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review 2018-12-25 09:00
Henry N. Brown öffnete mein Herz für Weihnachten
Das weihnachtswunder des Henry N. Brown - Anne Helene Bubenzer

Bereits als Kind waren Kuscheltiere für mich sehr wichtig. Ich sammelte sie. Ich liebte sie. Und natürlich kannte ich jeden einzelnen Namen auswendig. Aber es gab immer DAS eine Kuschel, das ich mehr als alle anderen liebte. Seit meinem achten Lebensjahr ist das eine Bärendame namens Dickie. Das Dickchen. Ich rettete sie vor einem würdelosen Ende auf dem Müll, als mein Grundschul-Klassenzimmer ausgemistet wurde. Ihr Fell ist eher kurz, trotzdem ganz weich und hat diese seltsame beige Farbe. Sie ist älter als ich. Ich weiß nicht, woher sie kam und was sie schon alles erlebte, doch seit diesem denkwürdigen Tag sind wir unzertrennlich. Wir reisten, spielten, weinten und lachten zusammen. Als ich älter wurde, begleitete sie mich klaglos ins Leben einer Erwachsenen. Bis heute schlafe ich besser, wenn sie bei mir ist. Mein Ehemann berichtet, dass ich im Schlaf sogar zufriedene Geräusche von mir gebe, wenn er sie mir in den Arm legt und wir manchmal in exakt derselben Position daliegen. Ziemlich verrückt?

 

Auch nicht verrückter, als einen ganzen Roman über die Weltgeschichte aus der Perspektive eines Teddybären zu schreiben, wie Anne Helene Bubenzer es mit „Die unglaubliche Geschichte des Henry N. Brown“ getan hat.  Das N. steht für „Nearly“, weil Henry eben nur fast braun ist. Wie Dickie. Für diese Rezension ist es entscheidend, dass ihr versteht, wie abgöttisch ich das Buch ihretwegen liebe, deshalb erzähle ich euch von ihr. Die Lektüre fühlte sich an, als hätte Bubenzer direkt in mein Herz geschaut und die Geschichte aufgeschrieben, die ich mir so dringend für Dickie wünschte. Das bedeutet mir mehr, als ich ausdrücken kann. Einige Jahre nach Henrys Biografie erschien „Das Weihnachtswunder des Henry N. Brown“, eine schmale, lockere Fortsetzung, die ich 2018 endlich passend zur Weihnachtszeit las.

In seinem 91-jährigen Teddybärenleben durfte Henry N. Brown bereits eine Menge Erfahrungen sammeln: er bereiste die Welt, erlebte Liebe und Verlust, sah Kriege entflammen und den Frieden siegen. Er kann zweifellos behaupten, mit allen Wassern gewaschen zu sein. Seinen Ruhestand als stiller Mitbewohner der Schriftstellerin Flora Sommer verdiente er sich redlich. Doch dieses Weihnachtsfest weckt erneut die Lebensgeister des alten Bären. Alle sorgfältigen Pläne, die Flora und Henry für einen ruhigen Heiligabend schmiedeten, werden vom Chaos unerwarteter Familienbesuche und uneingeladener Gäste über den Haufen geworfen. Die beiden haben alle Hände und Pfoten voll zu tun, um das Tohuwabohu unter Kontrolle zu halten, aber der Magie von Weihnachten kann niemand entfliehen. Trotz vieler Überraschungen wird es am Ende das schönste Fest, das sich Flora und Henry wünschen konnten.

 

