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review 2016-02-03 09:24
Bisher der schwächste Band
Beautiful Chaos - Margaret Stohl,Kami Garcia

Ethan dachte, er wüsste was Chaos bedeutet. Er dachte, all die Monate, die er mit Lena verbracht hat, hätten ihn für jegliche magischen Schwierigkeiten abgehärtet. Er lag falsch. Seit die beiden von der Great Barrier zurück sind, erhält das Wort „Chaos“ völlig neue Dimensionen. Die Ordnung der Dinge selbst ist zerstört, aus dem Gleichgewicht gebracht von Lenas Berufung. Gatlin wird von beängstigenden Naturphänomenen heimgesucht. Die Caster verlieren die Kontrolle über ihre Kräfte. Link und Ridley müssen lernen, mit den Veränderungen zurecht zu kommen, die der Kampf mit Abrahams Schergen bei ihnen auslöste. Marian soll sich vor dem Gericht der Bewahrer verantworten, weil sie sich angeblich in den Lauf der Geschichte eingemischt hat. Alles droht, in sich zusammen zu brechen. Die Welt braucht eine Neue Ordnung, um nicht völlig aus den Fugen zu geraten und sich von den Ereignissen an der Great Barrier zu erholen. Ethan und Lena müssen herausfinden, was das Schicksal von ihnen verlangt. Sind sie bereit, die Verantwortung für ihr Handeln zu übernehmen und Opfer zu bringen, wie schrecklich sie auch sein mögen?

 

Ich habe die Handlung von „Beautiful Chaos“ nicht völlig verstanden. Mir ist natürlich absolut klar, was passiert, aber ich habe nicht begriffen, warum es passiert. Die Zusammenhänge sind mir ein Rätsel. Chaos ist da wirklich das richtige Wort. Ethan und Lena kehren von der Great Barrier zurück und stürzen ansatzlos in den Wirrwarr, der in ihrer Heimat Gatlin herrscht. Nichts ist so, wie es sein soll; alles ist irgendwie pervertiert und auf den Kopf gestellt. Kami Garcia und Margaret Stohl vermittelten mir, dass Lena und ihre Berufung für diese Situation verantwortlich sind. Ihre Entscheidung hat die alte Ordnung der Dinge zerstört. Ich verstehe nicht, wie das sein kann. Ihr Entschluss mag revolutionär sein, doch sie ist nur eine einzelne Caster und meiner Meinung nach hat sie bereits mindestens einen Zauber gewirkt, der weit mehr in die Ordnung eingriff. Die beiden Autorinnen gehen viel zu wenig auf die Gründe für diese Entwicklung ein. Sie stellten mich vor vollendete Tatsachen, ohne mir zu erklären, warum Lenas Entscheidung so heftige Auswirkungen hat. Ebenso wenig konnte ich nachvollziehen, dass es nur eine äußerst radikale Möglichkeit gibt, eine Neue Ordnung herzustellen. Es kam mir so vor, als sei der präsentierte Handlungsverlauf einzig und allein der Dramatik geschuldet, ohne tatsächlich durch die Geschichte motiviert zu sein, weshalb ich nicht völlig überzeugt davon war. Im Ergebnis erschien mir „Beautiful Chaos“ weniger zusammenhängend und in sich geschlossen als die beiden Vorgänger. Bisher ist er meiner Meinung nach der schwächste Band der Reihe, obwohl mir die verdrehte Atmosphäre gefiel und ich ein weiteres Mal emotional mit den Charakteren mitfiebern konnte. Meine Sympathien verteilten sich allerdings anders, weil ich es schwierig fand, an Ethan heranzukommen. Die Ereignisse der letzten Bände haben ihn verändert. Ihm fallen Stück für Stück immer mehr kleine Seltsamkeiten an sich selbst auf, die ihn belasten, über die er aber mit niemandem spricht. Dadurch strahlt er eine merkwürdige Präsenz aus; er wirkt zurückgezogen und nicht mehr komplett in der Realität verankert, als würde er traumwandeln. Es hat mich wahnsinnig gemacht, dass er sich nicht helfen lässt und stattdessen lieber versucht, allein mit seiner Lage fertig zu werden. Er weiß doch, wie gefährlich diese Geheimniskrämerei ist. Sowas Unvernünftiges. Es fiel mir schwer, ihn genauso zu mögen wie in den Bänden zuvor. Stattdessen konnte sein liebenswerter bester Freund Link zahllose Pluspunkte sammeln. Ethan hätte sich zweifellos eine Scheibe von ihm abschneiden können, denn die Art und Weise, in der Link mit seinem neuen Leben umgeht, ist bewundernswert. Er zeigt ein gesundes Interesse an seinem Zustand, hat unheimlich schnell gelernt, die Veränderung zu akzeptieren und setzt sich voller Neugier damit auseinander. Man muss eine heikle Situation nicht noch komplizierter machen, als sie sowieso schon ist. Link zerbricht sich nicht den Kopf über Konsequenzen oder Implikationen, die er ohnehin nicht absehen kann und nimmt es einfach, wie es kommt. Ich fand das unheimlich mutig. Leider verhält er sich in Bezug auf Ridley nicht ganz so gescheit. Ich hatte große Hoffnungen für Lenas Cousine, die sie unglücklicherweise alle enttäuscht hat. Es ist nicht leicht, eine gewisse Toleranzgrenze für Ridleys Handeln aufrecht zu erhalten. Ich versuche wirklich, Verständnis für sie zu haben, aber sie ist einfach eine egoistische Bitch. Ja, ich weiß, das sollte man nicht sagen und vermutlich ist ihre Psyche ein dunkler, verzerrter Ort, der all ihre schändlichen Taten relativiert, doch was ankommt, ist eben schlicht und ergreifend Boshaftigkeit. Sie verdient weder Link, noch die Rücksicht ihrer Familie, allen voran Lena.

