematisch, Adelinas Pläne ernst zu nehmen, weil sie streng genommen keine Pläne macht. Sie reagiert lediglich, handelt selten vorausschauend und legt sich nicht ein einziges Mal eine längerfristige Strategie zurecht. Marie Lu lässt sie wie ein Blatt im Wind treiben, das mal hierhin, mal dorthin fliegt, ohne selbst Einfluss nehmen zu können. Adelina wird mit Situationen konfrontiert, auf die sie nicht vorbereitet ist und dementsprechend durch impulsive Entscheidungen bewältigen muss. Einzig ihre enormen Fähigkeiten und ihr Wille, erforderlichenfalls Leben zu opfern, erlauben ihr, Erfolge zu verzeichnen. Unterstützt wird sie dabei von ihrer kleinen Schwester Violetta und einem neuen Charakter, dem Elite Magiano. Ich fand ihre jeweiligen Rollen in der Geschichte äußerst interessant, da sie beide auf ihre Art ein Gegengewicht zu Adelinas geballter Negativität darstellen. Violetta agiert als Adelinas zartfühlendes Gewissen, erinnert sie aber stets an das Leid, dem sie unter ihrem grausamen Vater ausgesetzt war. Violettas Gegenwart ist für Adelina eine zweischneidige Klinge, die sie entweder beruhigt oder erzürnt. Sie fühlt sich von Violettas Fähigkeiten bedroht, da sie die einzige ist, die Adelina aufhalten könnte, erkennt jedoch ihr Potential als mächtige Waffe. Ihre Gefühle für ihre kleine Schwester sind widersprüchlich; sie ist hin- und hergerissen zwischen Liebe, Paranoia und eiskalter Berechnung. Magiano hingegen könnte Adelina vor sich selbst retten, wenn sie ihn ließe. Ich war entsetzt, dass sie nicht erkennt, wie gut er ihr tut. Magianos schalkhafte, gutherzige Positivität überfordert sie, weil sie sich nicht erlaubt, ihm völlig zu vertrauen. Stattdessen hält sie an Enzo fest, mit dem sie eine manische, verzehrende Leidenschaft verbindet, die der Düsternis ihrer Seele Nahrung bietet. Magiano würde Licht und Wärme in ihr Leben bringen, aber sie weigert sich, mehr in ihm zu sehen als ein Mittel zum Zweck und entscheidet sich erneut für die Dunkelheit.

 

Ich fand den ersten Band der Trilogie, „The Young Elites“, besser als die Fortsetzung „The Rose Society“. Nichtsdestotrotz verstehe ich, welche Absicht Marie Lu verfolgte und freue mich nun sehr auf das Finale „The Midnight Star“. Im zweiten Band werden einige Punkte angedeutet, die meine Neugier entfachen und auf einen fulminanten Abschluss hoffen lassen. Ich bin gespannt, ob Lu ihre finstere Antiheldin läutern oder bestrafen möchte. Ich habe noch nicht entschieden, welches Schicksal ich ihr wünsche, befürchte aber, dass es für Adelina bereits zu spät ist.
Für mich ist diese Trilogie reizvoll und lesenswert, weil sie so anders ist. Man trifft im Young Adult – Genre nicht oft auf Antiheld_innen. Selbst wenn ich „The Rose Society“ völlig enttäuschend gefunden hätte, würde ich weiterlesen, um herauszufinden, wie Marie Lu ihre Geschichte beenden wird. Glücklicherweise empfand ich das Buch allerdings als fesselnd und atmosphärisch, voller faszinierender Beziehungen und menschlicher Schattenseiten. Die Düsternis hat einen Namen: Adelina Amouteru.

Source: wortmagieblog.wordpress.com/2016/06/08/marie-lu-the-rose-society
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