„Das Weihnachtswunder des Henry N. Brown“ lag lange auf meinem SuB. Weihnachten kam und ging Jahr für Jahr, ohne dass ich mich überwinden konnte, das Buch hervorzuholen. Ich denke, ich fürchtete mich ein bisschen davor, dass es mich enttäuschen könnte, weil mir „Die unglaubliche Geschichte des Henry N. Brown“ so viel bedeutet. Meine Sorgen waren unbegründet. Sie wurden im Handumdrehen entkräftet, möglicherweise bereits mit dem ersten Satz, denn meine Liebe zu Henry entbrannte sofort wieder mit alter Kraft. „Das Weihnachtswunder des Henry N. Brown“ ist eine wundervolle Ergänzung seiner Biografie, eine Ergänzung, die er verdiente und die ihm gerecht wird. Meiner Meinung nach ist diese Weihnachtsgeschichte ein Geschenk, das Anne Helene Bubenzer nicht für ihre Leser_innen schrieb, sondern für ihren ungewöhnlichen Protagonisten persönlich. Es ist Bubenzers Geschenk an Henry. Wer könnte das Fest der Liebe intensiver und ehrlicher erleben als ein Teddy, dessen Lebenssinn immer die Liebe selbst war?

 

Aus seiner einzigartigen Perspektive und mit der ihm eigenen, beruhigenden Stimme erzählt er die Geschichte eines überraschenden, turbulenten Heiligabends, der genau deshalb wunderschön ist, weil nichts nach Plan läuft. Untermalt von seinen nachdenklichen, herzlichen Überlegungen zu Familie, Freundschaft, Zeit und seinen verträumten Erinnerungen an vergangene Tage schildert er, wie befreiend es für Flora und ihre unverhofften Gäste ist, ein Weihnachten zu feiern, das allen Erwartungen trotzt. Anfangs empfinden sie das aufgezwungene Chaos als negativ, doch je weiter der Abend voranschreitet, desto besser arrangieren sie sich mit der Situation und genießen einfach das friedliche, liebevolle Beisammensein ihrer Familie. Sie überwinden das Korsett aus Erwartungen, das an Weihnachten oft besonders eng geschnürt ist und erfahren eine versöhnliche Harmonie, der sie selbst jahrelang im Weg standen, ohne es zu merken.

 

Henry trägt natürlich diskret, aber essentiell dazu bei, denn als Teddy erinnert er alle Anwesenden an ihre Kindheit und bringt aufrichtige, tiefe Gefühle zum Vorschein. Auch in mir als Leserin berührte er etwas. Ich lächelte während der Lektüre unentwegt und wurde ganz weich. Ich spürte, wie sich in meinem Inneren etwas löste und hätte vor Rührung einige Male beinahe geweint. Vielleicht habe ich an der einen oder anderen Stelle sogar ein Tränchen vergossen. „Das Weihnachtswunder des Henry N. Brown“ ist schlicht bezaubernd; es ist eine zärtliche, warme Geschichte wie sanfter Kerzenschein, die ich fest in meinem Herzen einschließe und in den kommenden Jahren sicherlich immer wieder lesen werde. Anne Helene Bubenzer gelang etwas, was mir als Erwachsene schwerer und schwerer fällt: sie versetzte mich in Weihnachtsstimmung.

 

Nach der Lektüre dieses herrlichen Weihnachtsbuches hatte ich das Bedürfnis, mich bei meiner eigenen Teddybärendame für alles, was sie jemals für mich getan hat, zu bedanken. Bevor ihr fragt, ja, ich bin diesem Bedürfnis nachgekommen. Ich hoffe, dass ich für sie das Happy End darstelle, das Henry in „Das Weihnachtswunder des Henry N. Brown“ geschenkt wird, denn für ihn erfüllt sich ein Wunsch, von dem er gar nicht wusste, dass er ihn hatte. Vielleicht darf ich ihn eines Tages noch einmal wiedertreffen. Ich lausche ihm einfach so gern und sonne mich in seiner liebenswürdigen, sanftmütigen Ausstrahlung. Er erinnert mich an die Macht der Liebe und lässt mich an Wunder glauben. Er streichelt das Kind in mir. Danke Henry, danke Anne Helene Bubenzer für dieses magische Leseerlebnis, das mein Herz für Weihnachten öffnete.