 

Im Klappentext meiner Ausgabe von „Beautiful Chaos“ steht, dass es dieses Mal kein Happy End geben wird. Das stimmt. Wenn ihr diesen dritten Band lesen möchtet, solltet ihr euch darauf einstellen, dass euch ein fieser Cliffhanger am Ende erwartet – und davor jede Menge Schmerz. Meinem Empfinden nach ist „Beautiful Chaos“ reichlich finster, aber nicht ganz so überzeugend wie „Beautiful Creatures“ und „Beautiful Darkness“. Die kausale Kette der Ereignisse erschloss sich mir einfach nicht, obwohl ich fest überzeugt bin, dass Garcia und Stohl eine klare Vorstellung davon hatten, warum sich ihre Geschichte so und nicht anders entwickeln musste. Sie haben es nur nicht aufgeschrieben. Vielleicht dachten sie, der Ablauf sei logisch und offensichtlich, sodass das nicht unbedingt nötig sei. Leider muss ich ihnen da widersprechen: etwas weniger Drama zugunsten von mehr inhaltlicher Kohärenz hätte der Geschichte definitiv gutgetan.

Source: wortmagieblog.wordpress.com/2016/02/03/kami-garcia-margaret-stohl-beautiful-chaos
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review 2016-01-29 10:31
Düstere Southern Gothic
Beautiful Darkness - Margaret Stohl,Kami Garcia

Wusstet ihr, dass weder Kami Garcia noch Margaret Stohl aus den Südstaaten der USA stammen? Garcia wurde in Washington, D.C. geboren und lebt heute in Los Angeles, Stohl in Pasadena, Kalifornien. Mich hat das sehr überrascht, denn angesichts ihrer überzeugenden Darstellung der Südstaaten-Kleinstadt Gatlin in den „Caster Chronicles“ hätte ich erwartet, dass zumindest eine der beiden im Süden aufgewachsen ist. Vielleicht ist es aber gerade diese Distanz, die es ihnen erlaubte, Gatlin mit einem Augenzwinkern zu charakterisieren.