Source: wortmagieblog.wordpress.com/2018/12/25/anne-helene-bubenzer-das-weihnachtswunder-des-henry-n-brown
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review 2015-12-27 11:47
Schlechtes Erwartungsmanagement
Tintenherz (Tintenwelt, #1) - Cornelia Funke

Gibt es eine deutschsprachige Autorin, die den Titel „Bestsellerautorin“ wirklich verdient, dann ist es Cornelia Funke. Seit Ende der 80er Jahre im Geschäft, lag ihre Gesamtauflage 2012 bei Sage und Schreibe 20 Millionen Büchern. Ihre Romane wurden bislang in 37 Sprachen übersetzt und 2005 wählte sie das TIME Magazine unter die 100 weltweit einflussreichsten Persönlichkeiten.
Trotz Funkes enormen Erfolgs und jahrelanger, euphorischer Schwärmerei seitens meiner Mutter brauchte ich sehr lange, bis ich bereit war, „Tintenherz“ endlich eine Chance zu geben.

 

Meggie und ihr Vater Mo führen ein ungewöhnliches, aber ruhiges Leben. Als Buchbinder ist Mo viel unterwegs, um Büchern überall auf der Welt ein neues Kleid zu schenken. Seine Tochter begleitet ihn oft auf seinen Reisen, denn die Liebe zu den Büchern verbindet sie. Niemals hätte Meggie erwartet, dass ausgerechnet ein Buch ihr Leben völlig durcheinanderbringt. In einer besonders ungemütlichen Nacht klopft ein mysteriöser Gast an ihre Tür. Seltsamerweise scheint Mo den Mann zu kennen, doch sein Besuch ist ihm offenbar unangenehm. Am nächsten Morgen brechen sie Hals über Kopf zu Meggies verschrobener Tante Elinor auf. Bevor sie abfahren, beobachtet Meggie Mo dabei, wie er ein merkwürdiges kleines Buch einpackt, das Meggie noch nie zuvor gesehen hat. Bei Elinor angekommen, bittet Mo sie, eben dieses Buch in ihrer gewaltigen Bibliothek zu verstecken. Warum will Mo das Buch verbergen und wieso weigert er sich, Meggie zu erklären, was es damit auf sich hat? Als böse Männer in Elinors Haus einbrechen, das Buch stehlen und Mo entführen, stürzen Vater und Tochter in das Abenteuer ihres Lebens – voller Magie, Geheimnissen und Gefahren.

 

„Tintenherz“ ist für mich ein Rezensionsschreckgespenst. Selbst während ich hier sitze und tippe, weiß ich eigentlich nicht, was ich schreiben soll. Ich gebe das ganz ehrlich zu, denn ich glaube einerseits, dass das allen Rezensent_innen ab und zu passiert und andererseits, dass die Tatsache, dass mir nichts einfällt, bereits einiges darüber aussagt, wie ich das Buch fand. Deswegen wird dies hier keine reguläre Rezension, denn ich bin nicht in der Lage, „Tintenherz“ wie jedes andere Werk zu analysieren. Stattdessen möchte ich euch erklären, was mich blockiert und warum.
Nach der Lektüre von „Tintenherz“ habe ich mich mit meiner Mutter über Erwartungsmanagement unterhalten müssen. Es tut mir unheimlich leid um das Buch, doch aufgrund ihres jahrelangen Überschwangs waren meine Erwartungen astronomisch, unrealistisch hoch. Sie hat das Buch in meinem Kopf größer werden lassen, als es eigentlich ist, wodurch mich die tatsächliche Erfahrung des Lesens enttäuscht hat. Die ganze Zeit wartete ich darauf, dass all das Spektakuläre, das ich in die Worte meiner Mutter hineininterpretierte, passierte. Ich konnte nicht wissen, dass meine Erwartungshaltung unmöglich zu erfüllen war. Darüber hinaus wurde mir klar, dass sie mir bereits lange vor der Lektüre das wichtigste Detail der Geschichte verriet. Sie hat mich heftig gespoilert. Das ist das erste Mal, dass sich meine Kenntnis eines entscheidenden Bausteins unbestreitbar auf mein Lesevergnügen auswirkte.
Ich kann „Tintenherz“ nicht objektiv bewerten, weil ich nicht weiß, wie es auf mich gewirkt hätte, wären meine Erwartungen nicht total übersteigert gewesen. Meine Enttäuschung ist so dominant, dass sie jedes andere Gefühl überdeckt und unterdrückt. Der Versuch einer normalen Rezension wäre deswegen äußerst unfair, denn es liegt nicht an der Geschichte selbst, dass ich unzufrieden bin. Glaube ich zumindest. Ich denke schon, dass sie mir hätte gefallen können, obwohl ich überzeugt bin, dass ich den allgemeinen Hype trotz dessen nur schwerlich nachvollziehen könnte. Dafür hätte ich sie vermutlich wesentlich eher lesen müssen, nicht erst mit Mitte 20.
Ich hoffe nun stark auf die Fortsetzung der Trilogie, über die ich rein gar nichts weiß. Ich fand den Auftakt ja nicht schlecht, er war nur nicht das, was ich erwartet hatte. Ich möchte mich nicht damit abfinden, dass sich alles, was ich für „Tintenherz“ empfinde, durch ein Schulterzucken ausdrücken lässt. Für mich ist diese Situation nicht akzeptabel, denn ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass sich so viele Leser_innen weltweit irren sollen. Nein, ich bin das Problem, dessen bin ich sicher.

 

Manchmal ist die Beziehung zu einem Buch durch äußere Faktoren kompliziert. Erwartungen sind eine heikle Angelegenheit. Wie ihr seht, ist die begeisterte Schwärmerei über ein Buch in diesem Fall mächtig nach hinten losgegangen. Ich möchte noch einmal betonen, wie leid es mir um „Tintenherz“ tut. Ich laste es weder Cornelia Funke noch der Geschichte an, dass mich die Lektüre nicht so glücklich gemacht hat, wie ich es mir gewünscht hätte. Es tut mir auch leid, dass ich euch dieses Mal keine richtige Rezension anbieten kann, aber ich komme an meinem Gefühl der Enttäuschung einfach nicht vorbei. Ich würde euch gern einen Eindruck von Schreibstil, Handlungskonstruktion und Charakterkonzipierung vermitteln, doch ich dringe nicht zu meinem analytischen Ich hindurch. Für mich ist das eine unangenehme Erfahrung, allerdings ist es auch eine wichtige Lektion, die ich bereits an meine Mutter weitergereicht habe. In Zukunft wird sie sich bestimmt etwas besser beherrschen und sich auf die Zunge beißen, bevor sie mir ein entscheidendes Detail verrät. ;)
Wenn ihr „Tintenherz“ bereits gelesen habt, verratet mir doch, was euch daran begeisterte. Vielleicht brauche ich einfach eine andere Perspektive, um zu sehen, was an der Geschichte so wundervoll ist, dass sie weltweit geliebt wird.

Source: wortmagieblog.wordpress.com/2015/12/27/cornelia-funke-tintenherz
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text 2015-12-18 11:42
Eine Geschichte, die sich schwer auf das Gewissen legt
Far North - Marcel Theroux

„Far North“ ist ein dystopischer Roman des Autors Marcel Theroux und lag lange, lange auf meinem SuB, bevor seine Zeit endlich gekommen war. Ich meine, ich habe es gekauft, kurz nachdem ich „Die Straße“ von Cormac McCarthy gelesen habe. Mein Verlangen nach düsteren Endzeitgeschichten war in dieser Phase enorm, da ich das Gefühl hatte, McCarthys Pulitzerpreis-gekröntes Meisterwerk habe mir eine ganz neue Welt der Literatur offenbart. Und auf gewisse Weise war das ja auch tatsächlich so. Mittlerweile ist meine Begeisterung für das Genre weniger euphorisch, doch hin und wieder lasse ich mich auch heute noch gern in eine dunkle, beunruhigende Zukunftsvision entführen.
„Far North“ erschien mir die ideale Winterlektüre zu sein, voller Eis, Schnee und klirrender Kälte.