 

Lenas 16. Geburtstag hinterließ tiefe Wunden. Zwar konnte sie ihre Berufung verhindern und ihrer dunklen Mutter Sarafine die Stirn bieten, doch der Preis für ihren Widerstand war entsetzlich. Zerfressen von Kummer und Schuld zieht sich Lena immer weiter zurück. Sie erträgt es nicht, Ethan anzusehen. Ethan hingegen versucht, ihr so viel Zeit und Raum zu geben, wie sie braucht, spürt allerdings, dass ihm die Liebe seines Lebens zu entgleiten droht. Als er abermals von mysteriösen Visionen heimgesucht wird und ein neuer Song das Unheil des Siebzehnten Mondes voraussagt, kann er nicht länger zusehen, wie Lena sich selbst zerstört. Unterstützt von seinen Freunden wagt sich Ethan in das Labyrinth der Caster-Tunnel, um sie vor sich selbst zu retten. Doch der Feind schläft nicht und verfolgt weiterhin furchterregende Pläne. Wird Ethan Lena aus ihrem Strudel des Schmerzes und der Gefahr befreien können?

 

„Beautiful Darkness“ ist sehr viel düsterer als „Beautiful Creatures“ und verdient sich meiner Meinung nach erst recht einen Platz im Genre der Southern Gothic. Die Ereignisse des ersten Bandes werfen ihren schwermütigen Schatten auf Ethan und Lena und stellen sie vor neue Herausforderungen. Ihre Beziehung steht auf dem Prüfstand; sie müssen einander beweisen, dass sie gemeinsam nicht nur mit äußeren Faktoren zurechtkommen, sondern auch mit den Problemen, die sie selbst verursachen. Mir gefiel es außerordentlich gut, dass Garcia und Stohl die Handlung aus „Beautiful Creatures“ konsequent weiterführen und keine heile Welt präsentieren. Sie wagen es, ihr ProtagonistInnen-Pärchen von einer neuen Seite zu zeigen, wodurch die Geschichte einen realistischen Weg einschlägt. Friede, Freude, Eierkuchen hätte ich ihnen nicht abgekauft. Den Handlungsverlauf von „Beautiful Darkness“ empfand ich weniger gradlinig, denn unsere beiden Hauptcharaktere arbeiten nicht auf ein klar definiertes Ziel hin. Stattdessen vermittelt Ethan als Ich-Erzähler ein Maß an Verzweiflung, Verwirrung und Hilflosigkeit, das mir wirklich zu Herzen ging. Er weiß nicht, wie er Lena in ihrer selbst errichteten Festung des Kummers erreichen soll. Das Mädchen, das er liebt, distanziert sich mehr und mehr von ihm und er hat lange Zeit das Gefühl, nichts dagegen unternehmen zu können. Ich hätte gern eingegriffen, Lena geschüttelt oder ihr eine saftige Ohrfeige verpasst, damit sie wieder zur Besinnung kommt. Ich wollte Ethan beschützen, denn obwohl ich Lenas Schmerz durchaus verstehen konnte, fand ich, dass sie sich extrem verhält. Sie merkt nicht, dass sie in dem Bestreben, sich selbst zu bestrafen, auch andere bestraft und wegstößt, allen voran natürlich Ethan. Ich war froh, dass Ethan nicht nur seine Familie an seiner Seite hat, sondern auch einen großartigen besten Freund: Link. Link ist für ihn da, während Lena es nicht ist. Ethan kann sich zu 100% auf ihn verlassen, ganz gleich wie haarsträubend und gefährlich die Situation zu werden droht. Trotzdem hinterlässt Lenas Rückzug selbstverständlich eine physische und emotionale Lücke, in die Garcia und Stohl eine neue Figur treten lassen. Liv ist Britin, Marians studentische Hilfskraft und ein totaler Nerd. Ich mochte sie von der ersten Sekunde an. Ethan ist mit ihrem Auftauchen überfordert, weil zwischen den beiden eine unleugbare Anziehungskraft wirkt. Liv verkörpert all das, was Ethan haben könnte, wenn er nicht hoffnungslos in ein Caster-Mädchen verliebt wäre: ein normales, einfaches Leben voller Glück und Lachen, ohne magische Verwicklungen. Kein Wunder, dass ihn ihre Anwesenheit durcheinanderbringt. Vielleicht ist sie einer der Gründe dafür, dass Ethan sehr lange wartet, bis er einschreitet, um Lena vor sich selbst zu retten. Meiner Meinung nach ergreift er zu spät die Initiative. Lenas Trauerprozess in allen Ehren, aber er hätte ihren Eskapaden viel früher ein Ende setzen müssen, denn sie entwickelt sich zu einer ernsthaften Gefahr für die Menschen, die ihm etwas bedeuten. Er ist zu nachsichtig mit ihr. Schließlich interveniert er aber doch und folgt Lena in die Caster-Tunnel, die sich durch den ganzen Süden der USA (und vermutlich weit darüber hinaus) ziehen. Als Setting gefielen mir die Tunnel gut, da sie rätselhaft und ein bisschen unheimlich sind, allerdings bringen sie auch Unruhe in die Geschichte. Sie sind schwer fassbar und verändern sich ständig. Ich hatte hin und wieder Probleme, sie mir vorzustellen. Das Gleiche gilt für den finalen Kampf gegen Ende des Buches, der zwar spannend, meinem Empfinden nach jedoch nicht plastisch genug beschrieben ist.