 

Das Leben im hohen Norden ist kalt und hart. Die Einsamkeit ist ein ständiger Begleiter. Seit sich die Welt gegen die Menschen wandte, sind all die technischen Errungenschaften der vergangenen Jahrhunderte nur noch Erinnerungen. Das Land liegt brach und Siedlungen sind verlassen. Makepiece ist der letzte Mensch in Evangeline, bereit, das Dorf zu schützen und die Ordnung aufrecht zu erhalten. Eines Tages jedoch schleicht sich ein Schimmer Hoffnung in Makepiece‘s sorgsam gehütete Routine. Ein Flüchtling versteckt sich in Evangeline. Trotz anfänglichen Misstrauens ist die Bedeutung seiner Existenz unleugbar: es gibt noch immer Leben in der Welt. Mutig übergibt sich Makepiece der Wildnis, auf der Suche nach einer Zukunft. Doch Kälte und Härte finden sich nicht nur in der Natur, sondern auch in den Herzen der Menschen.

 

Ich bin immer wieder überrascht, wie wenig Dystopien aus der erwachsenen Literatur mit dystopischen Young Adult – Abenteuern gemeinsam haben. Nicht nur verzichten sie häufig vollständig auf die Fixierung auf Hauptfiguren, die Herangehensweise ist einfach komplett anders. Erwachsene Dystopien sind mahnend, drohend und geben mir beim Lesen das Gefühl, dass das Wesen der Menschheit unausweichlich zu ihrem Untergang führen wird. Das Erstaunliche daran ist, wie viel Hoffnung sich meist trotz dessen in diesen Geschichten versteckt. „Far North“ ist in seiner Reinheit außergewöhnlich. Es ist eine ruhige, leise Endzeitgeschichte, die tief in die Seele der Menschheit blickt und die in einer wunderschönen, atemberaubenden, wilden Landschaft spielt. Marcel Theroux hat die Atmosphäre des hohen Nordens hervorragend eingefangen und transportiert sie mühelos. Wer hätte gedacht, dass ein Dokumentarfilmer Bilder auch in einem anderen Medium so spielend in Szene setzen kann. An Makepiece’s Seite konnte ich den Schnee unter meinen Stiefeln knirschen hören und sah, wie mein Atem zu kleinen Wölkchen kondensierte. Ich konnte mir die überwältigende Natur lebhaft vorstellen und empfand Ehrfurcht angesichts all der unbeschreiblichen Schönheit, die selbst in der größten Katastrophe liegen kann. Worin genau diese Katastrophe besteht, lässt Theroux offen. Obwohl ich sonst unheimlich neugierig bin und darauf bestehe, alles zu wissen, gefiel mir diese Vagheit in „Far North“ sehr gut. Die Geschichte – Makepiece’s Geschichte – thematisiert das Hier und Jetzt, die Kaltherzigkeit der Menschen in ihrem Überlebenskampf, nicht die Vergangenheit. Es ist nicht wichtig, was mit der Erde passiert ist. Wichtig ist in diesem Roman nur, wie die Menschen mit der „neuen“ Situation umgehen. Interessanterweise glaube ich, dass Theroux selbst jedoch eine ziemlich eindeutige Vorstellung davon hat, was vorgefallen ist. Die wenigen Informationen, die er preisgibt, wirkten realistisch und gut durchdacht. Ich bewundere ihn für die mutige Entscheidung, seinen Leser_innen nicht alles zu offenbaren und dadurch den Fokus strikt auf seiner Botschaft zu halten. Diese hat in meinen Augen fast etwas Darwinistisches. Nur, wer sich anpasst, überlebt. Wie allerdings nicht anders zu erwarten, gelingt das den meisten Menschen eher schlecht als recht. Ich muss ehrlich sagen, dass „Far North“ mein zuweilen reichlich zynisches Bild meiner eigenen Art voll und ganz bestätigte. Wenn ich eines aus diesem Buch mitnehme, dann die Überzeugung, dass wir verloren sind, wenn uns unser Planet im Stich lässt, aus welchen Gründen auch immer. Die Menschen in „Far North“ scheinen das Ausmaß ihrer eigenen Ignoranz überhaupt nicht zu begreifen; sie machen einfach weiter wie bisher, rücksichtslos und skrupellos. Auf mich wirkten sie wie verzweifelte, kopflose Ratten, die versuchen, ein sinkendes Schiff zu verlassen und dabei doch nur Wasser tretend im Kreis schwimmen. Es war erschreckend und tat mir im Herzen weh, zu erleben, welch bittere Enttäuschungen Makepiece auf der simplen Suche nach Kontakt erfährt. Es sind nicht die Menschen, die die Hoffnung in „Far North“ tragen. Es ist die Natur selbst. Eine Natur, die immer einen Weg findet. Eine Natur, die streng, aber gütig und großzügig zu denjenigen ist, die sie schätzen, respektieren und die verstehen, dass sie nur zu Gast sind.

 

Nach dem Lesen empfinde ich „Far North“ weniger als buchstäbliche Wintergeschichte, sondern eher als Wintergeschichte im übertragenen Sinne, obwohl das Setting selbstverständlich häufig von Schnee und Eis bedeckt ist. Es behandelt den Winter in der Seele der Menschheit. Die Kälte lebt in uns allen und zeigt sich, wann immer wir egoistisch und rücksichtslos handeln. Mich hat dieses Buch daher sehr nachdenklich gestimmt. Wie oft wird uns gesagt, wir sollen leben, als gäbe es kein Morgen? Diese Einstellung ist fatal, denn es gibt ein Morgen. Wir können uns weder aus der Verantwortung für einander noch aus der Verantwortung für unseren Planeten heraus schummeln. Ich danke Marcel Theroux dafür, dass er mich daran erinnert hat, dass wir keine zweite Chance erhalten werden.
Ich kann euch „Far North“ von Herzen empfehlen, möchte euch aber davor warnen, dass sich diese Dystopie nicht so nebenbei weg liest. Es ist eine Geschichte, die sich schwer auf das Gewissen legt.

Source: wortmagieblog.wordpress.com/2015/12/18/marcel-theroux-far-north
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text 2015-08-24 15:08
What, the what?

How does this even happen? Why me? Wait...I posted my Monster Porn Monday meme on Twitter this morning. Does this mean Taye Diggs likes monster porn? Or is it totally random? I'm in shock. lol

 

 

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text 2015-07-29 07:28
Schales Geburtstagsdinner
Der ungeladene Gast - Sadie Jones

Anfang des 20. Jahrhunderts feiert Emerald ihren 20. Geburtstag mit einem kleinen Dinner und ausgewählten Freunden. Doch so richtig kann sie ihren Geburtstag nicht genießen. Das Familienanwesen „Sterne“ versinkt in Schulden, ein Zugunglück sorgt für unerwartete Gäste, die versorgt werden sollten und dann ist auch noch ein widerspenstiges Pony im Haus gefangen, das es zu befreien gilt.

Auf den ersten Blick die Grundlage für einen turbulenten Abend und dann taucht ein ungebetener Gast auf, der ein erschütterndes Geheimnis zu lüften droht.

Der Einstieg in die Geschichte ist mir sehr schwer gefallen. Bei Seite 35 angekommen, wurden bereits gefühlte 10 Personen vorgestellt, die ich kaum voneinander unterscheiden konnte. Erst nach der Hälfte der Geschichte konnte ich mir zumindest die wichtigsten Namen merken und die oberflächlichen Charaktere ihren Rollen zuordnen. 

Gut hat mir hier nur die kleine Smudge gefallen. Sie ist die kleine Schwester der Protagonistin Emerald und als einziger Charakter fassbar geworden. Durch ihre kindliche Weltanschauung und unbesonnenen Aktionen hat sie mich herrlich zum Lachen gebracht. 

Die Handlung selbst hat einen gruseligen Grundton, der meiner Meinung nach, viel stärker herausgearbeitet werden sollte. Denn es wirkt, als ob sich die Autorin für kein Genre so richtig entscheiden konnte. Man findet etwas Horror und Mystery, einen Schuss Historienroman, gewürzt mit einer Prise Liebe und Erotik und dann noch abgeschmeckt mit familiärer Soßenbasis. 

Im Endeffekt wurde aber statt eines exquisiten Dinners ein schaler Eintopf kredenzt.

 

© NiWa

Source: zeit-fuer-neue-genres.blogspot.co.at
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