 

Insgesamt fand ich „Beautiful Darkness“ anders als „Beautiful Creatures“. Nicht besser oder schlechter, sondern eben einfach anders. Genau das gefiel mir. Kami Garcia und Margaret Stohl rollen die Geschichte des ersten Bandes nicht noch einmal auf, sondern führen sie logisch weiter. Sie gestehen ihren Charakteren Entwicklung zu und trauen sich, die psychologischen Konsequenzen des Vorgängers zu verdeutlichen. Die liebevoll gezeichneten Charaktere fesselten mich an die Handlung; besonders Ethan habe ich wirklich ins Herz geschlossen, aber auch Link, Liv und Ethans gesamte Familie. Meine heiß entflammte Liebe zu den „Caster Chronicles“ ist ungebrochen. Diese Reihe ist wirklich magisch und ich freue mich darauf, zu erfahren, wie es in Gatlin weitergeht!

Source: wortmagieblog.wordpress.com/2016/01/29/kami-garcia-margaret-stohl-beautiful-darkness
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review 2016-01-27 10:30
Lange nicht so gut wie der Vorgänger
Vivian Versus America - Katie Coyle

Die Rezension zu „Vivian versus America“ habe ich lange aufgeschoben. Anfangs habe ich andere Buchbesprechungen vorgezogen, weil ich gegen Ende des Jahres erst die Bücher abhaken wollte, die ich mir für Challenges anrechnen konnte. Als das erledigt war, wollte ich mich der Fortsetzung von „Vivian versus the Apocalypse“ widmen, musste jedoch feststellen, dass dieses Vorhaben schwerer war als gedacht. Ich kam nicht voran, ja, fand nicht mal einen Ansatzpunkt. Ich beschloss, es nicht zu erzwingen und rezensierte weiterhin Bücher, die ich nach „Vivian versus America“ gelesen habe. Zwischenzeitlich spielte ich sogar mit dem Gedanken, die Rezension unter den Tisch fallen zu lassen. Glücklicherweise verbietet mir das allerdings meine Blogger-Ehre, weswegen ihr nun doch noch ein paar Gedanken zu diesem widerspenstigen Buch vor Augen habt.

 

Vivian hat sich entschieden. Für ihre Freunde, gegen ihre Familie. Gestrandet in San Francisco müssen Harp und sie sich nun einen aussichtsreichen Plan einfallen lassen, um Peter zu finden. Peter, der sich opferte, damit Harp und Viv der Church of America entkommen konnten. Im Idealfall konnte er ebenfalls fliehen, im schlimmsten Fall… daran möchte Vivian nicht einmal denken. Doch noch bevor sie auch nur die Stadt verlassen können, geraten die beiden Freundinnen erneut in Gefahr. Die Church of America hat ein Kopfgeld auf sie ausgesetzt und fahndet nach ihnen. Zu brisant ist das, was sie herausgefunden haben. Augenblicklich macht das ganze Land Jagd auf sie. Als sich die Situation zuspitzt und Viv und Harp keinen Ausweg mehr sehen, erhalten sie jedoch aus überraschender Richtung Hilfe. Vielleicht ist noch nicht alles verloren. Vielleicht wird Vivian Peter retten. Und vielleicht wird sie Amerika die Augen öffnen.

 

Ich glaube, der Grund, warum ich mich mit dieser Rezension so schwergetan habe, ist der, dass mein emotionales und mein analytisches Ich wieder einmal unterschiedlicher Meinung sind. Rational betrachtet war „Vivian versus America“ im Vergleich zum Vorgänger etwas enttäuschend. Doch emotional wollte ich mich davon genauso begeistern lassen wie von „Vivian versus the Apocalypse“, weil ich die Protagonistin und Ich-Erzählerin Vivian schrecklich gernhabe. Hundertprozentig geklappt hat das allerdings nicht, denn wenn ich ganz ehrlich zu mir bin, wird dieser Abschluss der Geschichte nicht völlig gerecht. „Vivian versus America“ ist lange nicht so gut wie der erste Band; es ist weniger symbolkräftig, wesentlich handlungsorientierter und fast schon zu abenteuerlich.
Katie Coyle nimmt ihre Geschichte nahtlos an der Stelle wieder auf, an der die Leser_innen Vivian im Vorgänger verlassen haben. Nachdem Vivian und Harp das ganze Land durchquerten, um Vivians Familie zu finden und aufzudecken, was wirklich hinter der Church of America steckt, musste unsere tapfere Protagonistin feststellen, dass Familie nicht zwangsläufig durch Blutsverwandtschaft definiert ist. Harp und Peter, die einzigen Menschen, die wirklich für sie da waren, als sie sie brauchte, sind ihre Familie. Die Entscheidung, zu ihnen zu stehen, ist ihr nicht leichtgefallen, aber ihre Freundschaft zu Harp hat dieser Entschluss unumstößlich gefestigt und gestärkt. Meiner Meinung nach verkraftet ihre Beziehung daher auch die Rollenverschiebung, die sich vor allem durch Vivians Weiterentwicklung ergibt. Diese Veränderung begann natürlich bereits im ersten Band, doch ich finde, erst in „Vivian versus America“ tritt sie vollständig zu Tage. Vivian ist nicht länger der passive, zurückhaltende Part der Freundschaft, sie ist aktiv und durchsetzungsstark. Harp hingegen büßt einiges an Dominanz ein, was ihr meinem Empfinden nach durchaus guttut, weil sie nun zeigen kann, dass sie auch eine weiche, unterstützende Seite hat und ihrer Freundin mit Rat und Tat zur Seite steht.
Nichtsdestotrotz fehlt der Handlung das gewisse Etwas, das mich im ersten Band vorbehaltlos überzeugte. Der Roadtrip quer durch die USA war Quelle und Auslöser einer fantastischen Metamorphose – nun, da Vivian und Harp ihr geografisches Ziel mehr oder weniger erreicht haben, entfernt sich Katie Coyle von der philosophischen Ebene des Reisethemas. Ich hatte den Eindruck, dass es nicht mehr um die großen Fragen des Lebens geht, sondern um handfeste, actionlastige Ereignisse. Offenbar war die Autorin der Meinung, dass Vivians Selbstfindungsphase bereits abgeschlossen ist und es Zeit wird, die Geschichte greifbar zu beenden. Ich fand das schade, denn dadurch erschien mir das Buch enttäuschend durchschnittlich. Es hätte auch das Finale jeder anderen beliebigen YA Dystopie sein können. Unterhaltsam, ja, aber ohne die besondere Tiefe, die „Vivian versus the Apocalypse“ auszeichnete.

 

„Vivian versus America“ ist nicht die großartige Fortsetzung, die ich mir für die Geschichte und die Protagonistin Vivian gewünscht habe. Vielleicht habe ich die Prioritäten der Autorin Katie Coyle falsch eingeschätzt, denn ich dachte, die Erkenntnisebene sei für sie wichtiger als die Handlungsebene. Der zweite Band verschiebt den Fokus unmissverständlich von dem, was zwischen den Zeilen steht hin zu den Worten, die schwarz auf weiß gedruckt sind. Ich denke, wenn ich nicht fest entschlossen gewesen wäre, das Buch zu mögen, wäre ich noch deutlich enttäuschter gewesen, obwohl es natürlich nicht schlecht ist.
Wenn ihr „Vivian versus the Apocalypse“ gelesen habt und wissen möchtet, wie die Geschichte rund um Vivian und ihre Freunde ausgeht, solltet ihr „Vivian versus America“ lesen. Ihr solltet euch allerdings darüber im Klaren sein, dass der nachdenkliche Charakter des Vorgängers überwiegend verloren gegangen ist und nun die Handlung im Mittelpunkt steht. Die Fortsetzung ist aufregend und liest sich schnell weg – nur philosophisch ist es leider nicht mehr.

Source: wortmagieblog.wordpress.com/2016/01/27/katie-coyle-vivian-versus-america
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review 2015-11-18 10:04
Ein Meisterwerk - ich war so blind!
A Game of Thrones - George R.R. Martin

Ich habe dem Hype um George R.R. Martins populäre High Fantasy Reihe „A Song of Ice and Fire“ sehr lange widerstanden. Es gibt eigentlich keinen plausiblen Grund dafür. Ich empfand einen diffusen Widerwillen der Reihe gegenüber, der einfach damit zu tun hatte, dass alle Welt sie in den Himmel lobt. Die Verfilmung als Serie machte es noch schlimmer, weil plötzlich sogar Menschen davon schwärmten, die sonst kaum oder gar nicht lesen. Das war kleinlich, ich weiß. Ende letzten Jahres habe ich dann nachgegeben und den ersten Band gekauft. Die Neugier siegte. Doch bis ich bereit war, „A Game of Thrones“ auch zu lesen, musste noch einmal einige Zeit vergehen.

 

Lord Eddard Stark von Winterfell wäre vollauf zufrieden gewesen, sein Leben lang über seine Ländereien im kalten Norden zu herrschen, Seite an Seite mit seiner Frau Lady Catelyn und umgeben von seinen Kindern. Doch das Schicksal hat andere Pläne. Als Lord Jon Arryn, die Hand des Königs, überraschend verstirbt, kündigt König Robert Baratheon seinen Besuch in Winterfell an. Der König und Eddard sind alte Freunde, Waffenbrüder, haben sich jedoch viele Jahre nicht gesehen. Eddard vermutet, dass Robert den weiten Weg nach Winterfell nicht ohne Grund auf sich genommen hat. Er behält Recht. Robert erwartet von ihm, dass er das Amt der Hand übernimmt. Obwohl Eddard keinerlei Interesse daran hat und den Norden nicht verlassen möchte, bleibt ihm keine andere Wahl, denn er ist einer perfiden Verschwörung auf der Spur. Der plötzliche Tod Jon Arryns war scheinbar nicht natürlichen Ursprungs. Er wurde ermordet. Eddard und Catelyn verdächtigen Haus Lannister, die machthungrige Familie der Königin. Welche Geheimnisse könnte Lord Arryn aufgedeckt haben, die ihn das Leben kosteten? Eddard begibt sich in das Herz der Macht. Das gefährliche Spiel der Throne beginnt…

 

Gott, war ich dämlich. Ich hätte wissen müssen, dass „A Game of Thrones“ und die Reihe „A Song of Ice and Fire“ die perfekte Lektüre für mich sind. Wie konnte ich nur so verbohrt sein? Ich hätte schon viel früher in die phänomenale Welt von George R.R. Martin eintauchen können und habe es aus eigener Blödheit abgelehnt. Ich kann nur den Kopf über mich selbst schütteln. Doch glücklicherweise werden Bücher ja nicht schlecht und ich konnte diese exorbitante Fehleinschätzung meinerseits korrigieren. Ich denke, ich wusste bereits auf der ersten Seite, dass „A Game of Thrones“ wie geschaffen für mich ist. Ich glitt ganz flüssig und problemlos in die Geschichte hinein, musste mich überhaupt nicht akklimatisieren und fand mich sofort zurecht. Martin hat eine großartige Art und Weise, seine Leser_innen von der ersten Sekunde an zu fesseln und regelrecht in sein Buch hinein zu saugen. Ich bin begeistert, mit welcher Leichtigkeit er einen soliden, kontinuierlichen und ruhigen Spannungsbogen konstruierte. Die Ereignisse überschlagen sich nicht, sie entwickeln sich natürlich auf anhaltend hohem Niveau. Er braucht keine reißerischen Actionkicks, sondern integriert an strategisch sinnvollen Stellen wohl durchdachte Spannungshochs. Er erschafft eine bombastische, greifbare Atmosphäre und malt ein Landschaftsgemälde mit Worten. Jedes Fleckchen seiner Welt hat einen eigenen, realistischen Charakter, von der eisigen Härte der Mauer am nördlichen Rand der Sieben Königreiche bis zur endlosen Weite des Dothrakischen Meers. Inmitten dieser wilden Schönheit spielen die Menschen ihr Spiel um Macht und Einfluss. Ich liebe die vielen Intrigen und Geheimnisse; in Westeros hat jede_r Dreck am Stecken, von den Kindern mal abgesehen, die einfach noch nicht alt genug sind, um bereits Leichen in ihrem Keller anzuhäufen. Noch. Selbst in den jüngsten sehe ich schon jetzt das Potential zu einer weiteren Generation der Ränkeschmiede und kann es kaum abwarten zu erleben, wie sie erwachsen werden. Werden sie auch nur ansatzweise so verschlagen und manipulativ wie ihre Eltern, sehe ich schwarz für eine friedliche Zukunft. Die Animositäten zwischen den Familien haben fast schon Tradition; jedes Haus verfolgt eigene Ziele und Pläne. Dadurch fiel es mir leicht, die vielen Figuren auseinander zu halten, denn sie erschienen mir real und wahrhaft lebendig. Kein einziger Charakter ist nur oberflächlich oder nachlässig gezeichnet – George R.R. Martin schreibt keine Komparsen. Er schreibt dominante, präsente, starke Persönlichkeiten, die meine Aufmerksamkeit nicht nur eroberten, sondern nachdrücklich einforderten. Aus Handlung und Figuren ergab sich so das Gesamtbild einer hochgradig komplexen Geschichte, die ihr wahres Gesicht meiner Ansicht nach noch gar nicht gezeigt hat. „A Game of Thrones“ scheint die Dokumentation extensiver Familienfehden und Machtkämpfe zu sein, doch ich bin sicher, deutliche Hinweise auf eine wesentlich unheimlichere, gefährlichere Entwicklung erkannt zu haben. Winter is coming

 

„A Game of Thrones“ ist ein Meisterwerk. Ich flippe (innerlich) völlig aus, wenn ich daran denke, dass da eine ganze Reihe auf mich wartet, jeder einzelne Band ähnlich brillant wie der erste. Ich kann nicht glauben, dass ich mich so lange gewehrt habe und begreife nicht, wie ich so blind sein konnte. Den ersten Band wollte ich nicht mehr aus der Hand legen und ich verkünde hiermit stolz, dass ich nun auch zu den Infizierten gehöre. Und zu den coolen Kids. ;)
Wer High Fantasy liebt, muss „A Game of Thrones“ einfach lesen. Obwohl die Geschichte bisher nur dezente übernatürliche Elemente enthält, hat sie alles, was wir an diesem Genre so sehr schätzen. Der erste Band ist ein schriftgewordenes Versprechen auf all das, was da noch kommen mag. Macht nicht den gleichen Fehler wie ich. Versagt euch „A Game of Thrones“ nicht, nur, weil euch der Hype nervt. Der Hype besteht zu Recht. Das Buch verdient ihn, wird ihm gerecht und übertrifft ihn noch.

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